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Glutroter Mond

Glutroter Mond

Titel: Glutroter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Narcia Kensing
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ich ein Versager, könnte sich am Ende doch noch in etwas Positives wandeln. Ich habe diesen Neal von der ersten Sekunde an nicht leiden können. Es wird mir eine Freude sein, ihn zuerst umzubringen. Dafür nehme ich auch gerne in Kauf, dass die anderen Acrai ausrasten, weil ich Nahrung vernichtet habe. Besorge ich in den nächsten Tagen eben neue Menschen. Das ist mir der Spaß wert.
    Ich lasse den Motor wieder an und tatsächlich nimmt Holly die Hände herunter. Die Platine liegt in ihrem Schoß. Ich könnte sie ihr ohne Probleme entreißen, tue es aber nicht. Soll sie doch glauben, ihren Willen bekommen zu haben. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee, ihren nervigen Freund dazu zu holen. Oder ist das nur eine weitere willkommene Verzögerung meinerseits, weil ich sie eigentlich gar nicht töten
will
? Papperlapapp.
    Wir fahren schweigend zurück zum Quartier. Ich schließe Holly im Auto ein und mache mich auf den Weg, um ihren Freund aus seiner Zelle zu holen. Auf der Treppe kommt mir Vince entgegen. Ich versuche, mir meinen Ärger darüber nicht anmerken zu lassen. Ausgerechnet jetzt! Sicherlich hat Layton bereits herumerzählt, dass ich losgezogen bin, um Holly zu beseitigen. Wenn Vince an dem SUV in der Garage vorbeigeht, könnte er Holly auf dem Beifahrersitz sehen. Wie peinlich!
    »Hey, Cade. Da bist du ja wieder. Alles glatt gelaufen? Habe gehört, die Kleine hat sich nicht als Spenderin benutzen lassen. Ausgerechnet! Einer von Tausend ist ungeeignet, und du erwischst ausgerechnet sie.«
    Wir bleiben in der Mitte der Treppe auf gleicher Höhe stehen. Vince ist kleiner und schmaler als ich, sein Gesicht mehr jungenhaft. Wenn man ihm begegnet, würde man nicht glauben, dass er neben Layton der kaltblütigste Acrai ist, den ich je kennengelernt habe. Okay, ich bezeichne mich auch nicht gerade als Wohltäter, aber Vinces sadistische Züge habe ich zumindest nicht. Er ist nie um einen coolen Spruch verlegen und spricht über das Töten wie über das Rauchen einer Zigarette. Einen Menschen auszusaugen gehört für ihn zu seinem natürlichen Recht. Er war neben Layton auch dagegen, dass ich die Maschine erfinde, die uns einen Menschen mehrfach als Spender benutzen lässt. Klar, ich mag es auch lieber direkt aus der Quelle, aber ich habe genug Grips im Kopf, um zu wissen, dass ich mir damit früher oder später mein eigenes Grab schaufle. Seit dem großen Krieg gibt es einfach nicht mehr genug Nahrung für alle.
    »Tja, so läuft es manchmal im Leben. Es war eben Pech«, sage ich. Verdammt, wie halte ich ihn jetzt davon ab, das Quartier zu verlassen?
    »Wie hast du es gemacht?« Seine Augen funkeln neugierig, sein Tonfall ist euphorisch.
    »Was gemacht?«
    »Na, sie getötet! Hoffentlich nicht einfach erschossen mit deiner alten Beretta, oder? Hast du ihr einen Arm ausgerissen? Und ich hoffe doch sehr, dass du dir noch ihre Brüste angesehen hast, bevor du sie weggeworfen hast.«
    Perverser kleiner Bastard. »Ich habe ihr kurz und schmerzlos das Genick gebrochen.«
    Toll. Jetzt habe ich gelogen und mich endgültig in die Scheiße geritten. Wenn er Holly jetzt im Auto sieht, mache ich mich lächerlich. »Wohin willst du?«, frage ich, um vom Thema abzulenken.
    »Der Generator, der den Strom erzeugt, scheint kaputt zu sein. Die meisten Lampen flackern. Diese ständigen Stromschwankungen machen mich irrsinnig. Wir hätten nie auf Solarenergie umstellen dürfen. Der Reaktor war zuverlässiger.«
    »Ja, und wesentlich gefährlicher. Ich habe keine Lust, dass mir die Bude irgendwann um die Ohren fliegt.«
    Vince zuckt die Achseln. »Trotzdem war es besser.«
    »Ich kann gleich nachsehen, was mit dem Generator nicht stimmt, wenn du willst. Von uns beiden habe ich zweifelsfrei mehr Ahnung von Technik.« Das ist ausnahmsweise keine Lüge. Ich hoffe, dass Vince nicht darauf besteht, selbst nachzusehen.
    »Meinetwegen. Ich habe sowieso keine Lust, mich mit dem Mist herumzuschlagen.« Er macht auf dem Absatz kehrt und steigt die Treppe wieder hinab. Erleichterung durchflutet mich. Was habe ich mir mit dieser Lüge nur eingebrockt?
    Ich warte, bis Vinces Schritte auf dem Korridor verhallt sind, ehe ich weitergehe. Ich vergewissere mich kurz, dass niemand in der Nähe ist, ehe ich die Tür zu Neals Zelle öffne. Er blinzelt mich an. Er sitzt in völliger Dunkelheit gegen eine Wand gelehnt. Sein Blick ist so hasserfüllt, dass es jedem Acrai zur Ehre gereicht hätte. Er spuckt in meine Richtung,

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