Gluehende Dunkelheit
Tarabotti machte einen Satz zur Seite und brachte sich in Position. Dann streckte sie, vom Ekel geschüttelt, die Hand aus und wischte mit der Hand über das wächserne Gesicht des Golems. Sie erreichte nur das Ende des Wortes, sodass das VIXI zu VIX wurde, doch das schien auszureichen, denn der Golem versteifte sich und lockerte seinen Griff gerade genug, dass der Werwolf ihn abschütteln konnte. Die künstliche Kreatur bewegte sich immer noch, aber nun mit offensichtlichen Schwierigkeiten.
Der Werwolf konzentrierte seine ganze Aufmerksamkeit auf Miss Tarabotti.
Doch noch bevor er sie anspringen konnte, trat Alexia unerschrocken vor und schlang ihm beide Arme um den zottigen Hals.
Die Verwandlung war beim zweiten Mal ein kleines bisschen weniger schrecklich. Oder vielleicht gewöhnte sie sich auch einfach nur an das Gefühl. Fell zog sich von den Stellen, an denen sie ihn berührte, zurück, Knochen, Haut und Fleisch formten sich neu, und wieder einmal hielt sie den nackten Körper von Lord Maccon in den Armen.
Er hustete und spuckte.
»Dieses Golem-Ding schmeckt scheußlich«, offenbarte er ihr und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht, womit er das klebrige Rot auch noch über Kinn und Wange verschmierte.
Miss Tarabotti sah davon ab, ihn darauf hinzuweisen, dass er sich auch an den Wissenschaftlern gütlich getan hatte, und wischte ihm das Gesicht mit dem Rockzipfel ihres Kleides sauber; es war ohnehin nicht mehr zu retten.
Goldbraune Augen richteten sich auf ihr Gesicht. Alexia bemerkte mit Erleichterung, dass sie voller Intelligenz und völlig frei von Wildheit oder Hunger waren.
»Bist du unverletzt?«, fragte er. Mit seiner großen Hand streichelte er ihr zärtlich übers Gesicht und den Hals entlang. Als er den Schnitt an ihrer Kehle erreichte, hielt er inne, und obwohl er sie berührte, leuchteten seine Augen wieder im wilden Gelb. »Ich werde den Bastard zerreißen«, sagte er leise, und seine Stimme klang durch den ruhigen Tonfall nur noch wütender. »Ich werde ihm jeden seiner Knochen einzeln durch die Nasenlöcher aus dem Leib ziehen.«
»Schh«, machte Alexia bezähmend. »Der Schnitt ist gar nicht so tief.« Doch sie schmiegte sich in seine Berührung und stieß langsam und zittrig den Atem aus.
Seine Hand, die vor Wut zitterte, setzte die sanfte Untersuchung ihrer Verletzungen fort. Sie glitt sanft über die blauen Flecken, die sich an ihren entblößten Schultern bildeten, und hinunter zu dem Schnitt an ihrem Arm.
»Die alten Nordmänner haben es schon richtig gemacht, indem sie ihren Feinden die Haut abzogen und ihre Herzen fraßen«, grollte er.
»Lass das, das ist abscheulich«, ermahnte ihn der Gegenstand seines Interesses. »Außerdem habe ich mir das da selbst zugefügt.«
»Was?«
Sie zuckte leichthin mit den Schultern. »Du brauchtest eine Spur, der du folgen konntest.«
»Du kleine Närrin«, sagte er liebevoll.
»Es hat funktioniert, oder etwa nicht?«
Seine Berührung wurde drängend. Er zog sie an seine große, nackte Gestalt und küsste sie rau, als bräuchte er sie, um weiter existieren zu können. Es war nahezu unerträglich intim. Sogar noch intimer, als jemanden ihre Fußknöchel sehen zu lassen. Alexia presste sich an ihn und öffnete begierig die Lippen.
»Ich hasse es zutiefst , euch unterbrechen zu müssen, meine kleinen Turteltäubchen«, erklang eine leise Stimme und störte ihre innige Umarmung, »aber könntet ihr es eventuell einrichten, mich loszuschnallen?«
Lord Maccon kam wieder in die Realität zurück und sah sich blinzelnd um, als wäre er gerade aus einem Traum erwacht, der halb Albtraum, halb erotische Fantasie gewesen war.
Miss Tarabotti trat von ihm zurück, sodass sie ihn nur noch mit jener Hand berührte, die in seiner großen Pranke lag. Das reichte an Körperkontakt, um tröstlich zu sein, ganz zu schweigen von außernatürlich wirksam.
Lord Akeldama lag immer noch auf seiner Pritsche, und zwischen ihm und der Pritsche, auf die Alexia festgeschnallt gewesen war, kämpften auch immer noch Mr MacDougall und der frischgebackene Vampir.
»Du meine Güte!«, stieß Miss Tarabotti überrascht hervor. »Er lebt ja noch immer!« Niemand wusste, nicht einmal sie selbst, ob sie damit Mr MacDougall oder den künstlich erschaffenen Vampir meinte.
Sie schienen ebenbürtige Gegner zu sein. Der Vampir war an seine neuen Kräfte und Fähigkeiten noch nicht gewöhnt und Mr MacDougall in seiner Verzweiflung und Panik stärker als
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