Gluehende Dunkelheit
unangebrachten Augenblick zu stellen.
Auf der anderen Straßenseite, außerhalb der Lichtkegel, die die flackernden Gaslaternen warfen, materialisierten zwei Männer. Sie zogen kurz vor Lord Akeldama den Hut, der nur verächtlich schnaubte. Dann verblassten sie und waren verschwunden.
Lord Akeldama nahm Miss Tarabottis Hand, hakte sie liebevoll bei sich unter und führte sie in sein prächtiges Haus.
»Komm mit, mein teuerstes Mädchen.« Der Schimmer in seinen Augen war verschwunden, und er war wieder ganz sein übliches, lässig-elegantes Selbst.
Er schüttelte den Kopf, als sein Butler die Eingangstür hinter ihnen schloss. »Kaum besser als Drohnen, diese Jungspunde. Man kann ihnen nicht einmal nachsagen, eigenständig zu denken! Als Erstes gehorchen sie der Königin, dann BUR. Sie verbringen ihre besten Jahre damit, einen Befehl nach dem anderen zu befolgen wie Möchtegern-Soldaten. Aber es ist ein unkompliziertes Leben für die intellektuell einfach Gestrickten.« Sein Tonfall war gehässig, doch Miss Tarabotti glaubte, darin eine unterschwellige Spur von Bedauern herauszuhören. Er hatte einen abwesenden Ausdruck in den Augen, als blicke er in eine längst vergessene und weitaus einfachere Zeit zurück.
»War das der Grund, warum Sie ein Schwärmer wurden?«, fragte Miss Tarabotti. »Zu viele Befehle?«
»Was meintest du, meine kleine Gewürzgurke ?« Lord Akeldama schüttelte sich und blinzelte, als würde er gerade aus einem langen Schlaf erwachen. »Befehle? Nein, der Bruch hatte Umstände zur Ursache, die weitaus verstrickter waren. Alles begann, als goldene Schnallen wieder in Mode kamen, führte weiter zu bitterer Gehässigkeit über die Frage kurzer oder langer Gamaschen, und von da an ging es steil bergab. Ich glaube, entscheidend war, als gewisse Personen, deren Namen nicht genannt werden sollen, etwas an meiner fuchsiafarben gestreiften Seidenweste auszusetzen hatten. Ich liebte diese Weste. Also stellte ich mich auf die Hinterbeine und vertrat meine Meinung, das kannst du mir glauben!« Um seine tief verletzten Gefühle zu unterstreichen, stampfte er fest mit einem silber- und perlenverzierten hohen Absatz auf. » Niemand schreibt mir vor, was ich zu tragen habe und was nicht!« Zur Betonung schnappte er sich einen Spitzenfächer von seinem Platz auf einem Tischchen im Foyer und fächelte sich damit energisch Luft zu.
Es war eindeutig, dass er die Unterhaltung vom Thema ablenken wollte, doch Miss Tarabotti machte das nichts aus. Sie antwortete auf seine Erregung mit einem unverbindlichen Murmeln des Mitgefühls.
»Verzeih mir, mein flaumiger kleiner Kakadu «, sagte er und tat so, als würde er seine übermäßig emotionale Gemütsverfassung bezähmen. » Bitte schenke meinem Gerede keine Beachtung. Das ist nur das Gefasel eines Verrückten. Es ist nur so lästig, zwei Vampire, die nicht von meiner Blutlinie sind, in der Nähe meines Heims zu haben, verstehst du? Es ist ein wenig so, als würden einem unablässig unangenehme Schauer über den Rücken laufen. Irgendwie fühlt es sich so an, als wäre etwas mit dem Universum nicht in Ordnung, wenn in das eigene Revier eingedrungen wird. Ich kann es zwar ertragen, aber es gefällt mir nicht. Es macht mich ganz gereizt und kribbelig .«
Lord Akeldama legte den Fächer weg. Ein gut aussehender junger Mann erschien an seiner Seite und bot ihm fürsorglich ein kühlendes Tuch, das kunstvoll auf einem silbernen Tablett drapiert war. Lord Akeldama betupfte sich damit geziert die Stirn. »Oh, danke schön , Biffy. So aufmerksam von dir.«
Biffy zwinkerte und hüpfte wieder von dannen. Trotz all seiner Anmut stellte er beeindruckende Muskeln zur Schau. Ein Akrobat?, fragte sich Alexia.
Lord Akeldama sah dem jungen Mann anerkennend hinterher. »Natürlich sollte ich ja keine Favoriten haben, aber …« Mit einem Seufzen wandte er sich wieder Miss Tarabotti zu. »Aber nun zu wichtigeren Gesprächsthemen! Wie zum Beispiel deiner entzückenden Person. Welchem Umstand habe ich das einzigartige Vergnügen deiner Gesellschaft heute Abend zu verdanken?«
Miss Tarabotti gab ihm keine direkte Antwort. Stattdessen sah sie sich in seinem Haus um. Sie war nie zuvor im Innern gewesen, und sie war überwältigt. Alles war von allerhöchstem Stil, wenn auch vom Stil von vor ungefähr hundert Jahren. Lord Akeldama besaß echten, beachtlichen Reichtum und hatte keine Angst davor, ihn offen zur Schau zu stellen. Nichts in seinem Heim war von minderer Qualität oder
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