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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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ins kalte, tosende Wasser. Und noch während alle wie erstarrt dastanden, einer vom anderen durch die Dunkelheit und das Rauschen isoliert, war Jones mit einem einzigen Satz am Wasser und sprang hinein.
    Die Kälte traf ihn wie ein Vorschlaghammer, und sein ganzer Körper erstarrte kurz vor Schreck. Das Wasser umtoste ihn und spülte ihn an die Oberfläche, wo er prustete und Luft holte, bevor er wieder abtauchte. Er hörte ihre Schreie. Er versuchte zu schwimmen, aber die Strömung riss ihn mit und warf ihn gegen die Felsen. Nie hätte er gedacht, dass der Bach dermaßen anschwellen und ihn überwältigen würde. Manche Mächte sind stärker als Ihr Wille. Hatte Eloise das nicht gesagt? Er konnte es kaum glauben, selbst jetzt nicht, als es sich bewahrheitete.
    Und dann wurde es still. Das Mädchen schrie nicht mehr, die Strömung wurde langsamer. Jones konnte immer noch Stimmen am Ufer hören. Er tauchte. Zunächst nahm er weiter nichts wahr als die betäubende Kälte. Dann sah er sie vor sich im Wasser treiben; eigentlich sah er nur etwas, das noch dunkler war als das dunkle Wasser. Er nahm all seine Kräfte zusammen, um zu ihr zu gelangen, um schneller zu sein als die Strömung, die an ihr zerrte.
    Schließlich schaffte er es, ihren Arm zu schnappen, der unglaublich kalt und dünn war. Ihre Hand war so klein. Jones zog daran und versuchte, sie mit nach oben zu ziehen, aber etwas hielt sie zurück. Er hangelte sich an ihrem Bein abwärts und stellte fest, dass ihr Fuß zwischen zwei Findlingen eingeklemmt war. Er zerrte an ihrem Unterschenkel. Seine Lungen brannten. Als ihm klar wurde, dass er sie so nicht befreien konnte, machte er sich daran, die Schnürsenkel ihres schweren Lederstiefels zu lösen. Hier unten konnte er nichts mehr erkennen, konnte nur noch tasten. Am liebsten wäre er an die Oberfläche gestiegen, um Luft zu schöpfen, aber in dem Fall würde die Strömung ihn davontragen, und er würde sie im dunklen Wasser niemals wiederfinden.
    Als er den Schnürsenkel endlich geöffnet hatte, rutschte ihr Fuß aus dem Stiefel. Im selben Augenblick blitzte ein Licht auf. Es war, als stiege sie auf, als würde sie von unsichtbaren Händen davongetragen. Lag es an der Strömung? Und woher kam dieses Licht?
    Er ließ sie los, weil er keine Kraft mehr hatte. Auf einmal war er hundemüde und seine Haut empfindungslos vor Kälte. Das Einfachste wäre, sich nicht mehr zu bewegen. Einmal hatte er gelesen, zu ertrinken sei eine friedliche Todesart; er hatte es kaum glauben können. Woher sollte man das überhaupt wissen? Aber als die Dunkelheit ihn einschloss wie eine weiche, kalte Decke, wusste er, es war die Wahrheit.

VIERUNDDREISSIG
    D as Licht holte ihn zurück. Es war kein weicher, himmlischer Schimmer, der den Weg in ein verheißungsvolles Jenseits wies, sondern grellweißes Flutlicht. Jemand drückte rücksichtslos auf seinem Brustkorb herum und blies ihm Luft in den Hals. Jones würgte Wasser und Galle heraus und tat einen röchelnden Atemzug, der ihm in die Lunge schnitt wie eine Rasierklinge. Als er die Augen aufschlug, erblickte er nicht Gott, sondern das verzweifelt-entschlossene Gesicht von Chuck Ferrigno. Hinter Chuck beugte sich Eloise Montgomery vor; sie hielt eine riesige Polizeilampe in der Hand. Ihre Miene war vollkommen friedlich, so als sei ihr das Ende des Ganzen ohnehin klar gewesen. Oder vielleicht war es ihr egal? Schwer zu beurteilen.
    »Jones«, stöhnte Chuck und ließ sich auf die Knie zurücksinken, »verdammt! Du bist zu alt, um einfach so in den Fluss zu springen.«
    Jones war nur kalt.
    »Wo ist das Mädchen?«
    »In Sicherheit«, sagte Chuck. »Sie ist hier.«
    Die drei Jugendlichen saßen in eine Decke gehüllt unter einem Baum. Willow Graves war klatschnass. Sie saß an das andere Mädchen gelehnt, das sie fest umarmt hielt. Cole Carr saß wie betäubt daneben. Sein Blick war leer. Jetzt nieselte es nur noch.
    »Du hast uns rausgezogen?«
    Chuck war ebenfalls durchweicht und zitterte am ganzen Leib. »Hättest wohl nicht gedacht, dass ich das schaffe, was? Henry und der Junge haben mir geholfen, sie haben mich festgehalten. Ich habe erst das Mädchen rausgeholt und dann dich.«
    »Wie habt ihr uns gefunden?«, fragte Jones, obwohl er die Antwort ahnte. Chuck warf Eloise einen Blick zu.
    »Eloise hat mich aus dem Bett geklingelt. Sie hat gesagt, ihr würdet in Schwierigkeiten stecken.«
    »Und du hast ihr geglaubt?« Jones konnte nicht anders, als sich zu ärgern. Wie konnte ein

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