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Glueckstreffer - Roman

Glueckstreffer - Roman

Titel: Glueckstreffer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K A Milne
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ihr früher oder später nichts anderes übrigblieb, als sich umzudrehen. Sophie holte tief Luft, straffte die Schultern, zog einen gelben Zettel aus ihrem sonst leeren Postfach, klappte die Tür zu, sodass das Schloss hörbar einrastete, und drehte sich zögerlich um.
    Ringsherum flammten grelle Blitzlichter auf, und im Nu war sie von Reportern umringt, die ihr Mikrofone und Kassettenrekorder entgegenstreckten. Jeder Reporter versuchte verzweifelt, ein Exklusivinterview mit der »tapferen, unglücklichen Frau« zu ergattern, die endlich leibhaftig vor ihnen stand.
    »Können Sie uns sagen, was Sie veranlasst hat, diese Anzeige aufzugeben?«, erkundigte sich eine schlanke Frau mit blondiertem Haar, die Sophie sofort als Lori Acres erkannte.
    »Sie machen auf mich keinen sonderlich unglücklichen Eindruck«, bemerkte ein anderer Reporter. »Ist das ein Werbegag oder was?«
    Dann schrien plötzlich alle durcheinander. Jeder versuchte, ihr neue Informationen zu entlocken, die er dann auf seine Weise ausschlachten konnte, um den Medienrummel weiter anzufachen. Alle redeten gleichzeitig auf sie ein. »Wie heißen Sie? Für wie lange haben Sie die Anzeige geschaltet? Wie viele Zuschriften haben Sie erhalten? Machen Sie das aus Spaß, oder erwarten Sie tatsächlich, mit Ihrer Kleinanzeige Anregungen für das Lebensglück zu bekommen? Welches Glück ist Ihrer Ansicht nach nicht vergänglich? Nehmen Sie Antidepressiva?«
    Sophie war viel zu entsetzt und peinlich berührt, um auch nur ein Wort herauszubekommen. Sie stand einfach nur da, hörte allen zu, blinzelte mit schöner Regelmäßigkeit in die Kameraobjektive, die frontal auf sie gerichtet waren und ein wahres Blitzlichtgewitter entfachten. Du musst lächeln , schoss es ihr durch den Kopf. Doch ihre Gesichtsmuskeln gehorchten ihr nicht mehr. Nach ein, zwei Minuten im Sperrfeuer der Reporter löste sich eine Träne aus Sophies Augenwinkel und rollte über ihre Wange. Das Gefühl der Nässe auf ihrer Haut drohte den Damm zu brechen, der ihre Emotionen bislang in Schach gehalten hatte. Es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis es mit ihrer Beherrschung vorbei war. Sophie hasste die Vorstellung, vor all diesen Menschen in Tränen auszubrechen – ganz zu schweigen von den Massen, die diesen Vorfall später in Videos und Bildern sehen würden.
    Gerade als eine erneute Woge der Verzweiflung über sie herein- und sie in Tränen auszubrechen drohte, dröhnte eine Stimme aus dem Hintergrund: »Was zum Teufel fällt euch ein? Lasst sie in Ruhe!«
    Die Menge verstummte nahezu sofort, und die gesamte Reportermeute drehte sich nahezu synchron zur Quelle des wütenden Ausbruchs um.
    »Ich bin es, hinter dem ihr her seid!«, donnerte die Stimme. »Lasst sie in Ruhe, sonst nehme ich mir jeden von euch einzeln vor. Und dann könnt ihr was erleben!«
    Die Reporter waren in ihrer Verblüffung einfach sprachlos. Auch Sophies Überraschung hätte kaum größer sein können. Sie starrte fassungslos zu der gläsernen Eingangstür hinüber, wo mit hoch erhobenem Haupt der bärtige, zerzauste, abgerissene Jim stand.
    Lori Acres, die sich dicht vor Sophie aufgebaut hatte, wollte sofort von ihr wissen, wovon der impertinente Typ eigentlich redete.
    Gute Frage , dachte Sophie. »Fragen Sie ihn doch selbst.«
    Jim hatte den kurzen Wortwechsel gehört und bahnte sich sofort den Weg durch das Gedränge zu Sophie hindurch. Kaum hatte er sie erreicht, zog er einen alten, abgenutzten Geldbeutel aus der Gesäßtasche seiner Jeans und nahm einen zerknitterten Zwanzigdollarschein heraus. Nachdem Jim sich vergewissert hatte, dass ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit sicher war, hielt er Sophie den Geldschein hin. »Hier, für Sie, Miss. Wie versprochen. Zwanzig Piepen für Ihre Mühe. Und ich entschuldige mich für die aufdringliche Menge, die Sie belästigt hat.« Als er ihr den Schein in die Hand drückte, wandte er den Reportern hastig den Rücken zu und flüsterte, sodass nur sie es hören konnte: »Das sind meine fünf Minuten!« Dabei zwinkerte er ihr verschmitzt zu.
    »Hm … Danke«, sagte Sophie zu Jim – und irgendwie auch zu den Medienleuten. »War mir ein Vergnügen. Von dem Überfall der Reporter mal abgesehen. Ich wollte nur helfen. Aber Geld nehme ich keines dafür!« Sophie gab Jim den Schein zurück, zog sich hinter die Menge zurück und wollte das Postamt schon verlassen, hielt dann aber inne. Sie vermied es, jemandem direkt in die Augen zu sehen. Zu leicht hätte man erkannt, was für

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