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Glühende Lust

Glühende Lust

Titel: Glühende Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Simon
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unterbricht. Aber ich glaube nicht, dass er sich derart entblößen will, schließlich ist Nefertem nur eine Geisel, deretwegen der Herrscher der Weltgegenden nicht seine Pläne ändert. Natürlich wird er eine Barke schicken, und sie wird schneller als wir sein. Wir können uns nur retten, wenn die Flucht so spät wie möglich bemerkt wird und wir so schnell als möglich Verbündete von Taharqa antreffen, die uns weiterhelfen. Oder sogar seine Soldaten. Keine Ahnung, auf welcher Höhe die sein mögen.« Er wollte sie nicht mit der trübseligen Wahrheit quälen, aber beschönigen wollte er auch nichts. Freudlos lachte er auf. »Wer hätte gedacht, dass ich mir einmal wünsche, Taharqa käme zurück?«
    »Wer weiß …«, er hörte an ihrer Stimme, dass sie lächelte, und sah das Weiß ihrer Zähne. »Vielleicht schicken die Götter wieder einen Verfolger wie dich. Einen, der unaufmerksam ist, wenn du und ich ins Wasser springen. Und der dann nichts weiter tut. Weil sie es so wollen. Daran glaube ich.«
    Er küsste sie. »Ich mag Assur nicht um Beistand bitten, wenn ich mich gegen den König stelle. Aber dass du die Gunst deines Sobek erflehen kannst, ja, das glaube ich auch.«

    Was es hieß, Stunde um Stunde zu reiten, entlang eines der östlichen Seitenarme des Nils, bekam Merit am folgenden Tag zu spüren. Ihr Gesäß brannte, ihre Schenkelmuskeln schmerzten, aber sie klagte nicht.Dass sie je auf einem jener furchterregenden Pferde sitzen würde, hätte sie sich nicht träumen lassen. Sie saß hinter Schanherib und hielt sich an ihm fest; um sie verbreiteten seine drei Männer ein Gefühl der Sicherheit. Wenn alles gutging, würde in der Nacht Nefertem hinter einem der anderen Männer hocken – dieses Mal nicht gezwungen und gefesselt.
    Sie mochte die sumpfige, von Kanälen durchzogene Landschaft, in der die Insekten in der Luft standen, Ibisse ihre länglichen Schnäbel in den Schlick steckten, Fische sprangen und die runden Kronen der Papyrusgräser und Dumpalmen sich im Wind neigten. Hin und wieder erblickte sie auch die wachsamen Augen eines Krokodils dicht über dem Wasser. Dann lächelte sie ihm zu, in der Hoffnung, der Gott bemerke es. Die Biester , wie die Assyrer hinter ihr respektlos die heiligen Tiere nannten, blieben friedlich.
    Wieder und wieder hörte sie hinter sich, wie Mardak sich auf den Leib klatschte. »Bei Assurs Gemächt, sind diese Mücken eine Plage«, fluchte er. »Dich, Herr, scheinen sie ja nicht zu mögen, wie kommt das?«
    »Sie ziehen Feindesblut vor, hat Merit mir erklärt«, erwiderte Schanherib, ohne sich umzuwenden. »Du bist deutlicher als ich als Assyrer erkennbar.«
    Merit kicherte, und Mardak knurrte. »Die Ägypter hätten die letzte Schlacht in die Sümpfe verlegen sollen, dann hätten sie gesiegt. Dort, das breite Sandufer – dort haben wir auf der Herfahrt gerastet, wenn mich nicht alles täuscht.«
    »Das ist die Stelle«, sagte Ursu-Gila. Auch Hardu bestätigte es.
    Schanherib nickte. »Weit und breit gibt es keine bessere für die nächtliche Rast. Ich denke, es ist wahrscheinlich,dass Asarhaddons Schiffe auch diesmal wieder hier anlegen.«
    Nah am Ufer ragten Akazien aus dem Wasser; ihre zurechtgestutzten Kronen verrieten, dass hier öfter Barken ihre Seile festmachten. Die Männer lenkten die Pferde zu der wie eine breite, flache Zunge ins Wasser ragenden Sandbank, die ein nur wenige Schritte breiter Kanal durchschnitt. In diesen bogen sie ein, um keine Spuren zu hinterlassen. Merit hob den Kopf. Papyrusbüschel neigten sich einander zu und bildeten ein Dach, durch das die Sonnenstrahlen wie Speere stachen. Nach nur wenigen Schritten war vom größeren Flussarm nichts mehr zu sehen.
    Sie brachten die Pferde an eine Stelle, wo die Papyrusgräser nicht gar so dicht standen. Die Männer sprangen ab und banden die Zügel um die dicken Stängel. Schanherib hob Merit von seinem großen Gilzaner. »Geht schon vor und versteckt euch gut«, befahl er, nachdem sie die Pferde versorgt und gestriegelt hatten. Seine Männer schlugen den Weg zurück zur Sandbank ein.
    »Schanherib, sieh nur!« Merits Füße spritzten das Wasser auf, als sie zu dem kleinen Steinwürfel lief, der dicht am Ufer aus dem Kanal ragte. »Ein Schrein des Sobek. Ich wusste gar nicht, dass es einen hier gibt, wie auch? Es ist ein gutes Zeichen, ihn gefunden zu haben.« Sie strich über die verwitterten Kanten. Im Innern stand der steinerne Gott mit dem Krokodilskopf und dünstete den Geruch nach Schlick

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