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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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dachte sie, werde ich einen blauen Fleck haben.
    »Sagen Sie sie mir.«
    Angelique sah sich verstohlen um. »Bitten Sie sie um ’ilfe. Bitten Sie sie, nach den Verschwundenen su suchen. Mein Meister, er ist eine Schwärmer. Er verschwand letzte Woche.« Sie schnippte mit den Fingern. »Einfach so. Sie ’aben misch in das ’aus gebracht, weil isch ’übsch bin und gute Arbeit mache, aber die Comtesse, sie toleriert misch nur. Ohne seinen Schutz weiß isch nischt, wie lange isch es ’ier durchstehe.«
    Miss Tarabotti hatte keine Ahnung, wovon das Mädchen sprach. Lord Akeldama hatte einmal gesagt, im Vergleich zur Politik eines Vampirstocks würden die Machenschaften der britischen Regierung völlig verblassen, sei es nun die Tageslicht- oder die Schattenregierung. Allmählich begann sie zu ahnen, wie wahr diese Worte waren. »Äh, ich bin mir nicht ganz sicher, dass ich Ihnen folgen kann.«
    »Bitte versuchen Sie es.«
    Nun ja , dachte Alexia, versuchen kann ja nichts schaden. »Was genau versuchen?«
    »Versuchen, ’erauszufinden, wo’in die Schwärmer verschwunden sind. Und auch, warum die neuen kommen.« Offenbar lauschte Angelique gerne an Schlüssellöchern.
    Miss Tarabotti versuchte ihr zu folgen. »Es verschwinden Vampire, und dafür tauchen andere aus heiterem Himmel auf? Sind Sie sicher, dass es nicht dieselben sind, mit – sagen wir mal – sehr viel Schminke und in grässlichen Hemden, die sie wie neue Larven aussehen lassen?«
    »Nein, Miss.« Das Dienstmädchen würdigte Alexias schwachen Versuch, humorvoll zu sein, mit einem tadelnden Blick.
    »Nein, Vampire würden nicht so geschmacklos gekleidet herumlaufen, nicht einmal zum Spaß.« Miss Tarabotti nickte seufzend. »Nun gut, ich werde es versuchen.« Die Welt schien in zunehmendem Maße immer verwirrender zu werden, und wenn schon die Vampire keine Ahnung hatten, was vor sich ging, und BUR noch viel weniger, wie sollte sie dann in der Lage sein, die Situation zu durchschauen?
    Dennoch schien das Mädchen zufrieden zu sein. Offensichtlich teilte sie Alexias Bedenken nicht. Sie ließ Miss Tarabottis Arm los, huschte zurück ins Haus und schloss die massive Tür fest hinter sich.
    Mit einem verwirrten Stirnrunzeln marschierte Alexia die Treppe hinunter und stieg in die wartende Mietkutsche. Sie bemerkte nicht, dass es sich nicht um dieselbe handelte, in der sie ursprünglich gekommen war, und auch nicht, dass das Gefährt von einem anderen Kutscher gefahren wurde.
    Was sie allerdings augenblicklich bemerkte, war, dass sich bereits jemand in der Fahrgastkabine befand.
    »Ach, herrje, ich bitte vielmals um Entschuldigung! Ich dachte, diese Kutsche wäre frei«, sagte Miss Tarabotti zu dem massigen Individuum, das zusammengesunken in der Ecke der gegenüberliegenden Bank saß. »Ich hatte meinen Fahrer angewiesen zu warten, und da standen Sie am selben Fleck mit offener Türe. Ich nahm einfach an, es wäre meine Kutsche. Es tut mir wirklich leid. Ich …« Sie verstummte.
    Das Gesicht des Mannes lag im Schatten, und seine Züge wurden von einem breiten Kutscherhut verdeckt. Er schien nichts sagen zu wollen. Keine Begrüßung, keine Erwiderung auf ihre Entschuldigung. Er machte sich nicht einmal die Mühe, mit einer grau behandschuhten Hand diesen abscheulichen Hut zu lüpfen, wenn eine fremde Dame aus Versehen in sein gemietetes Transportmittel stolperte.
    »Nun«, meinte Miss Tarabotti, empört über seine Unhöflichkeit, »dann werde ich wohl einfach wieder aussteigen.«
    Sie stand bereits auf, doch der Kutscher war vom Kutschbock gestiegen und stand auf einmal draußen auf der Straße, direkt vor der Kutsche, sodass ihr der Ausstieg verwehrt wurde. Seine Züge lagen nicht im Schatten, sondern wurden von einer Gaslaterne in der Nähe erhellt.
    Entsetzt fuhr Alexia zurück. Dieses Gesicht! Es war wie ein Wachsabdruck, glatt und blass, ohne nennenswerten Makel, ohne Narbe oder auch nur ein Haar. Auf der Stirn standen mit schmutziger, schwarzer Substanz vier Buchstaben geschrieben: VIXI. Und diese Augen! Sie waren dunkel und wirkten seltsam leer, so ausdruckslos, dass es schien, als gäbe es kein Leben in dem Verstand hinter ihnen. Dieser Mann sah in die Welt, ohne zu blinzeln, und doch schien sein Blick ins Leere gerichtet.
    Schockiert zuckte Miss Tarabotti vor dem glatten Gesicht zurück. Der Unheimliche streckte die Hand aus, schlug die Tür der Kutsche zu und drehte heftig am Griff, um sie zuzusperren. Erst dann veränderte sich seine Miene.

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