Glücksklee
schaute auf ihr T-Shirt hinunter, auf dessen linker Brust das Logo von Ellas Café prangte. «Kann man so sagen. Ich dachte, es wären nur ein paar Stunden in der Woche. Aber Alice – die junge Frau, die sonst vormittags hier arbeitet, wisst ihr?», fragte sie, und als Emer nickte, fuhr sie fort: «Alice studiert Psychologie und macht demnächst Examen, deswegen braucht sie Zeit zum Lernen. Also habe ich Ella versprochen, dass ich für Alice einspringe, wenn sie mich braucht. Aber wie geht’s euch denn? Anstrengender Vormittag?»
«Na ja – wir sind bloß durch die Geschäfte gezogen und haben uns Babysachen angeguckt», berichtete Deirdre.
Nina zwirbelte ihren dunklen Pferdeschwanz. «Oh, wer von euch kriegt denn ein Baby?»
«Jess», antwortete Emer, und Jess hob mit einem Ruck den Kopf.
«Herzlichen Glückwunsch!», sagte Nina begeistert und warf sofort einen Blick auf Jess’ Bauch.
«Nein – doch, aber ich bin noch gar nicht schwanger, ich meine, äh …», stotterte Jess. Das verwirrte Nina offensichtlich.
«Sie meint, sie ist zwar noch nicht schwanger, aber sie und ihr Mann haben entschieden, dass es an der Zeit ist», antwortete Deirdre diplomatisch.
Erfreut, weil jemand ihr die Erklärung abgenommen hatte, lächelte Jess. «Hoffentlich bald.»
«Oh, wie … schön.» Nina nickte. «Also, viel Glück dabei.»
Jess wand sich vor Verlegenheit. «Danke schön», sagte sie und setzte sich zu den anderen an den Tisch.
«Und wie läuft es bei dir? Hast du uns noch nicht satt?», wandte Emer sich an Nina und erklärte Jess dann, dass Nina sich nur den Sommer über in Lakeview aufhielt, weil sie ihren Vater besuchte.
«Oh, ich habe allerhand zu tun. Ich arbeite hier im Café, und außerdem helfe ich Trish bei ihrem Buch.»
«Diese Fotochronik über Lakeview? Wann soll es denn erscheinen?»
Jess staunte, dass Deirdre und Emer sich so mühelos an das Kleinstadtleben angepasst hatten. Früher hatten sie alles zu dritt gemacht, und hier plauderten ihre Freundinnen jetzt über Menschen, von denen Jess noch nie gehört hatte.
Nachsichtig verdrehte Nina die Augen. «Bei Trish weiß man ja nie. Im Moment geht es zwar nur langsam vorwärts, aber sie kommt weiter. Ich glaube, sie plant, bald Leute direkt anzusprechen und vor allem ältere Einwohner nach interessanten Geschichten von damals zu fragen.»
«Ich habe sie in letzter Zeit gar nicht gesehen», bemerkte Emer. «Ihren Zeitungsartikel über Ruth Seymours Rückkehr fand ich allerdings richtig gut. Ist Ruth eigentlich mal wieder aufgetaucht? Ich dachte, sie würde eine ganze Weile in der Stadt bleiben, aber seit der Party habe ich nicht mehr viel von ihr gehört. Und die Party habe ich auch verpasst, weil ich keinen Babysitter gefunden habe», fügte sie missmutig hinzu.
«Ruth Seymour – meint ihr die Schauspielerin?», fragte Jess überrascht.
«Ja, habe ich dir nicht erzählt, dass sie aus Lakeview stammt? Na, siehst du, unsere Stadt ist doch kein weißer Fleck auf der Landkarte, was?», sagte Emer triumphierend. Jess wurde blass vor Schreck. Hoffentlich dachte diese nette Kellnerin nicht, sie wollte ihre Heimatstadt schlechtmachen.
«Das habe ich auch nie gesagt», stellte sie rasch richtig.
«Ach, das sollte doch bloß ein Witz sein», grinste Emer und fügte dann hinzu: «Jess ist ein echter Stadtmensch. Ohne ihre Schuhgeschäfte und ihre Cocktailbars gleich um die Ecke könnte sie nicht leben.»
«Ich finde, ich habe auch noch andere Eigenschaften», bemerkte Jess gereizt, und Emer und Deirdre sahen sie erstaunt an.
«Ja, Ruth ist so liebenswürdig und viel bodenständiger, als man annehmen würde», sagte Nina jetzt. Offenbar spürte sie, dass die Stimmung angespannt war. «Sie hat wohl eine Menge Stress, aber sie ist sehr nett. Ich kenne sie noch von früher, und Trish und ich haben uns ein paarmal mit ihr getroffen. Aber ich glaube, sie will sich vor allem entspannen und Zeit für ihre Eltern haben. Nach diesem ganzen Wahnsinn kann man ihr das ja auch nicht verdenken. So, was darf ich euch bringen?» Nina lächelte die Kinder an. «Bestimmt möchtet ihr Jungs erst mal einen Lutscher. Was haltet ihr davon?»
Jess schaute Nina an. Sie wirkte so liebevoll – unglaublich herzlich und aufrichtig.
«Hast du selbst auch Kinder?», fragte Jess sie. Ganz automatisch war sie zum Du übergegangen.
«Ach du liebe Zeit, nein», erwiderte Nina rasch. Jess fand, dass sie ein bisschen verlegen wirkte, aber in diesem Moment winkte ihr jemand an
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