Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
Seite am Tag! Ich bitte Sie, das ist doch ein Klacks. Ich habe in weniger als einem Jahr ein 680-Seiten-Werk verfasst. Und das als blutige Anfängerin. Wie viel leichter würde mir das alles fallen, wenn ich erst einmal die schützende und vermarktende und sich kümmernde Verlagshand über mir spüren würde.
Covergestaltung, Korrekturen, Lektorieren, Klappentexte schreiben, Satz und Rechtliches. Damit hatte ich in Zukunft nichts mehr zu tun. Das war nun Sache des Verlages. Ich war schließlich in die höheren Riegen aufgestiegen und musste meine One-Woman-Show nicht mehr alleine wuppen.
Also setzte ich eines schönen Tages, ich war allerdings mit der Bahn angereist, nicht mit dem alten Herkules-Fahrrad, meine „Theodora Katherine Sellinger“ unter den Vertrag – und dann wurde zünftig angestoßen. Traditionell mit Frankfurter Nationalgetränk, dem Stöffche, das übliche Verlagsgesöff anscheinend. Es musste beim renommierten Süßfische-Verlag natürlich sowas Versnobtes mit ein paar Perlchen drin sein, so eine Art Stöffchen-Schampus. Normal war anscheinend out. Naja, im Verlagswesen soll ja vieles nicht ganz der Reihe nach sein, das hatte ich schon des Öfteren gelesen.
Jedenfalls hielt ich auf dem Rückweg bei Feinkost Albrecht und holte mir meinen Haussekt plus Ahmeds Lieblingsknuspersticks. Heute Abend wollten wir beide es uns gemütlich machen. Ich und mein Co-Autor…
Mutter Sellinger bekam allerdings auch was ab. Als Haupt-Testleserin und schärfste Kritikerin aller Zeiten.
Nachdem der Cheflektor, Hannes Fehr, ein eher unsympathischer Zeitgenosse mit undeutlicher Aussprache, noch einiges an Unstimmigkeiten in der Dramaturgie entdeckt und nach Absprache mit mir und der Korrektorin abgeändert hatte, konnte die neue Auflage in Druck gehen.
Jetzt ging meine Karriere erst richtig los!
Bald schon konnte ich die ersten Exemplare in den Buchhan dlungen entdecken. Auch im Buch-Journal und ähnlichen Fachzeitschriften oder Werbeblättern für den Buchhandel wurde darüber berichtet. Ein Foto von mir hatte man auch für PR-Zwecke machen lassen und, wie ich feststellen musste, zwar vorteilhaft, aber doch bis zur Unkenntlichkeit retuschiert und bearbeitet.
Das sollte ich sein? Ohne Zornesfalte und mit prall gefüllten Lippen und makellosen Zähnen, die aussahen, als hätte ich sie bei Detlef und Claude mal kurz ausgeliehen?
Wie gut, dass die Holz-vor-der-Hütten-Abteilung ausgespart wurde. Meine Mutter und Frau Neumeier hätten mich sonst gar nicht erkannt, wenn plötzlich aus Doppel-D ein zartes B-Körbchen geworden wäre…
Aber ich wollte nicht meckern. Die Profis vom Süßfische-Verlag wussten eben Bescheid – und ich war schließlich noch ein Greenhorn in der Branche, frei nach Karl-May.
Und dieses Mal, wenn ich mich recht erinnere, konnte ich es mir tatsächlich verkneifen, gleich wieder an meinen Ex-Karsten oder Karsten-Ex, egal, zu denken.
Ich hatte ihn anscheinend erfolgreich ausge-ext…
Fremde Federn
Es war nichts mehr so wie vorher. Nicht auf meinem Konto, nicht in meiner Seele – und nicht mal für Ahmed war es bei seinem normalen Trott geblieben. In letzter Zeit blieb er immer häufiger weg – und das für länger und länger. Wo verbrachte er nur die ganzen Stunden? Hatte er vielleicht eine Freundin? Am Ende eine ganz „normale“ Straßenkatze, dabei wollte ich ihn doch mit Choupette verkuppeln, die demnächst mal als Ferienkätzchen bei uns Einzug halten sollte.
Immer öfter stand ich deshalb zu nächtlicher Stunde im Schlafgewand vor unserem Haus und rief „Ahmeeeeed, Ahmeeeeed!“. Dabei schüttelte ich eine Packung Trockenfutter, damit die verlockenden Raschelgeräusche ertönten. Manchmal hatte ich Glück, manchmal aber auch nicht. Und immer öfter blieb mein haariger Hausgenosse nun die ganze Nacht weg.
Hatte ich was falsch gemacht? Schmeckte es ihm woanders besser? Wollte er etwa umziehen?
Mein ganzes Denken kreiste nur noch um diesen Fellknäuel auf vier Samtpfötchen. Vor allen Dingen konnte ich schlecht schreiben, wenn er nicht neben mir schnurrte.
Es war bei Sellingers eben auch nicht anders als bei Hemingways…
Doch wie vom Himmel bestellt, tauchte eines Tages die Tierheimleiterin, deren Namen ich mir nie merken konnte, zu einem ihrer spontanen Stichprobenbesuche auf.
Sogleich klagte ich ihr meinen Katzenjammer. Leid.
Woraufhin sie die komplette Wohnung auf sogenannte Schwachstellen untersuchte, die Katzen anscheinend zur Flucht bewegen
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