Glühende Lust
denn seine Fessel erinnerte ihn beständig daran, dass zwischen dem Gestern und dem Heute seinem Gefühl nach die Zeitspanne eines ganzen Jahres lag. Dennoch entspannte er sich allmählich unter den Berührungen, und seine Schultern fühlten sich weniger steif an.
Sie verrieb das Öl hinter seinen Ohren, an seinem Hals, massierte es in seine Arme und sehr vorsichtig in den geschwollenen Striemen, den Schanheribs Gefolgsmann auf seiner Schulter hinterlassen hatte. Ölige Flecken tanzten auf der unruhigen Wasseroberfläche. Unwillkürlich drückte er der Frau seinen Oberkörper entgegen. Sie war geschickt, ohne jede Scheu – wie hatte der Pharao auf ihre Reize reagiert? Hatte er ebenso die Füße auseinandergestellt, damit sie mühelos zwischen seine Beine fassen konnte? War er ebenso zusammengezuckt, als sie an seine Seite geglitten war, um mit den Fingerspitzen durch seine Gesäßspalte zu fahren? Sie neigte sich vor, bis das Wasser ihren Mund umspülte, und rieb die Innenseiten seiner Schenkel. Sein Glied, das längst pochte, ließ sie aus. Zunächst gab sie ihm mit den Händen zu verstehen, dass er nacheinander seine Beine heben solle. Er tat es, und sie schob ihre Finger zwischen seine Zehen.
Endlich griff sie dorthin, wo er es am meisten ersehnte. Dankbar aufseufzend schloss er die Augen, jedoch reizte sie ihn nur mit wenigen zarten Bewegungen und ließ ihn dann los. Nun stand sein Schwanz prall vor seinem Bauch. Enttäuscht knirschte er mit den Zähnen.
Er hatte nicht vergessen, wo er war. Immer wieder wehten aus den anderen Gebäuden des weitläufigenPalastes unpassende Geräusche herüber: laute Männerstimmen, sogar noch Kampfgeschrei, Fußgetrappel, zerspringende Gegenstände. Nefertem war es gewohnt, dass der Tag im Hause des Vaters von einem beständigen Geräuschpegel begleitet wurde, daher störte er sich nicht daran. Doch als er die Stimme jenes Mannes vernahm, der ihn gefangen genommen hatte, schreckte er auf.
Schanherib durchquerte den Raum mit ausgreifenden Schritten. Man musste nicht zweimal hinsehen, um ihn wiederzuerkennen, auch wenn er nun gewaschen war, sein Bart geölt und gekämmt und sein Haupthaar mit heißen Eisen in lange Locken gelegt. Der Krieger trug einen knöchellangen Wickelrock; die roten Fransen umwanden seine Beine wie eine Spirale. Auf ihre Weise waren auch sie sehr eitel, wenn sie auf solche Dinge Wert legten, dachte Nefertem. Gehalten wurde der dunkle Stoff von einem breiten Ledergürtel, an dem eine mit Gold beschlagene Messerscheide hing. Bis auf den Bronzearmreif mit der Achatsonne war Schanheribs Oberkörper nackt.
Asarhaddon ließ sich in seinem Korbstuhl nieder und legte die Hände auf die Lehnen. Währenddessen beugte Schanherib ein Knie vor ihm. Ein muskulöses Bein schob die Stofffülle des Rockes auseinander.
»Und, war es noch lohnenswert, dass du dich in die Stadt begeben hast?«, fragte Asarhaddon.
»Ja, im Norden wurde noch gekämpft, die Wächter eines Tempels hatten noch Widerstand geleistet. Aber das ist vorbei, das Haus der Neith , wie sie ihn nennen, hat sich ergeben. Memphis ist endgültig besiegt.«
Nefertem ballte vor Enttäuschung die Fäuste im Rücken.
»Ich habe immer bedauert, dass man dich nicht als Heerführer einsetzen kann.« Der Großkönig nahm den Becher und trank. Dann stellte er ihn auf seinem Schenkel ab. Die Finger ruhten auf dem Becherrand. »Weil du es nicht willst. Weil du im Kampf nur an deinen eigenen Schädel und bestenfalls noch an den deiner kleinen Truppe denkst, aber nicht an eine Armee. Kein Leitwolf, sondern ein Löwe, der nur für sich allein wütet. Weil ich das weiß, habe ich dich damit beauftragt, die flüchtige Familie des Tajti einzufangen. Genau genommen nur die zwei Kinder, denn die Mutter, keine geringere als eine Tochter Taharqas, starb laut den Worten Mentuhoteps vor einigen Jahren an einem Sommerfieber. Allzu viel hattest du also nicht zu tun, trotzdem bist du nur mit der Hälfte dessen zurückgekehrt, was du hättest bringen sollen.«
Schanherib erhob sich wieder und blickte in Richtung des Badeteiches. Von diesem Mann in so entwürdigender Lage gesehen zu werden, ließ Nefertems Wangen vor Scham brennen.
»Ich hätte dir wohl deutlicher sagen sollen, dass ich auch die Tochter will«, Asarhaddon stellte den Becher beiseite.
Der Krieger machte ein verkniffenes Gesicht. »Aber ich …«
Asarhaddon schnitt ihm das Wort ab, indem er eine Hand hob. »Habe ich dein kampflustiges Herz wieder einmal
Weitere Kostenlose Bücher