Glückspfoten, Ahmed und die ganz große Kohle (German Edition)
jedoch immer dieselben Bilder, nur dass der Schlafanzug von Herrn Altenberg alle paar Nächte wechselte und das Essen zwischen Hähnchen, Chickennuggets, Knusperente und Putenschnitzel dick paniert variierte.
Das ganze Federvieh halt passend zu den Kissen…
Für Eifersüchteleien hatte ich keinerlei Zeit. Ich war schon froh, wenn Ahmed nur die halbe Nacht bei Herrn Altenberg verbrachte. Denn am besten konnte ich immer noch schreiben, wenn mein kleiner langhaariger Assistent neben der Maus saß, schnurrte und abwechselnd auf meine zehn Finger, die in Formel-Eins-Geschwindigkeit über die Tastatur rasten, und die Maus, die sich nur selten, aber dann schnell und hecktisch bewegte, starrte.
Das brachte mich in kreative Hochphasen – umso mehr fehlte mir mein Wohngenosse, wenn er aushäusig nächtigte.
Eigentlich war das schon eine Art Existenzbedrohung, dass er „fremdschlief“. Er hatte doch im Prinzip einen Job, und zwar einen wichtigen!
Männer…
Man hat aber auch nur Ärger, wenn man mit einem Kerl unter einem Dach wohnt.
Und sei es nur so ein klitzekleines Katzen-Kerlchen…
Die nackte Wahrheit
Neues Terrain hatte ich zu betreten. Die Besteseller-Autorin ging auf Lesereise! Einmal längs durch die Republik mit kleinen Abstechern Richtung Osten oder Westen, das war der Plan für die Lesungen. Doch die Hotels, die der Süßfische-Verlag für mich reserviert hatte, waren allesamt unter aller Kanone. Kein einziges 4- oder 5-Sterne-Haus war dabei gewesen. Wahrscheinlich konnte ich schon froh sein, dass man mich nicht in Pensionen oder gar Privatunterkünfte gebucht hatte.
Zwischendurch durfte ich – in der Mitte Deutschlands – für eine Woche pausieren. Wie gnädig!
Dass die Verlage aber auch solche Blutsauger waren, das war mir doch nicht so wirklich klar gewesen. Hatte mich unser Anwalt Scherer nicht sanft vor dem Druck gewarnt, der auf mich zukommen würde?
Aber egal. Ich konnte doch froh und stolz sein, überhaupt eine solche Chance bekommen zu haben. Was moserte ich da über Hotelzimmer mit schäbigen Monet-Drucken, die zirka seit 30 Jahren am kontinuierlichen Verblassen waren...?
Begonnen hatte meine Reise gleich hinter Gießen, in der Universitätsstadt Marburg, die ich aber aus Sentimentalitätsgründen schnell hinter mir lassen wollte.
Zu viele Erinnerungen an die Anfangszeit mit meinem Ex-Karsten, das Leben im Schwesternwohnheim, die nächtlichen Gesänge der angetütelten Freifrau von und zu Amselfelder – das alles wollte ich nicht mehr wirklich an mich heranlassen.
Also ging es bald weiter in den Norden, Richtung Kassel. Diese Gegend war zwar offiziell noch Hessen, aber ich konnte bei den Kasselanern kaum noch eine Färbung von hessischem Dialekt vernehmen. Die hatten ihre ganz eigene Sprache entwickelt, hoch oben im hessischen Norden. Eine Art Hoch-Hessisch wohl…
Das irritierte mich, denn ich versuchte schon fast, auch bei mir jegliches Gebabbel, so wie mir der Schnabel gewachsen war, zu vermeiden. Bis ich mir dabei genauso doof vorkam.
Wer leugnet schon freiwillig die Heimat in der Fremde?
Nur Bekloppte oder Verfolgte…
Dazu wollte ich nicht gehören.
Bald war ich in Oxford-Deutschland angekommen. Hannover! Hier sagten die Menschen statt „Ich“ oder „Wir“ immer „ Man “. Das fiel mir gleich auf. „ Man fragt sich, wie man auf die Idee kommen kann, solch ein Buch zu schreiben…“ – „ Man konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen…“ – „ Man würde ja gerne einmal wissen, wie die Geschichte um „Sahneschnitte mit Schinkenspeck“ so weitergeht…“
Man, man, man…
Ich musste aufpassen, dass ich das nicht nachahmte. Dazu hatte ich nämlich Talent! Schnelle Anpassung, wahrscheinlich eine Art Überlebensstrategie aus der Steinzeit, um sicherheitshalber dazuzugehören…
Doch egal, wie weit ich nach Norden vordrang, die Fragen der Leserschaft ähnelten sich allabendlich. Die Leute hatten die gleichen Interessen, wollten alles über meine Schreibrituale wissen, Fotos von Ahmed sehen (Könnte MAN die denn einmal herumgehen lassen?), wissen, wann mir die Ideen kamen und wie das alles gekommen ist, dass ich zuerst zu den Selbstverlegern zählte und dann doch noch bei so einem renommierten Verlag wie dem Süßfische untergekommen bin.
Schlussendlich kam immer die Kardinalfrage: „Sind Sie denn mit dieser Sahneschnitte heute wieder zusammen?“
Das führte dazu, dass ich die Fragen schon nachts im Traum immer wieder hörte und ebenso
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