Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)
schrumm-schrumm.
Dagegen halfen nur die Peperoni vom Türken. Ich futterte zwei, die mir den Rachen
ausbrannten. Karriere als Feuerspucker nicht aussichtslos. Dann hörte ich Katinkas
Namen.
»… bangt
die Metropolregion um eine ihrer aussichtsreichsten Olympiakandidatinnen. Marathonläuferin
Katinka Glück gab heute bekannt, dass sie ihren Start in London aus gesundheitlichen
Gründen wohl nicht wahrnehmen kann. Frau Glück, was genau ist das Problem?«
»Nun, ich
spüre seit einiger Zeit Schmerzen im Hüftbereich, die vor allem im Training auftreten.
Ich musste deshalb bereits Umfänge und Intensität reduzieren und sehe im Moment
keine Möglichkeit, wieder auf Kurs zu kommen.«
»Ist die
Ursache der Schmerzen denn nicht zu lokalisieren? Sie genießen doch umfassende medizinische
Betreuung?«
»Sicher,
und da möchte ich meine Ärzte, allen voran unseren DLV-Arzt Andreas Karst, eindeutig
in Schutz nehmen. Es gibt nun mal unspezifische körperliche Reaktionen, bei denen
sich verschiedene Symptome überlagern. Natürlich suchen wir weiter nach den Ursachen,
aber derzeit sieht es nicht gut aus.«
»Wobei Sie
noch am Ostersamstag ein hervorragendes Resultat über Halbmarathon erzielt haben.«
»Und seitdem
treten die Schmerzen verstärkt auf.«
»Bedeutet
dies das Aus für London? Das Ende aller Olympiaträume?«
»So weit
möchte ich nicht gehen. Noch nicht. Allerdings schätze ich die Chancen auf eine
Teilnahme aktuell als gering ein.«
»Das ist
extrem bedauerlich. Wie fühlen Sie sich jetzt?«
Ich sprang
auf und schaltete die Kiste aus. Christine kaute schweigend weiter.
»Jetzt haben
sie, was sie wollten«, knurrte ich.
33
Der lange Arm Dr. Eichelscheids
griff durch die Dämmerung nach mir und packte mich, als ich eben den Neckar überquerte.
»Haben Sie
vorhin SWR gehört?«, kam es aufgeregt aus dem Handy. Ich sah förmlich vor mir, wie
sein Haarkranz sich sträubte.
»Habe ich.«
»Das Interview
war nicht mit uns abgesprochen. Mit niemandem! Ein absoluter Alleingang von Frau
Glück. Diese Geschichte mit ihrer Verletzung, die stimmt doch nicht, oder?«
»Nein, sie
hat Angst um ihre Familie.«
»Wie ich
mir dachte. Hören Sie, ich werde mich gleich ins Auto setzen und nach Ziegelhausen
kommen. Vielleicht könnten Sie auch …?«
»Bin schon
unterwegs. Bis gleich.«
Im Fahren
steckte ich das Handy zurück. War vielleicht gar nicht schlecht, wenn Eichelscheid
uns Gesellschaft leistete. Dann blieb die Rolle des bösen Buben nicht allein an
mir hängen.
Die letzten
Sonnenstrahlen zitterten über den Horizont, als ich oben ankam. Nass geschwitzt
wie immer. Das hier war mit Abstand der sportlichste Job meines Lebens. Wenn ich
so weitermachte, qualifizierte ich mich auch noch für London.
Heiner öffnete.
Er sah entspannt aus, fast erleichtert.
War er am
Ziel?
»Katinka
bringt Moritz ins Bett«, sagte er. »Und Fiona ist auch gleich dran.«
»Will nicht
ins Bett«, krähte die Kleine und suchte Schutz bei mir. Sie trug ein Nachthemd mit
kleinen Bären darauf.
»Bist du
nicht müde?«, fragte ich.
»Nö, warum?«
»Keine Ahnung.«
Gleich darauf
läutete Dr. Eichelscheid, der ganz gegen seine Gewohnheit einen abgehetzten Eindruck
machte. Wie er es in so kurzer Zeit zu den Glücks geschafft hatte, blieb sein Geheimnis.
Er schüttelte uns die Hand und kniff Fiona in die Backe.
»Dann wollen
wir mal hören, was uns Ihre Frau zu sagen hat«, meinte er mit kummervoller Miene.
Heiner zuckte
die Achseln.
Dabei war
es ganz einfach. Sie könne, sagte Katinka, als wir uns schließlich im Wohnzimmer
versammelt hatten, sie könne nun mal nicht länger verantworten, dass ihre Familie
ihretwegen in Gefahr schwebe. Ihr Gesicht war kalt und verschlossen, in ihren Augen
lag jene Härte, die ich schon mehrfach an ihr hatte bewundern dürfen.
»Dass man
mir selbst übelwill«, schloss sie mit einem Seitenblick auf Fiona, »damit kann ich
umgehen. Aber nicht, wenn meine Kinder bedroht werden.«
»Was ist
denn passiert?«, fragte Eichelscheid kopfschüttelnd.
»Moritz
wurde entführt.«
»Nein!«
Er sah von einem zum anderen. »Warum weiß ich davon nichts?«
»Ich habe
es ja selbst mit Verspätung erfahren«, erwiderte Katinka mit bitterem Lächeln. »Erzähl
es ihm, Heiner, während ich Fiona ins Bett bringe.«
»Mag nicht
ins Bett!«, wiederholte die Dreijährige.
»Ich übernehme
das«, erbot ich mich. »Wollte schon immer mal sehen, wie so eine Prinzessin wohnt.«
Katinka
zog
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