Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
in der Geschichte kam, desto öfter merkte ich, dass mir langsam der Überblick über meine Erfindungen verloren ging. Also musste eine Liste her. Am besten gleich ganz profess ionell im Computer. In Excel!
Bald hatte ich eine ganze Menge Leute darauf verewigt. Mit Haarfarbe, Alter, Beruf, Größe, Figur, Vorlieben, Eckpunkten in deren Leben, Ideen für zukünftige Ereignisse. Plötzlich bekam das ganze Unternehmen eine Art Eigendynamik, mit der ich nicht gerechnet h atte. Abschalten war in dem Fall wirklich zu einem schwierigen Unterfangen geworden. Es ratterte unaufhörlich hinter meinem Ponyschopf.
Am liebsten wäre ich rund um die Uhr tippenderweise am Laptop zugange gewesen, aber mein Rücken machte mir wieder einmal einen gehörigen Strich durch die Rechnung.
Also ging ich zum vielbeschworenen körperlichen Ausgleich ins städtische Hallenbad, einem Bau aus den siebziger Jahren mit absolut akzeptablen Eintrittspreisen. Mit den modernen Thermen unserer Zeit war dieser in die Jahre gekommene Schwimmtempel zwar nicht zu vergleichen, aber ein bisschen Aquajogging für lädierte Bandscheiben war hier prima möglich.
Meist war ich alleine mit den eingefleischten Stammschwimmern, die sich dort jeden Tag zur gleichen Zeit trafen. Hier und da waren noch ein, zwei Chlorbrillenträger, die mehr oder weniger rücksichtslos ihre Bahnen zogen, manchmal ein paar Mütter mit kleinen Kindern im Planschbecken. Eine ziemlich entspannte Atmosphäre also.
Und wenn ich so locker im Wasser herumspazierte oder aqu ajoggte, dachte ich mir schon wieder Neues für meine Story aus. Oder ich stellte mir intensiv die Menschen vor, sah sie vor meinem geistigen Auge, hörte, wie sie sprachen – machte sie zu „Typen“, die ich mir einprägen konnte.
Ich habe also – mehr oder weniger – einfach „herumgesponnen“. Und abends, nachdem pünktlich um 20.15 Uhr das Wetter verkündet war, saß ich dann wieder vor meinem Laptop und versuchte, die Geschichte, die noch keine war, rund zu machen.
Parallel dazu suchte ich im Internet nach Schreibtipps, die brauchbarer waren als die der pädagogischen Fernuniversitäts-Fachkraft, informierte mich über Verlage und wie man als Nachwuchs-Bestsellerautorin am geschicktesten an diese herantreten konnte.
Allerdings las ich auch viele Erfahrungsberichte von Me nschen, die vor bestimmten Verlagen und insbesondere vor sogenannten Druckkostenzuschussverlagen warnten. Hier gab es wohl schon des Öfteren unschöne Situationen. Anscheinend wurde dort fast jedem, der ein Manuskript einreichte, versichert, dass er oder sie DER zukünftiger Stern am Literaturhimmel sein würde – und zum Schluss war es fast immer so, dass die Leute statt satter Gewinne auf dem Konto viele Bücher in ihren Kellern und Garagen sitzen hatten und im Gegenzug dazu eine Menge Geld los waren.
Auch ich hatte, gutgläubig wie ich nun einmal war, gleich die entsprechenden Unterlagen per Post angefordert und mir – ganz unverbindlich – schon einmal einen Kostenvoranschlag machen lassen.
Na, das war gerade nochmal gut gegangen …
Sonst wäre ich vielleicht doch noch zu r Hartz-IV-Empfängerin geworden, die Kohle wäre sicher schnell weg gewesen.
Immer schneller nahm die Geschichte, die mal so harmlos mit einem Kennenlernen zwischen Lena und Arne, so hießen die Hauptfiguren, ihren Lauf. Ich fühlte mich schon fast seelenverwandt mit Frau Rowling und überlegte, ob ich vielleicht auch einmal mit meinem tragbaren Computer das nächste Café ansteuern sollte. Vielleicht wäre es ein Wink des Schicksals? Vielleicht würde mir ein ganz großer Coup gelingen?
Ich, Thea Sellinger.
Die „deutsche Schwester im Geiste“ von Harrys Erfinderin!
Und insgeheim träumt e ich schon davon wie Meryl Streep in einem ihrer Filme als rosa gekleidete Blondine mit manikürten Fingernägeln und zwei Schoßhündchen auf dem Sofa (neben einem frisch ondulierten Ahmed natürlich!) in einer zartgelben Villa auf einem Hügel zu residieren.
Ich würde jeden Tag von professionellen Händen massiert werden, hätte einen Koch aus Thailand, einen weiteren aus Ital ien, man will ja auch ein bisschen Abwechslung im Speiseplan, eine Hausdame mit schwarzem Kleid und weißer Spitzenschürze und einem Gärtner, der aussah, als wäre er gerade dem Titelbild der GQ entsprungen.
In meinem Garten würden englische Rosen blühen, bei schönem Wetter säße ich in einem weißen Pavillon und würde gedankenversunken über meiner noch weißeren
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