Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
Bestattungswesen. Ein schattiges Plätzchen unterm Baum für die Urne, ein kleines Schildchen an der Rinde - und fertig war die letzte Laube.
Die Letzte Laube… Das klang wirklich gut und gar nicht nach Friedhof. Sollte ich mir das vielleicht als geschützten Begriff für Friedwälder sichern?
„ Na, Frau Sellinger, Ihnen geht wohl mal wieder mal der Gaul durch…“ Die Worte der Fernstudien-Betreuerin, Frau Herrisch-Kleinmeier, hatten sich unwiderruflich eingeprägt.
Wenn die wüsste, dass ich jetzt Starautorin vom Süßfische-Verlag war und demnächst mein zweiter Roman erschien.
Auf einmal klapperten mir die Zähne. Es war eiskalt – und ich ohne Strümpfe und Schuhe im noch kälteren Wohnzimmer.
Kein Wunder, niemand war morgens um halb sechs schon auf Betriebstemperatur.
Also schaltete ich die Kiste wieder aus, machte einen kurzen Toilettenabstecher (kein Kürbiskernmangel!) und steuerte vorfreudig schon mein Bettchen an.
Und was musste ich sehen? AHMED – im Schnurrgang höchster Stufe auf meinem Kopfkissen!
Dieser Kater schnurrte sich aber wirklich durch alle Betten…
Nur, dass es bei mir keine knusprigen Hähnchenschenkel gab, sondern eher wabbelige Damenwaden.
„So, Mister Schnurrdiburr, du hüpfst ja in einer Nacht durch mehrere Betten, das hat dein Frauchen noch nie gemacht! Aber jetzt machst du mal Platz, ich hatte schließlich reserviert…“
Aber er rührte sich keinen Millimeter von der Stelle. Was blieb mir anderes übrig, als mein Reservekissen aus dem Schrank zu holen und mich neben seine Majestät, König Ahmed, zu legen. Er tat, als würde er es nicht bemerken und schlief einfach weiter. Wahrscheinlich träumte er schon wieder von Betthähnchen…
*
„Sie müssen den Abgabetermin einhalten!“, ermahnte mich die Abteilungsleiterin vom Süßfische-Verlag, Hilde Meister-Sänger, mit ziemlich scharfem Ton und sicherlich spitzen Lippen. Bislang kannte ich sie nur vom Telefon, aber ich stellte sie mir schrecklich schrullig vor. Und mit dünnen Lippen.
Wahrscheinlich eine ganz vertrocknete Alte…
Aber ich musste wohl oder übel die Form wahren: „Jaaa, ich versuche doch, den Abgabetermin einzuhalten. Aber ich muss noch einiges umschreiben, und Herr Lektor, also ich meine natürlich den Herrn Fehr, der hat auch noch Wünsche gehabt. Die Figuren müssen noch intensiv überarbeitet werden. Das dauert halt…“
„Das interessiert mich nicht. Ich bin für die Terminkoordin ation zuständig – Ihre Figuren tun da nichts zur Sache. Denken Sie bitte auch daran, dass da ein ganzer Rattenschwanz dran hängt, wenn Sie nicht rechtzeitig liefern. Die Grafiker, die Drucker, die ganze Werbekampagne, die schon angeleiert ist – nicht zuletzt die Lesereise, die schon organisiert ist. Sie müssen sich jetzt ranhalten, Frau Sellinger, Sie sind vertraglich dazu verpflichtet! Und die Zeiten, in denen Sie als Self-Publisher “, sie lachte dabei abfällig, „noch in den Federn liegen konnten bis Ultimo, sind auch ein für alle Mal vorbei!“
„Aber bei den vielen Änderungen, die Herrn Fehr…“, fing ich nochmal an, um das Problem auch wirklich verständlich darzul egen, doch da hatte mich Frau Meister-Sänger (was für eine unglückliche Kombination) schon wieder unterbrochen: „Ich wiederhole mich ungern, Frau Sellinger, aber das ist für den Termin, für den ICH verantwortlich bin, von untergeordnetem Interesse. Sprich, es ist mir vollkommen egal. Besprechen Sie das mit Ihrem Lektor und sehen Sie zu, dass Sie pünktlich liefern. Sonst könnte das eine Menge Ärger bedeuten. Sie stehen unter Vertrag!“
Meine Güte, ich dachte immer, Verlage müssten ihre Autoren ein bisschen hätscheln und tätscheln, pflegen und verwöhnen, damit sie schön bei Laune und in der gewünschten Spur bleiben. Der Ton jedoch war mir schon mehr als unangenehm.
Drohte diese dünnlippige Tante mir etwa?
Nach und nach wurde mir jedoch mulmig zumute – ich zwang mich dazu, einen Gang zuzulegen. Schließlich wollte ich keine „Menge Ärger“, nicht schon bei meinem ersten verlagsbetreuten Buchprojekt.
Später, wenn ich erst einmal zig Millionen eingespielt hatte, dann würde ich denen schon zeigen, mit WEM sie es hier zu tun hatten. Aber jetzt?
Ich ging nochmals in mich und beschloss: Bälle flach halten!
Also haute ich in die Tasten, Tag und Nacht – nur mit klitzekle inen Unterbrechungen, sprich, wenn Ahmed neuen Stoff aus der Nachbarschaft mit nach Hause brachte.
Meist kamen
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