Glücksklee
sicher, wie plausibel diese erfundene Geschichte war, aber sie musste genügen. Zum Glück wurde ihre Freundin in diesem Moment von zwei Frauen abgelenkt, die gerade das Café betraten. Eine hatte ein Baby auf dem Arm, die andere zog zwei kleine Jungen hinter sich her. Als Trish die beiden bemerkte, wandte sie sich demonstrativ wieder der Zeitung zu.
«Sind das Freundinnen von dir?», fragte Nina, der Trishs plötzlicher Stimmungsumschwung auffiel. Die Frauen suchten sich einen Tisch hinten im Raum, wo genug Platz für sie und ihre ganze Ausrüstung war. Beide hatten jeweils einen Beutel mit Windeln, eine übergroße Handtasche und dazu noch einen ganzen Sack mit Spielzeug dabei. Eine trug außerdem noch eine Art Sitz, den sie jetzt an einem Hochstuhl zu befestigen versuchte. Nina fand, dass die beiden jungen Mütter für ein schlichtes Kaffeetrinken eine Menge Zeug mitschleppten. Hmm, dachte sie. Und außerdem war der ganze Krempel wahrscheinlich auch noch teuer. Sie hatte eine Menge zu lernen.
«Nein, nein, das sind nur ein paar von den Neuen aus Dublin, schreckliche Glucken, so total perfekte Übermütter, du weißt schon.»
Nina lächelte über die Beschreibung und fragte sich, ob Trish sie wohl in Zukunft auch als «schreckliche Glucke» bezeichnen würde.
Ella war inzwischen nach hinten gegangen, um ihre neuen Gäste zu begrüßen. «Emer, Deirdre! Wie geht’s euch beiden denn? Und was machen eure kleinen Süßen?»
Während das Kindergeschrei immer lauter wurde, wandte Trish sich an Nina. Sie verdrehte die Augen. «Ich mache mich mal lieber wieder an die Arbeit. Wir sehen uns dann morgen, ja?»
Nina betrachtete Trishs Abschied als deutliches Zeichen dafür, dass ihre Freundin nicht besonders kinderlieb war. Sie wollte sich ja nicht mal im gleichen Raum mit den Kleinen aufhalten. Als sie sich zum Gehen wandte und ihre hohen Absätze über den Parkettboden klapperten, blickte eine der beiden Frauen auf und bemerkte sie.
«Hey, Trish. Wie geht’s dir denn?», fragte sie. Dafür, dass sie gerade als «nur eine von den Neuen» bezeichnet worden war, wirkte ihr Tonfall sehr herzlich.
«Hi, Emer. Danke, gut. Schön, dich zu sehen.» Trishs Antwort klang ausdruckslos, nicht zu vergleichen mit ihrem üblichen munteren Plauderton.
«Hast du Zeit für einen Kaffee? Ich weiß gar nicht, ob du Deirdre kennst, und –»
«Kann leider nicht, hab einen Termin.» Trish tippte auf ihre Armbanduhr. «Aber vielleicht hat Nina Lust?» Sie deutete auf Nina, die den Frauen zulächelte, obwohl sie am liebsten im Erdboden versunken wäre. Warum brachte Trish sie in diese peinliche Situation?
«Na gut, dann vielleicht nächstes Mal», sagte die Frau zu Trish und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihr Baby.
«Klar. Ich wünsche euch ein schönes Frühstück. Und jetzt muss ich wirklich los. Tschüs!» Wie der Blitz war Trish verschwunden.
Die Frau namens Emer lächelte Nina freundlich zu. «Trinken Sie denn einen Kaffee mit uns?»
«Ich möchte mich nicht aufdrängen …»
«Ach was, setzen Sie sich doch zu uns», beharrte sie, und zögernd willigte Nina ein. Sie wusste nicht, was auf sie zukam, schließlich hatte Trish die Frau so eindeutig abblitzen lassen.
«Du bist also neu in der Stadt?», fragte Emer, nachdem sie sich vorgestellt und gleich beschlossen hatten, sich zu duzen.
«Eigentlich nicht. Mein Vater lebt hier, und ich wohne eine Zeitlang bei ihm.»
«Ach so. Wer ist denn dein Vater? Wir kennen ihn bestimmt – wir sind zwar erst letztes Jahr mit unseren Familien hergezogen, aber die Stadt ist so klein, da kennt man bald alle, stimmt’s, Deirdre?», sagte sie. Die andere Frau verdrehte die Augen.
«Die Freuden des Kleinstadtlebens!», bemerkte sie scherzhaft.
«Patrick Hughes», antwortete Nina. Bildete sie sich das ein, oder wechselten die beiden Frauen verstohlen einen Blick?
«Ah ja, dass ist doch der Mann, der Fernseher repariert, oder?», sagte Emer. «Ich habe von ihm gehört, aber kennengelernt habe ich ihn noch nicht. Ich hoffe auch, dass es dazu niemals kommt.» Als sie Ninas bestürztes Gesicht sah, fügte sie hastig hinzu: «Ich meine, dieser Plasmabildschirm, den Dave neulich angeschafft hat, der hat eine ganz schöne Stange Geld gekostet. Ich hoffe sehr, dass er nicht so bald zur Reparatur muss!»
Alle drei lachten, und Nina entspannte sich wieder. Einen Moment lang hatte sie befürchtet, dass Patrick eine der beiden Frauen verärgert haben könnte oder dass er einen zweifelhaften
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