Glücksklee
lange.»
«Also, dann quassel nicht so viel, sondern berichte mir, wie es euch geht. Ist es spannend? Wie war es in Kuala Lumpur? Wo wollt ihr als Nächstes hin? Und wie geht’s Tony?»
Ninas Fragen kamen wie aus der Pistole geschossen, und ihr wurde klar, wie sehr sie ihre Mutter vermisste und wie sehnsüchtig sie sich wünschte, Cathy könnte ihr hier zur Seite stehen. Am liebsten hätte sie alles mit ihr durchgesprochen, vor allem die Schwangerschaft und was sie deswegen unternehmen sollte. Aber es kam überhaupt nicht in Frage, dass sie ihrer Mutter diese einmalige Reise verdarb.
«Tony geht’s prima, alles ist toll, aber wie sieht es bei dir aus? Hat Steve sich gemeldet? Oder habt ihr beiden euch schon einen Versöhnungskuss gegeben?»
Nina lächelte traurig. Es bestand nicht die allerkleinste Hoffnung, dass das geschehen könnte.
«Nein, Mum, es ist wirklich aus und vorbei. Aber mir geht’s gut damit, also mach dir bitte keine Sorgen.»
«Ernsthaft? Sag mir die Wahrheit, Spätzchen, und denke bloß nicht, du müsstest mich schonen, bloß weil ich im Ausland bin. Du weißt doch, dass ich sofort zurückkomme, wenn du mich brauchst, und –»
«Jetzt hör aber auf, Mum», unterbrach Nina sie mit einem gezwungenen Lachen, dass hoffentlich echt klang. «Ich bin schon groß, und es geht mir gut.»
«Aber wie klappt es denn mit deiner Arbeit? Es ist bestimmt schwer, wenn man sich jeden Tag in der Firma sieht.»
Nina hatte nicht den Mut, ihrer Mutter zu beichten, dass sie sowohl ihren Job gekündigt als auch Galway verlassen hatte. Auch ihre derzeitige Wohnsituation wollte sie ihr besser nicht enthüllen. Sobald ihre Mutter erfuhr, dass sie bei Patrick untergeschlüpft war, würde sie mit ziemlicher Sicherheit in den nächsten Flieger steigen und nach Irland zurückkehren.
«Nein, das geht schon. Ich habe schon was anderes organisiert», sagte sie ausweichend. Jetzt frag mich aber bitte nicht nach Einzelheiten, flehte sie im Stillen.
«Wirklich? Das ist ja großartig – oder wenigstens klingt es so. Allerdings heißt es vermutlich auch, dass zwischen euch beiden wirklich nichts mehr läuft.»
«Stimmt, aber hör mal, Mum, jetzt verschwende dein Geld nicht auf mich – erzähl mir lieber, was ihr alles erlebt habt.»
«Also …» Und erleichtert hörte Nina zu, wie ihre Mutter von Dschungel-Trekkings und asiatischen Landschaften berichtete. Allem Anschein nach hatte Cathy ihre Erklärung geschluckt, jedenfalls versuchte sie nicht, weitere Details aus ihr herauszuquetschen.
Ach, ihre Mutter würde es sicher rechtzeitig erfahren, sinnierte Nina, während sie sich verabschiedeten – alle würden rechtzeitig davon erfahren. Im Moment jedoch war ihre Schwangerschaft noch ihr kleines Geheimnis, und außer den Ärzten wusste niemand etwas davon.
Beim Gedanken an ihren Exfreund verkrampfte sich ihr Magen. Obwohl sie total verknallt gewesen war, hatte sie ihn eigentlich gar nicht richtig gekannt, oder? Sie war sicher gewesen, dass sie eines Tages heiraten, eine tolle Familie gründen und bis an ihr Lebensende glücklich miteinander leben würden. Und obwohl sie ungewollt schwanger geworden war, hatte Nina sich anfangs nicht groß darüber aufgeregt. Sie glaubte, ihr Zustand würde einfach den natürlichen Gang der Dinge beschleunigen. Dass ihre Beziehung auf einer ungeheuerlichen Lüge beruhte, hatte sie einfach nicht ahnen können. Oder doch? Nein, sie brauchte sich nicht vorzuwerfen, dass sie Steve vertraut hatte, dachte sie kopfschüttelnd. Es war nicht ihr Fehler gewesen, sondern seiner.
Nina verbannte Steve wieder aus ihrem Kopf, denn sie wollte weder über ihn noch über seine Lügengebäude nachdenken.
Sie legte sich aufs Bett und tätschelte gedankenverloren ihren Bauch. Von der Glückseligkeit, die die meisten werdenden Mütter empfinden, war sie unendlich weit entfernt, überlegte sie traurig. Doch auch wenn die Zeugung ihres Babys vielleicht ein Fehler gewesen war, so wuchs in ihr jetzt doch dieses ganz neue Leben heran, und sie dachte nicht im Traum daran, es abzutreiben. Selbst in den ersten Tagen nach der Trennung hatte sie diese Möglichkeit nicht in Erwägung gezogen, keine Sekunde lang. Nein, es gab Alternativen. Nina musste nur eine finden, mit der alle leben konnten. Deshalb war sie jetzt hier in Lakeview, sie wollte ihre Gedanken sortieren und ihr Leben neu ordnen.
Widerstrebend drückte sie sich vom Bett hoch. O Mann, diese Müdigkeit! Sie hätte problemlos noch stundenlang
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