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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Schreibtisch stand
ein eingeschalteter PC, daneben türmten sich die Ordner. Auch die Stühle musste
man erst von Bücherstapeln befreien.
    »Ich hole
uns mal was zu trinken«, meinte Heiner und trollte sich.
    Die Wartezeit
überbrückte ich mit Heimkino. Über den Computermonitor liefen zufällig ausgewählte
Fotos als Bildschirmschoner. Katinka beim Zielsprint, Fiona als Baby, Freunde, Verwandte,
Urlaubsfotos. Auch ein Bild, das Katinka mit längeren Haaren zeigte, war dabei.
Stand ihr gut, fand ich.
    »Ist Whisky
recht?«, fragte Heiner, die Tür hinter sich zuziehend.
    »Superrecht.«
    Er hatte
eine Flasche Bunnahabhain mitgebracht, den ich noch nicht kannte. Trüb golden bis
bräunlich, leicht torfig im Geschmack. Passte so gar nicht zu einem Grundschullehrer.
Wir hängten unsere Nasen über die Flüssigkeit und sinnierten vor uns hin.
    »Wessen
Idee war das mit dem Interview?«, sagte ich schließlich.
    »Ihre. Ich
bin froh, dass sie es getan hat, aber es war ihre Entscheidung. Als ich ihr von
der Entführung erzählte, war sie so niedergeschlagen, dass sie etwas tun musste.
Sie hätte es anders nicht ertragen.«
    »Und wie
fühlst du dich mit ihrem Entschluss?«
    »Für den
Augenblick besser. Mir sitzt der Schreck schließlich auch noch in den Gliedern.
Andererseits weiß ich, wie sehr sie nach London will.« Er lächelte. »Da ist das
letzte Wort noch nicht gesprochen.«
    »Du meinst,
sie könnte einen Rückzieher machen?«
    »Wie Dr.
Eichelscheid schon sagte: Sie hat sich eine Hintertür offengelassen. Wunderheilungen
sind immer möglich. Mit etwas Glück werden die Entführer gefasst, dann sieht die
Welt ganz anders aus.«
    »Mit Glück,
ja. Oder mit Koller.«
    »Übrigens:
Wenn du mich fragst, dann bin ich dafür, die Sache öffentlich zu machen. Warum sollen
die Leute in der Region nicht erfahren, dass ihre beste Marathonläuferin bedroht
wird? Da begreife ich Dr. Eichelscheids Zurückhaltung nicht.«
    Ich schwieg.
Auf diesen Gedanken war ich noch gar nicht gekommen. Aber er hatte recht: warum
nicht die Öffentlichkeit einschalten?
    »Vermutlich
fürchtet er, sein Sponsoring könnte durch die Einschüchterungskampagne Schaden nehmen«,
fuhr er fort. »So ticken sie ja, diese Wirtschaftsmenschen. Fragt sich nur, wie
lange sich die Geschichte noch verheimlichen lässt.«
    »Genau so
lange, wie keine konkrete Straftat vorliegt. Bisher wurden nur Nadelstiche gesetzt.
Der Mann im Garten, die Katze, der entführte Kinderwagen – für euch ist das eine
akute Drohkulisse, und doch könnte es für alles eine harmlose Erklärung geben. Tietje
war ein Spinner, Nanuschka wurde versehentlich überfahren, und um Moritz hat sich
ein besorgter Nachbar gekümmert.«
    »Glaubst
du das?«
    »Nein, natürlich
nicht. Man könnte es aber so sehen. Noch ist niemand zu Schaden gekommen. Nadelstiche
halt.«
    Er nickte
nachdenklich. Die Tür ging auf, und Dr. Eichelscheid kündigte seinen Abschied an.
    »Ich werde
mich mit Herrn Harboth abstimmen, wie es weitergeht«, sagte er, während er uns die
Hände schüttelte. »Wir zählen natürlich auf Sie, Herr Koller. So sehr ich hoffe,
dass es nun keine Übergriffe mehr gibt – ausschließen kann man es nie.«
    »Danke für
alles«, sagte Heiner.
    »Keine Ursache.
Ist doch selbstverständlich.«
    Als Eichelscheid
gegangen war, herrschte eine Weile Schweigen. Katinka löschte im Wohnzimmer das
Licht, ihr Mann und ich hingen unseren Gedanken nach. Hatte ich tatsächlich eine
derart schlechte Beobachtungsgabe, dass mir Heiners Reaktion auf die Entführung
seines Sohns komplett entgangen war? Auch wenn er nur ein ganz kleines bisschen
geweint hatte?
    »Trinkst
du ein Schlückchen mit?«, fragte Heiner, als Katinka ins Zimmer kam.
    Sie nickte.
    »Noch ist
nicht aller Tage Abend«, sagte ich. Eigentlich gehören solche Sprüche nicht zu meinem
Repertoire, aber ich meinte es ernst. Das Interview bedeutete zunächst einmal Zeitgewinn.
Alles Weitere würde sich zeigen.
    »Ich musste
es tun«, sagte Katinka leise, den Whisky in Empfang nehmend. »Meine Eltern werden
es nicht verstehen, aber ich muss doch an die Kinder denken.«
    Wortlos
hielt ich ihr mein Glas hin. Sie sollte anstoßen, und ich glaube, sie hätte es auch
getan. Wenn ich nicht im selben Moment aufgesprungen wäre.
    »Scheiße!«,
rief ich. »Verdammte Scheiße!«
    Katinka
und Heiner rissen die Augen auf. Was war denn jetzt los?
    »Da!«, schrie
ich und zeigte auf den Bildschirm. »Der Typ dort!«
    Als sie
hinschauten, war das

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