Glueckstreffer - Roman
Licht. Sophie stieg dennoch aus und ging zur Haustür. Klingelte. Niemand öffnete die Tür. Sie spähte durch ein Fenster im Parterre, konnte in der Dunkelheit jedoch nichts erkennen. Schließlich lief sie zum Wagen zurück.
»Kannst du mit den Scheinwerfern in eines der Fenster leuchten?«, bat sie Ellen.
»Kein Problem, Sweets. Hast du drinnen jemanden gesehen?«
»Nein. Ich will mich nur vergewissern, dass wirklich niemand zu Hause ist.«
Sophie ging zum Haus zurück und spähte erneut durch das Fenster. Im Scheinwerferlicht des Wagens war diesmal alles gut zu erkennen – nur dass es nichts mehr zu erkennen gab. Mit demselben flauen Gefühl im Magen, das sie schon drei Nächte zuvor verspürt hatte, ging Sophie langsam zum Streifenwagen zurück und stieg ein.
Ellen sah das Entsetzen in ihren Augen. »Soph … Was ist los?«
»Es ist vorbei. Das ist definitiv«, murmelte Sophie kaum hörbar. »Alles … Er ist … Da ist nichts mehr.«
»Was? Was soll da nicht mehr sein?«, erkundigte sich Evalynn vom Rücksitz aus verständnislos.
Sophie war wie betäubt. Sie wandte leicht den Kopf und antwortete mit rauer Stimme: »Das Haus ist leer. Ausgeräumt. Er ist ausgezogen.«
»Und seine Praxis?«, fragte Ellen prompt. »Wir können dort vorbeifahren, wenn du willst. Jetzt oder morgen. Früher oder später muss er schließlich arbeiten.«
»Wozu?«, entgegnete Sophie schroff. »Reisende soll man nicht aufhalten. Er ist fort. Das sagt doch deutlich genug, dass er nicht mit mir reden möchte. Also hat es auch keinen Sinn, hinter ihm herzulaufen. Nein, wenn er mich nicht sehen will, lasse ich ihn in Ruhe.«
»Aber, Soph, was ist, wenn …?«
»Nein, Ellen. Es ist nicht mehr wichtig. Ich habe von Anfang an gewusst, dass es so endet. Das ist die Geschichte meines Lebens. Fahren wir. Es ist vorbei.«
Kapitel 18
Deine größte Begabung ist dein Talent zu scheitern.
»FAHR MICH BITTE zum Laden«, sagte Sophie. Sie waren schon zwanzig Minuten ziellos durch die Stadt gefahren, um herauszufinden, was mit Garrett schiefgegangen war. Doch jetzt, da sich Sophies ewige Ängste, ihn zu verlieren, bewahrheitet hatten, suchte sie nach all den Tränen und Diskussionen in Ellens Streifenwagen nach einem anderen Weg, um ihren Schock und ihre Trauer zu überwinden. Sie hatte auch bereits eine Idee, was ihr dabei helfen könnte.
»Wohin?«, fragte Ellen.
» Chocolats de Sophie . Dort wartet Arbeit auf mich. Schließlich muss für morgen alles vorbereitet werden.«
Evalynn protestierte. »Soph, du steckst inmitten einer persönlichen Krise. Die Arbeit kann warten.«
Sophie schüttelte energisch den Kopf. »Ich kann den Laden nicht länger geschlossen halten. Außerdem glaube ich an Arbeit als Therapie.«
»Pralinen herzustellen, ist alles andere als therapeutisch«, gab Evalynn zurück. »Schokolade zu essen dagegen schon.«
»Fahrt mich einfach zum Laden. Ich habe da ein neues Rezept, das ich ausprobieren möchte. Zu Ehren von Garrett.«
Ellen tippte auf die Bremse. »Du willst ausgerechnet ihm zu Ehren eine Praline kreieren?«
»Nicht ganz«, entgegnete Sophie lakonisch. Dabei überlegte sie bereits fieberhaft, welche Zutaten sie für den neuen Leckerbissen verwenden wollte.
Als Ellen den Streifenwagen vor dem Schokoladenladen anhielt, erbot sich Evalynn, Sophie bei den Vorbereitungen zu helfen.
Ellen blieb gerade noch so lange, um beruhigend auf Sophie einzuwirken. »Der liebe Gott wird’s schon richten«, sagte sie. »Wie heißt es doch so schön? Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Ich jedenfalls glaube an die Vorsehung. Und die hat bestimmt noch viel Gutes mit dir vor. Die Vorsehung hat schon ganz andere Schiffe durch schwere See gelenkt.«
Sophie musste angesichts des Bildes, das Ellen heraufbeschwor, unwillkürlich lachen. »Wenn die Vorsehung mein Boot steuert, dann stimmt mit der Navigation aber so einiges nicht! Aber zumindest hat sie mir nicht das Herz gebrochen. Das war eindeutig Garrett.«
»Die Zeit heilt alle Wunden, Sweets«, sagte Ellen leise und bemühte wieder einmal ihren Zitatenschatz. »Es wird alles gut.«
Nachdem Ellen sich verabschiedet hatte, überließ Sophie Evalynn mit einer Menge von Zutaten die Herstellung von Toffeecreme, während sie selbst die neue Kreation in Angriff nahm. Eine Stunde später, kurz nach elf Uhr nachts, hatte Sophie ihre erste Unglückskeks-Serie fertiggestellt. Es fehlten nur noch die Papierstreifen mit den
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