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Gluehende Dunkelheit

Gluehende Dunkelheit

Titel: Gluehende Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gail Carriger
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unecht oder imitiert, und alles war weit davon entfernt, dezent zu sein. Die Teppiche waren keine Perser, sondern leuchtende, mit Blumen übersäte Bilder von Schäfern, die unter strahlend blauem Himmel Schäferinnen verführten. Waren das flauschige, weiße Wolken? Ja, so war es. Die gewölbte Decke der Empfangshalle war tatsächlich mit einem Fresko wie dem der Sixtinischen Kapelle verziert, nur dass Lord Akeldamas Decke schelmisch aussehende Cherubim zeigte, die schändlichen Aktivitäten nachgingen. Alexia errötete. Allen möglichen schändlichen Aktivitäten.
    Eilends richtete sie den Blick wieder nach unten. Kleine korinthische Säulen standen stolz überall herum und trugen Marmorstatuen von nackten männlichen Gottheiten, und Miss Tarabotti hegte keinen Zweifel, dass sie tatsächlich aus Griechenland stammten.
    Der Vampir führte sie weiter bis in seinen Salon. Dieser beinhaltete nichts von dem Stildurcheinander, sondern gemahnte zurück an eine Zeit vor der französischen Revolution. Die Möbel waren alle weiß oder vergoldet, mit cremefarben und golden gestreiftem Brokat überzogen und mit Fransen und Troddeln übersät. Schwere Lagen goldfarbener Samtvorhänge schirmten die Fenster ab, und der edle Teppich zeigte eine weitere Schäferszene.
    Lord Akeldamas Heim machte nur zwei Zugeständnisse an das moderne Leben. Das erste war daran ersichtlich, dass das Zimmer hell erleuchtet war, mit nichts Geringerem als unzähligen Gaslampen; die kunstfertigen Kandelaber schienen nur zu Dekorationszwecken zu dienen. Die zweite Facette der Modernität hatte die Gestalt einer vergoldeten Röhre mit einer Vielzahl von Gelenken, die auf dem Kaminsims stand. Alexia schlussfolgerte, dass es sich um eine Art modernes Kunstwerk handelte. Was für ein Aufwand! , dachte Miss Tarabotti.
    Sie nahm in einem thronähnlichen Armsessel Platz und legte den Hut und die Handschuhe ab. Lord Akeldama setzte sich ihr gegenüber. Er holte das merkwürdige Kristall-Stimmgabel-Gerät hervor, versetzte es mit einem Schnippen in misstönende Schwingung und stellte es auf einen Beistelltisch.
    Alexia wunderte sich darüber, dass er eine solche Vorsichtsmaßnahme in seinem eigenen Haus für nötig hielt. Dann kam sie zu dem Schluss, dass sich wohl niemand mehr Sorgen darüber machte, dass man ihn belauschen könnte, als ein lebenslanger Lauscher selbst.
    »Nun«, fragte er, »was hältst du von meinem bescheidenen Heim?«
    Trotz all des vergoldeten Pomps und Grandeurs strahlte der Raum eine Aura der regelmäßigen Benutzung aus. Überall lagen Hüte und Handschuhe verstreut, hier und dort das eine oder andere Blatt Papier und gelegentlich eine vergessene Schnupftabakdose. Eine fette bunt gescheckte Katze ruhte faul auf ihrem Besitz, einem dicken Fußkissen, neben zwei toten Troddeln vor dem Kamin. In einer Ecke stand unübersehbar ein Flügel, der sauber abgestaubt war und auf dem ein paar Notenblätter lagen. Eindeutig wurde er regelmäßiger benutzt als der, der im Empfangszimmer der Loontwills stand.
    »Es ist unerwartet einladend«, antwortete Miss Tarabotti.
    Lord Akeldama lachte. »So spricht jemand, der das Westminster-Haus besucht hat.«
    »Es ist auch sehr … äh, rokokohaft«, meinte sie, weil sie ihm gegenüber nicht eingestehen wollte, dass sie die Einrichtung sehr altmodisch fand.
    Begeistert klatschte Lord Akeldama in die Hände. »Das ist es, nicht wahr? Ich fürchte , ich habe diese spezielle Ära nie ganz hinter mir gelassen. Es war solch eine herrliche Zeit, als Männer endlich und wahrhaftig glitzernde Dinge tragen durften und man Samt und Spitze überall sah.«
    Vor der Tür des Salons erhob sich ein leiser Tumult, versiegte zunächst und brach dann in lautes Gelächter aus.
    Lord Akeldama lächelte voller Zuneigung. Seine Fangzähne zeigten sich deutlich im hellen Licht. »Das sind meine kleinen Drohnen-Schätzchen!« Er schüttelte den Kopf. »Ach, wenn man noch einmal jung sein könnte.«
    Doch sie blieben von dem, was auch immer auf dem Flur vor sich ging, unbehelligt. Offensichtlich bedeutete eine geschlossene Tür in Lord Akeldamas Haushalt ein wohlrespektiertes »Draußen bleiben«. Allerdings stellte Alexia bald fest, dass ein Tumult im Flur Dauerzustand im Domizil ihres Vampirfreunds war.
    Miss Tarabotti stellte sich vor, dass es so in einem Gentlemen’s Club sein musste. Sie wusste, dass es unter Lord Akeldamas Drohnen keine Frauen gab. Selbst wenn sich sein Geschmack in diese Richtung erstrecken würde, könnte

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