Gluehende Dunkelheit
Es war die einzige Möglichkeit für einen Schwärmer, irgendeine Art gesellschaftlich anerkannter Stellung unter den Vampiren der feinen Gesellschaft zu erlangen.
Der gegenwärtige Wesir hatte sein Amt inne, seit Königin Elizabeth I. auf dem Thron von England gesessen hatte. Angeblich war sein Rat für Königin Victoria von unschätzbarem Wert, und es gab Gerüchte, dass das britische Weltreich seinen Erfolg zum großen Teil seinen Fähigkeiten verdankte.
Natürlich sagte man das auch über den Diwan, den Werwolfberater Ihrer Majestät. Er war ein Einzelgänger, der ungefähr schon genauso lange existierte wie der Wesir und der sich hauptsächlich mit Militärangelegenheiten befasste und sich aus Rudelstreitigkeiten heraushielt. Mit ihrem erheblichen Einfluss auf das Tageslichtlager standen sie weit über allen anderen Außenseitern der Vampir- oder Werwolfsrasse. Doch wie alle Außenseiter, die den sozialen Aufstieg schafften, neigten sie dazu, ihre revolutionären Wurzeln zu vergessen und sich mit dem Establishment zu arrangieren. Der Wesir würde sich letztendlich den Vampirhäusern beugen.
»Der Wesir ist keine Königin. Das hier ist eine stockinterne Angelegenheit und keine politische«, konterte Countess Nadasdy scharf.
»Dennoch wird man ihn davon unterrichten müssen«, beharrte der Duke, während er sich mit einer feingliedrigen Hand durch das schüttere Haar fuhr.
»Warum?« Lord Ambrose passte es schon nicht, dass Alexia von der Sache wusste, und die Vorstellung, auch noch einen Politiker damit zu behelligen, gefiel ihm erst recht nicht.
Miss Dair räusperte sich. »Gentlemen, ich bin mir ziemlich sicher, dass das ein Thema ist, das man sich besser für später aufheben sollte.« Mit einen Kopfnicken deutete sie auf Miss Tarabotti, die man für den Augenblick vergessen hatte.
Miss Tarabotti kaute an ihrem dritten Stück Battenbergkuchen und tat ganz unbeteiligt.
Dr. Caedes fuhr herum und starrte sie mit hartem Blick an. »Sie werden uns noch Schwierigkeiten machen, das weiß ich. Das tun Außernatürliche immer. Sie sollten sich vorsehen bei diesen zotteligen Individuen, mit denen Sie Umgang pflegen. Werwölfe verfolgen stets ihre eigenen Pläne, das ist Ihnen hoffentlich klar.«
»Und Ihr Blutsauger seid natürlich alle durch und durch voll reinster Herzensgüte und habt nur mein Bestes im Sinn«, schoss Alexia zurück, während sie sich beiläufig Battenbergkrümel vom Schoß wischte.
»Hör sich einmal einer das beherzte junge Ding an! Sie versucht, einen Witz zu machen«, höhnte Lord Ambrose.
Miss Tarabotti erhob sich und nickte der versammelten Gesellschaft zu. Die Worte, die hin- und herflogen, wurden allmählich gefährlich unhöflich. So unhöflich, dass ihnen, so stand zu befürchten, bald Taten folgten. Sie würde ihren Besuch lieber beenden, solange es noch Worte waren. Das schien ein günstiger Augenblick zu sein, um diese Örtlichkeit zu verlassen.
»Ich danke Ihnen für die freundliche Einladung«, sagte sie und lächelte auf eine, wie sie hoffte, raubtierhafte Weise. »Es war höchst …« Abwägend hielt sie kurz inne und wählte ihre Worte mit Bedacht. »… aufschlussreich.«
Miss Dair sah die Vampirkönigin an. Als die Countess nickte, zog sie wieder an dem Glockenseil, das in der Nähe diskret hinter einem schweren Samtvorhang versteckt war.
Die schöne blonde Zofe erschien ein weiteres Mal im Türrahmen. Miss Tarabotti folgte ihr nach draußen, wobei sie sich ein bisschen so fühlte, als wäre sie gerade den Kiefern einer unerfreulichen Bestie entkommen.
Gerade wollte Miss Alexia Tarabotti die Vordertreppe zu ihrer Mietdroschke hinuntergehen, als sich plötzlich ein fester Griff um ihren Oberarm legte und sie aufhielt.
Die bezaubernde Angelique war viel stärker, als sie aussah. Dabei war sie keine Übernatürliche, nur eine Drohne.
»Ja?« Miss Tarabotti versuchte, höflich zu sein.
»Sie sind von BUR?« Die veilchenblauen Augen des Mädchens waren groß und ernst.
Alexia wusste nicht genau, was sie darauf antworten sollte, denn sie hatte ja keinen offiziellen Status. Der Teufel sollte Lord Maccon und seine althergebrachten Prinzipien holen! »Ich bin nicht direkt Mitglied, aber …«
»Sie könnten ihnen ein Nachrischt überbringen, ja?«
Miss Tarabotti nickte und beugte sich ein wenig vor. Zum Teil, um interessiert zu wirken, und zum anderen, um den schraubstockartigen Griff zu lockern, mit dem das Mädchen ihren Arm weiterhin umklammert hielt. Morgen,
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