Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
Schmierpapier für Einkaufszettel. Der Gutmensch Thea Sellinger! Ein Vorbild für uns alle…
Ich brauchte dringend einen Baldriantee – besser noch einen Vogelsberger Kümmel… Das war too much für mich, Thea Sellinger. Gestatten, Thea Best-Sellinger…
„Du musst dir was anderes anziehen!“, rief es von oben. Alarmstufe bei Mutter Sellinger? Ich fragte mich, ob vielleicht Frau Neumeier von nebenan sich angekündigt hatte. Musste mal wieder eine Hecke weg oder vielleicht diesmal ein ganzer Baum?
„Wieso? Kommt die Zahnarztgattin rüber?“, fragte ich.
„Nein, aber es KÖNNTE jemand kommen.“
„Wie kommst du denn darauf? Wer sollte denn hier unang emeldet auftauchen?“, bohrte ich weiter.
„Ich meine ja nur, es könnte doch jemand vorbeikommen und mit dir reden wollen. Du bist doch jetzt bekannt durchs I nternet. Oder etwa nicht?“
„Mutter, da kommt niemand her. Nicht physisch. Wenn übe rhaupt irgendjemand irgendetwas von mir wissen will, dann mailen die mich an. Meine Emailadresse steht im Ebook und auch in meinem Profil bei Youngestbuxx.com.“
„Wenn man kein Englisch kann, versteht man bald sein eig enes Kind nicht mehr – und das trotz Hörgerät!“, schimpfte sie weiter.
„Na, also.“
„Nix mit na also. Zieh‘ dir was Anständiges an und vor allen Dingen einen BH. Nicht auszudenken, wenn jetzt jemand klingeln würde und du einfach so aufmachst…“
„Mutti!“, tat ich entrüstet.
War es wirklich so schlimm mit meiner Oberweite? Die anderen ließen sich dick und rund operieren und ich durfte nicht mal die Tür aufmachen, wenn das Zelt mit Gestänge nicht ordnungsgemäß aufgebaut war. Grrrr.
„Ich meine es ja nur gut mit dir. Wenn solche Journalisten kämen oder Leute von einem richtigen Verlag, die dein Buch groß rausbringen wollen, dann musst du doch ordentlich auss ehen. Und wasch‘ dir mal wieder die Haare. Dein Ahmed sieht gepflegter aus als sein Frauchen.“
„Der frisst ja auch Lebertran.“
„Solltest du auch…“
„Mutti, jetzt reicht’s aber.“
„Ich meine es ja nur gut! Nicht, dass du noch die Innung blamierst.“
Ja, ganz toll, dachte ich – jetzt blamiere ich auch schon die „Innung“ der Sellinger-Dynastie, wenn ich kein Gestänge anl ege…
Doch dann wurde das zweifellos wenig fruchtbare Gespräch jäh unterbrochen. Frau Neumeier von nebenan. Tatsächlich!
„Ihre Katze ist schon wieder über unser Grundstück gelaufen, ob sie uriniert hat, konnte ich leider nicht sehen.“ Die Stimme überschlug sich fast, während sie an unsere Haustür polterte.
Ganz cool und ohne BH öffnete ich ihr und sagte: „Frau Neumeier, schönen guten Tag, warum so aufgeregt?“
„Diese Katze läuft immer über unser Grundstück und nicht nur einmal habe ich gesehen, dass sie auch uriniert hat. Zwischen dem Salat.“
„Und der wächst ja jetzt gut, wo unsere Hecke weg ist, oder?“
„Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, warf sie nicht weniger aufgebracht ein.
„Genau. Und ich habe nichts damit zu tun, dass meine Katze – es ist übrigens ein Kater, nur der Vollständigkeit halber – über Ihr Grundstück läuft.“
„Das sehe ich aber ganz anders.“
„Das merke ich. Ändert aber nichts an den Tatsachen.“
Dann bemerkte ich ihren entsetzten Blick in Richtung Holz-vor-der-Hütten…
Sie wollte wahrscheinlich was sagen, doch daraus wurde dann nichts. So effizient kann es sein, wenn man keine Zirkuszelte aufbaut.
„Uff, hmm, nng..“ Mehr kam nicht aus dem Mund der Zahnarztfrau.
Von oben rief wieder Mutter Sellinger: „Is‘ was, Thea? Is‘ doch jemand gekommen?“
Doch ich entgegnete nur nonchalant: „Ja, es ist jemand g ekommen, aber nur die liebe Frau Neumeier von nebenan. Sie hat gesagt, Ahmed wäre echt süß und sie freut sich immer so, wenn er mal zu Besuch kommt.“
„Besuch habe ich auch gerne. Aber nicht von nebenan…“, meine Mutter machte wieder mal auf extra schwerhörig.
„Ein ungehobeltes Benehmen!“, prustete die Neumeier.
Und Mutter Sellinger machte wieder „Krafane“, das sind he ssische Possen: „Wie? Kommt unverhofft Besuch aus Bremen?“
Ich tat so, als würde ich mich mit der Zahnarztfrau verbünden und zwinkerte ihr zu, lächelnd.
„Sie wissen ja, meine Mutter ist ein bisschen schwerhörig…“
Da schnaubte sie noch einmal ganz von unten nach oben rauf, wo allerdings kein Holz-.vor-der-Hütten zu verzeichnen war und schob noch kurzerhand nach: „Vor allen Dingen sind sie schwer von
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