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Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition)

Titel: Glücksspiele: Kollers sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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eine Braue nach oben, ihrer Tochter aber schien die Idee zu gefallen. Sie gab
Küsschen, machte Winkewinke und sprang auf meinen Arm.
    »Zähne schon
geputzt?«, fragte ich sie unterwegs.
    »Klar!«
    Gott sei
Dank. Ins Bett bringen war Herausforderung genug. Allerdings roch Madame nach allem
Möglichen, nur nicht nach Pfefferminz.
    »Singst
du mir was?«, fragte sie, als sie sich in die Decke kuschelte.
    »Okay. Aber
nur, wenn du mir ein bisschen von gestern erzählst.«
    »Gestern?«
    »Als dich
dein Papa aufs Klo brachte. Drüben auf dem Spielplatz. Hat es lang gedauert, bis
ihr fertig wart?«
    »Kacka«,
nickte sie und formte mit den Händen einen Riesenball. »Ganz großes Kacka!«
    »Verstehe.
Und wo war Moritz in dieser Zeit?«
    »Draußen
schlafen. Unterm Baum.« Sie setzte sich auf. »Dann ist ein Mann gekommen und hat
ihn weggefahren.«
    »Ehrlich?«
    »Hat Papa
gesagt.«
    »Der Kinderwagen
war fort, als ihr vom Klo gekommen seid?«
    Wieder nickte
sie.
    »Weil ihn
jemand weggefahren hat?«
    »Ein böser
Mann war das.«
    »Nicht dein
Papa?«
    Erstaunt
schaute sie mich an. »Mein Papa ist doch kein böser Mann!«
    »Stimmt
auch wieder. Weißt du, mich interessiert halt, wie alles genau passiert ist. Weil
ich den bösen Mann finden will.«
    »Du bist
nämlich ein Mannfinder«, grinste sie und legte sich wieder hin.
    »Richtig.
War dein Papa erschrocken, als er merkte, dass Moritz weg war?«
    Sie runzelte
die Stirn. »Er hat gesucht, überall. Und ein bisschen geweint.«
    »Geweint?
Echt?«
    »Nur ein
bisschen.« Sie legte Daumen und Zeigefinger zusammen. »So viel.«
    »Okay.«
Ich streichelte ihr über die Backe. »Danke, Fiona. Gute Nacht.«
    »He, Max!«,
krähte sie. »Singen!«
    Ich stöhnte.
Nach einer halben Strophe »Der Mond ist aufgegangen« und ein paar schrägen Takten
der »Ode an die Freude« war ich huldvoll entlassen. Hoffentlich bekam das Kind keine
Alpträume! Träume, in denen dreijährige Mädchen von singenden Sägen verfolgt wurden

    Im Wohnzimmer
raufte sich Dr. Eichelscheid den Haarkranz. »Eine Entführung!«, jammerte er. »Wer
denkt denn an so etwas! Was ist da nur los? Was ist da nur los?«
    »Jemand
will mit aller Macht verhindern, dass Katinka in London startet«, sagte ich und
ließ mich in einen Sessel fallen. »An dieser Feststellung hat sich nichts geändert.
Nur dass wir jetzt wissen, wie ernst es der Jemand meint.«
    »Aber warum?
Was bezweckt er damit? Haben die Ereignisse in Berlin Ihnen keinen Hinweis gegeben?«
    Ich zuckte
die Achseln. »Wir wären wahrscheinlich einen Schritt weiter, wenn wir wüssten, woran
Ralf Tietje in den letzten Wochen gearbeitet hat. Aber das wissen wir nicht.« Ich
machte eine Pause. »Eine Journalistin meinte, es gehe um Doping.«
    Keine Reaktion
bei Katinka. Eichelscheid schaute verständnislos in die Runde. »Das kann ich mir
überhaupt nicht vorstellen. Frau Glück ist seit Jahren für ihren Einsatz gegen Doping
bekannt. Warum sollte sie ausgerechnet jetzt …?« Er brach ab, nahm die Brille von
der Nase und rieb sich die Augen. »Es sei denn, genau das ist der Grund: dass man
eine Sportlerin, die den Finger in die Wunde legt, nicht dabei haben will.«
    »Und wer
ist dann man ?«, fragte Heiner.
    Schweigen.
Schließlich setzte der Banker seine Brille wieder auf.
    »Na gut.
Wir können noch stundenlang im Nebel herumstochern und werden zu keinem Ergebnis
kommen. Beschäftigen wir uns lieber mit der Frage, wie es weitergeht. In Ihrem Interview,
Frau Glück, haben Sie sich ja ein Hintertürchen offengelassen, was Ihre Teilnahme
an den Spielen betrifft.«
    »Ich werde
nicht teilnehmen«, sagte Katinka.
    »Und wenn
die Leute gefasst werden, die hinter all dem stecken? Sie brauchen das nicht zu
beantworten, ich begreife sehr gut, in welcher Lage Sie sind. Aber wie sieht es
mit den anstehenden Terminen aus? Übermorgen eröffnen wir unsere Filiale in der
Bahnstadt. Sie stehen doch weiterhin zur Verfügung?«
    Ihre Miene
war ausdruckslos. »Selbstverständlich.«
    »Gut. Dort
wird die Presse Ihnen sicher weitere Fragen zu Ihrer Verletzung stellen. Und dann
Ihre Schulbesuche, die Autogrammstunde … Die nehmen Sie alle wahr?«
    Während
Katinka die Termine Ihres Sponsors abnickte, beugte ich mich zu Heiner hinüber und
flüsterte: »Können wir uns mal unter vier Augen sprechen?«
    »Sicher.«
    »Wir kommen
gleich zurück«, sagte ich im Gehen. Eichelscheid nickte.
    Heiner führte
mich in sein Arbeitszimmer, das neben der Küche lag. Auf dem

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