Glueckstreffer - Roman
Mund. »Sag bloß … Ah, jetzt weiß ich es! Da ist eine andere Frau. Du bist bereits verheiratet, stimmt’s?«
»Sophie!«, unterbrach er sie laut, um sie dazu zu bringen, ihm endlich zuzuhören. »Es ist nichts von alledem! Wofür hältst du mich eigentlich?«
»Was ist es dann?«
»Das kann und will ich dir hier zwischen Tür und Angel nicht erklären«, fuhr er in gedämpfterem Ton fort. »Dazu brauche ich Zeit. Die Sache ist kompliziert. Nur ein Gespräch unter vier Augen … Gib mir eine Chance! Nur eine! Ort und Datum bestimmst du.«
In diesem Augenblick schlug die Ladenglocke an, und eine Frau mit zwei kleinen Kindern kam herein. Garrett trat von der Theke zurück und setzte sich auf einen der Barhocker am Fenster. Die Kinder stürmten zur Auslage mit den Süßigkeiten und drückten sich die Nasen sehnsuchtsvoll an den Glasscheiben platt. Garrett hoffte für sie, dass sie die Unglückskekse übersehen würden.
Während die Mutter ihren Kindern bei der Auswahl der Leckereien half, dachte Sophie darüber nach, was Garrett gesagt hatte. Er ist grausam , überlegte sie. Erst zerstört er mein Glück, um dann nach fast einem Jahr aus heiterem Himmel wieder aufzutauchen und mir vorzuwerfen, dass ich nicht glücklich bin.
Allerdings musste sie zugeben, dass Garrett zumindest ihren ersten, ihren schmerzhaftesten Absturz aus dem Himmel der Glückseligkeit auf den Boden der Tatsachen nicht verursacht hatte.
Das ist eben die Geschichte meines Lebens. Er hat ihr nur ein weiteres Kapitel hinzugefügt.
Sophie starrte mit hängenden Schultern auf die Glasvitrine. Zuerst sah sie nur die beiden Kindergesichter auf der gegenüberliegenden Seite, die mit großen Augen die Süßigkeiten betrachteten. Allmählich wurden ihre Gesichter jedoch von anderen Bildern und ihrem eigenen Spiegelbild verdrängt. Wie in einem Film liefen längst vergessene Szenen ihres Lebens vor ihr ab. Sie sah sich als kleines Mädchen, lachend auf dem Schoß des Vaters, während die Mutter ihre Fußsohlen kitzelte. Sophies Augen wurden feucht, das Bild verschwamm. Das nächste zeigte sie einige Jahre später. Damals war sie zu jung gewesen, um zu begreifen, wie knapp sie dem Tod entronnen war, aber doch alt genug, um sich an jede Einzelheit des Unfalls zu erinnern.
Sie fröstelte. Kalt, elend und nass war ihr damals zumute gewesen. Nichts um sie herum schien wirklich zu sein. Ihr Leben, einfach alles war aus den Fugen geraten. Und daran war nur sie selbst schuld.
Sophie blinzelte energisch. Die Bilder verschwanden. Zurück blieb nur das vertraute Abbild einer fast Dreißigjährigen im Glas der Vitrine. Glück ist vergänglich, sagte sie sich zum wiederholten Mal.
»Garrett«, begann sie, nachdem die kleine Familie gegangen war. »Mein Glück oder Unglück geht dich wirklich nichts mehr an. Du hast mich verlassen. Ich lebe mein Leben. Du gehörst nicht mehr dazu. Und was diese sogenannte Wahrheit betrifft, die ich unbedingt erfahren soll … Darauf bin ich ehrlich gesagt nicht mehr scharf.« Sie hielt inne. »Wir sollten die Vergangenheit ruhen lassen. Einverstanden?«
Garrett saß nur schweigend auf seinem Hocker und starrte zu Boden. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis er endlich aufstand. »Sophie«, begann er schließlich. »Nur mal angenommen, du irrst dich. Was ist, wenn das Glück, das dauerhafte Glück, doch existiert? Ich meine, wenn es für uns erreichbar gewesen wäre, wir es aber einfach nur vermasselt haben? Was wäre, wenn …« Er zögerte, machte einen Schritt in ihre Richtung. »… wenn es noch eine Chance gäbe und wir es uns zurückholen könnten?«
»Blödsinn«, fiel sie ihm ins Wort. »Das sind entschieden zu viele Wenns.«
»Dann bitte ich dich, ohne Wenn und Aber.«
»Worum?«
»Dass du dich mit mir triffst. Dass wir in aller Ruhe reden können. Was ich zu sagen habe, betrifft nicht nur mich, Soph. Es betrifft auch dich.«
Sophie trommelte leicht mit den Fingern auf die Ladentheke. Wieder musterte sie den Mann, der sie einst auf Händen getragen hatte. Bis, ja, bis zu dem Tag, an dem er sie verlassen hatte.
»Also gut«, seufzte sie, hörte auf mit den Fingern zu trommeln und begann stattdessen, mit einer Haarlocke zu spielen. »Unter einer Bedingung.«
Garretts Blick richtete sich hoffnungsvoll auf Sophie. »Was für eine Bedingung?«
Ein Deal, dachte sie, den du unter keinen Umständen gewinnen kannst .
»Seit Evalynn verheiratet ist, versucht sie, mich ebenfalls unter die Haube zu bringen. Angeblich,
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