Glut und Asche
nässenden roten Brandwunde entstellt war.
»Inspektor ... Marcus?« Er warf Frederic einen verwirrten Blick zu, und beinahe gelang es Ihm sogar, sich einzureden, er wüsste nicht, was diese groteske Szene bedeutete.
»Dein Geschenk, Andrej«, sagte Frederic nur noch einmal. »Und sag nur nicht, du hättest nicht genau davon geträumt, In all den Stunden, die hinter dir liegen.«
Es hatte keine Sekunde gegeben in jeder einzelnen Minute der beiden Tage, die hinter Ihm lagen, In der nicht ein Teil In ihm gewesen war, der nichts mehr gewollt hatte als genau das: Marcus wenigstens ein bisschen der unsäglichen Pein zurüc k zuzahlen, die dieser Mann Ihm zugefügt hatte. Und etwas in Ihm wollte es noch Immer.
»Willst du mein Geschenk nicht, Andrej?« Frederic sprach jetzt wieder mit kindlicher Stimme. »Aber es steht dir zu! Nimm ihn! Ich weiß, er hat dir mehr genommen, als er dir j e mals zurückzahlen kann, aber warum nimmst du dir nicht, was er hat? Ich finde, es steht dir zu.«
Und auch damit hatte er recht. Andrej hasste Ihn. Andrej hasste ihn mit jeder Faser seines Herzens. Er wollte Ihn töten. Er wollte nichts mehr, als die Zähne in seinen Hals zu schlagen, sein Fleisch zu zerreißen und sein Blut und damit sein Leben aus Ihm herauszusaugen Stattdessen drehte er sich wieder zu Frederic um und sah ihn übertrieben verständnislos an. »Er hat nichts mit Domenicus zu tun.«
»Nein«, antwortete Frederic und zwinkerte übertrieben. »Das hat er nicht. Würde es denn etwas ändern, wenn es so wäre?«
»Nein«, gestand Andrej. Gleichzeitig fragte er sich, warum er das überhaupt gesagt hatte.
»Dann nimm dir sein Leben«, antwortete Frederic. Seine Augen wurden schmal und ihr Blick so hart wie Diamant. »Es ist egal, wessen Urenkel oder Neffe er ist. Mit dem, was er dir angetan hat, hat er sein Recht auf Leben verwirkt. Nimm es dir Er stirbt so oder so, und du hast seine Kraft bitter nötig.«
Und auch das war die Wahrheit. Frederic mochte diesen Mann belogen haben, ihn Dinge glauben gemacht haben, die ebenso unwahr wie monströs waren, doch den Befehl zu dem zu geben, was Andrej angetan worden war, war letzten Endes Marcus' freie Entscheidung gewesen. Er hatte nie vergessen, was Meruhe ihm vor so langer Zeit anvertraut hatte: Es war i h rer Art ein Leichtes, die Sinne der Menschen zu täuschen und i h nen Dinge und sogar Erinnerungen vorzugaukeln, die niemals existiert hatten, aber eines konnten sie nicht: sie zu etwas zwingen, was sie tief in ihrem Inneren nicht selbst wollten. Marcus hatte ihn foltern lassen, weil er es gewollt hatte, nicht, weil es Frederics Wille gewesen war. Und er brauchte seine Kraft. Meruhes geliehene Stärke war noch immer in ihm, doch sie hatte ihn gewarnt, dass dieses Geschenk nicht ewig vorha l ten würde, und er begann bereits zu spüren, dass diese Worte der Wahrheit entsprachen. Noch fühlte er sich von einer trüg e rischen Stärke erfüllt, aber darunter klaffte schon der schwarze Abgrund, der ihn um ein Haar verschlungen hätte, wären Meruhe und Abu Dun nicht gekommen, um ihn zu retten. Und Marcus war voller Leben. Ein Leben, das er brauchte, wollte er sein eigenes nicht verlieren.
Zum zweiten Mal wandte er sich Marcus zu. Der Inspektor sah ihn an, und Andrej erwartete, Furcht, Zorn oder vielleicht auch nur Trotz in seinen Augen zu lesen, doch sein Blick war leer Andrej wusste nicht einmal, ob er ihn erkannte oder übe r haupt begriff, was mit ihm geschah. Aber hinter der schreckl i chen Leere in seinem Blick war noch etwas, eine düstere Ve r lockung, der er immer weniger widerstehen wollte und damit auch konnte. Marcus war verletzt und fieberte, würde an dieser Verletzung vielleicht sterben (und wenn nicht, dann bei lebe n digem Leibe verbrennen, sobald die Flammen das Dach erreicht hatten), aber noch brannte seine Lebensflamme so ruhig und stark wie zuvor, und es wäre so leicht, ihm diese Flamme zu entreißen, sich an ihrer Wärme zu nähren und ihn einen winz i gen Teil der Schuld zurückzahlen zu lassen, die es zwischen ihnen gab.
»Worauf wartest du?«, fragte Frederic.
Auf nichts mehr Andrejs Hand schloss sich fester um den Griff des rostigen Säbels. Er hob die Waffe, lauschte noch ei n mal in sich hinein und spürte, dass er den Kampf verloren hatte, und das schon vor langer Zeit.
Er schlug so schnell zu, dass die Klinge vor seinen Augen zu einem rotbraunen Blitz verschwamm. Er spürte nicht den g e ringsten Widerstand, als die Klinge traf und Ihren Weg
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