Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
hinterhertrauerte. Schließlich kannte ich ihn schon seit meiner Jugendzeit , und nun war er weg.
Raus aus meinem Leben.
Genau wie die ortsansässige Videothek.
Aber über die hatte ich nicht mal einen klitzekleinen Satz geschrieben…
Aller Anfang ist leicht
Fortan ärgerte ich mich also nicht mehr über Tatort & Co., Frau Pilcher und ihren Sohnemann, Donna Leon oder völlig überflüssige Quizsendungen, die abwechselnd mit den immer gleichen, glattgebügelten Moderatoren stattfanden. Und die allesamt nur eine Angst hatten: sich bloß nicht zu verplappern, bloß nix zu sagen, was auch nur im Entferntesten nicht „ politically correct “ sein könnte.
Dann wäre nämlich ganz schnell Schluss mit der Karriere.
In Deutschland war das mittlerweile so eine Sache mit der Meinungsfreiheit, der Schuss konnte rasch nach hinten losgehen.
Ein falscher Ton , und das Ende war da!
Das betr ifft Politiker, Bosse oder Leute aus dem Showbiz gleichermaßen. Die Medien vergessen nichts... Und entsprechend heruntergefeilt klingen auch die Sätze, die uns von all diesen Menschen tagtäglich ins Ohr gepustet werden.
Mir war das alles entschieden zu knitterfrei.
Also erschuf ich mir meine eigene Welt, und niemand konnte, durfte oder würde sich ernsthaft trauen, mir da hineinzureden. Und so schrieb ich fleißig und flink, gerade wie mir der Schnabel gewachsen war.
Egal, was die Leute dazu sagen würden.
Kein noch so gemeiner Shit-Storm würde mich stoppen können! Ich sah die Schlagzeilen schon vor meinem geistigen Auge:
Thea Sellinger: eine Autorin, die sich von niemandem den Mund verbieten lässt…
Jeden Abend tippte ich also auf die Tasten ein, und Ahmed schnurrte dazu sein Liedchen, das nur eine Silbe und nur eine Melodie kannte. Rrrrrrrrrr….
Ich kam mir vor wie ein weiblicher Hemingway, ausgestattet mit ultramoderner Technik. Meine Güte, was musste das damals für ein Geräuschpegel gewesen sein , das Schriftstellertum der früheren Zeit. Und am Ende jeder Zeile hat auch noch ein putziges Glöckchen geläutet.
Wahrscheinlich der Startschuss für einen kleinen Mojito für zwischen durch…
Tatsächlich überlegte ich, ob es nicht romantischer wäre, auch auf einer alten, mechanischen Schreibmaschine herumzuhacken – aber das würde auf Dauer zu laut werden, für Ahmed. Er war solche altertümlichen Geräusche eben nicht gewohnt.
Obwohl, wäre er Putins tierischer Hausgenosse gewesen, er hätte kein Problem mit dieser Art von Akustik gehabt. Der größte Geheimdienstchef aller Zeiten hatte sich nämlich - sage und schreibe – just im Jahre 2013 wieder drei gute alte Schreibmaschinen bestellt. Das einzig wahre Kommunikationsmittel – vom KGB höchstpersönlich allerwärmstens empfohlen.
Aber, ich bin ganz vom Thema abgekommen. Vergangenheit und Gegenwart können sich oft so nahe sein…
Natürlich hätte ich auch umsteigen können auf Bleistift und Radiergummi, so wie der große John Irving, der da wohl vollkommen schmerzfrei war – zumindest was die Mühsal des Schreibens betraf. Hatte der Meister aus Amerika, der stets ein neues Werk mit dem letzten Satz begann, nicht nach jahrelanger Arbeit an einem seiner Erfolgsromane kurzerhand entschieden, die Perspektive nochmals zu wechseln und das gesamte Werk erneut zu überarbeiten?
Wohlgemerkt, mit Bleistift und auf Papier…
Bei dem Gedanken daran war mir ganz anders geworden. Wie gut, dass es bei meinem Schreibprozess nur leise klackerte und Ahmed mit seinem Schnurren sogar dieses Mini-Geräusch noch übertönte.
Rrrrrrrrrr….. Rrrrrrrrrr…..
Aber ohne dieses Schnurren konnte ich schon bald gar nichts mehr schreiben. Wenn der kleine Racker zwischendurch mal auf sein Klo musste, dann hörte ich automatisch auf zu tippen.
Zwangspause wegen kleinerer oder größerer Geschäfte.
Nicht mal mehr denken konnte ich ohne sein monotones Schnurren, starrte wie noch vor kurzer Zeit halb paralysiert in den Fernsehschirm und verstand nicht, was das alles sollte. Reizüberflutung? Schaltet frau irgendwie ab, wenn zu viel Auswahl vorhanden ist? Ich kannte das ja bereits von Schuhgeschäften – irgendwann wusste man nicht einmal mehr, weshalb man eigentlich in diesen Laden hineingegangen ist…
Egal, ich hatte jetzt einen neuen Zeitvertreib. Und meine alten, abgewetzten Hausschuhe reichten dazu vollkommen aus.
Schnell merkte ich jedoch, dass ich mit den von mir erschaffenen Figuren ganz schön meinen „Schaff“ hatte.
Je weiter ich
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