Glücksklee
konnte. Also hatte sie den Schwangerschaftstest herausgekramt, den Chloe ihr eingepackt hatte, die Anweisungen gelesen und auf das Stäbchen gepinkelt. Und deswegen saß sie jetzt so idiotisch hier herum und wartete darauf, dass ein kleines Plastikstäbchen über ihr Schicksal entschied.
Wieder schaute Ruth auf die Uhr: Zwei Minuten waren vergangen.
Sie stand auf und wanderte in dem kleinen Raum umher. Zu sagen, dass ihre Reise in die Heimat bisher nicht ganz nach Plan verlaufen war, war ein Understatement. Erst dieser schlimme Empfang vor dem Flughafen, dann das grässliche Fernsehinterview, und schließlich hatte sie sich auf ihrer eigenen Party in der Besenkammer versteckt! Und als wäre das noch nicht genug, folgte die demütigende Begegnung mit Charlie vor dem Café. Im Moment wusste Ruth nicht, ob sie nicht einfach packen und direkt nach Los Angeles zurückfliegen sollte.
Doch welche Schrecken das Leben in Lakeview auch für sie bereithalten mochte, wenigstens war sie hier nicht allein. Ihre Eltern waren total lieb, und die Einheimischen, vor allem Trish und Nina, waren die Freundlichkeit in Person … na ja, Nina jedenfalls. Bei Trish war Ruth sich noch nicht sicher.
Auf Trishs Bitten hin hatte Ruth sich mit ihr zu einem Interview für die Zeitung getroffen. Die Fragen waren zwar ganz unverfänglich gewesen, aber wie würde der fertige Artikel aussehen? Wer konnte wissen, ob Trish ihr nicht die Worte im Mund herumgedreht hatte? Ruth hatte darauf geachtet, Troy nicht zu erwähnen, und ihr Bestes getan, um als Tochter der Stadt, die «es geschafft» hatte, rüberzukommen. Deshalb hatte sie ausführlich über ihre Wohnung in Beverly Hills und ihren glamourösen Lebensstil gesprochen.
Heute sollte der Artikel erscheinen, aber Ruth hatte nicht den Mut, nach unten zu gehen und die Zeitung aufzuschlagen – vielleicht wurde sie wieder in der Luft zerrissen. Sie hatte ihr Möglichstes getan, um ihr Leben in Los Angeles wie ein Märchen erscheinen zu lassen, denn ihr war klar, dass Charlie Mellon das Interview in jedem Fall lesen würde.
Als sie an Charlie und ihre Begegnung dachte, wurde ihr ganz flau im Magen. Sie hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass er noch so verbittert sein würde. Zugegeben, ihr Verhalten damals hatte ihm bestimmt ganz schön weh getan, aber sie war sicher gewesen, dass er inzwischen längst darüber hinweg sein musste. Schließlich lag es fünf Jahre zurück. Doch Charlie hatte Zurückweisungen nie gut wegstecken können, und unter den Umständen damals …
Ruth erinnerte sich an ihre gemeinsame Zeit. Sie kannte Charlie schon, seit sie denken konnte, denn ihre Familien wohnten in der gleichen Straße. Charlie war in die gleiche Schule gegangen wie sie, und sie hatten sich immer recht gut verstanden, auch wenn sie sich in ganz unterschiedlichen Kreisen bewegten. Ruth zog mit den beliebten Schülern herum, während Charlie stiller und fleißiger war.
Als er auf die zwanzig zuging, war Charlie für ein paar Jahre nach Dublin an die Universität verschwunden, doch nach seinem Abschluss war er zurückgekommen, mit der Perspektive, die Firma seines Vaters zu übernehmen. Als Ruth ihn eines Tages zufällig getroffen hatte, konnte sie kaum glauben, dass das der Mann war, der sie als Kind geneckt hatte. Der schlaksige, linkische Teenager war als erwachsener Mann heimgekehrt.
Ihre Liebe begann langsam; sie flirteten miteinander, wenn sie sich zufällig begegneten, was seltsamerweise ziemlich oft geschah.
Dann brachte Charlie sie eines Abends mit dem Wagen nach Hause, obwohl man ihr Elternhaus von der Stadtmitte aus leicht zu Fuß erreichen konnte. Ruth hatte gewusst, dass an diesem Abend etwas geschehen würde, und sie konnte es kaum abwarten. Inzwischen sehnte sie sich so danach, dass Charlie sie küsste, dass sie ihn unterwegs bat, in eine Nebenstraße abzubiegen. Ihr Vater erwartete sie normalerweise zu Hause, und sie wollte kein Publikum haben. Charlie bremste am Straßenrand und schaute sie an. Wortlos setzte Ruth ihr mittlerweile klassisch gewordenes «Komm-her-zu-mir»-Gesicht auf. Charlie lehnte sich über die Handbremse und zog sie an sich, seine Lippen waren sanft, warm und zärtlich. Ruth küsste ihn mit glühender Leidenschaft zurück und begann bald, ihm das Hemd aus dem Hosenbund zu ziehen.
Charlie löste sich von ihr. «Nein, nein, nicht so», brummte er leise.
«Was denn? Wovon redest du?» Ruth ließ sich nicht beirren, sie küsste seinen Hals, seine Lippen, seine
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