Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)
Kreditgesellschaft, der sie für mich überwacht«, erklärte Jones. Er diktierte Chuck die Telefonnummer.
»Ich kenne Jack«, sagte Chuck. »Wir werden sie finden.«
»Beeilt euch«, sagte Jones. Er schaute sich um, suchte nach Henry und Bethany. Sie waren nirgends zu sehen. Wo blieben sie nur?
»Wie bist du da bloß hineingeraten, Jones?«, fragte Chuck, das Handy schon am Ohr. »Ich dachte, du hättest dich zur Ruhe gesetzt?«
Jones kam nicht mehr dazu, zu antworten, weil Chuck Kellerman erreicht und sich umgedreht hatte. Jones hörte, wie er sich nach Paulas Konto erkundigte. »Jones Cooper hat mir erzählt, dass Sie mit ihm zusammenarbeiten?«
Eloise kam auf Jones zu.
»Das gefällt Ihnen«, stellte sie fest, »das alles. Heute, wo Sie fast ertrunken sind, wirken Sie glücklicher als bei unserer ersten Begegnung.«
Er hätte ihr widersprochen, aber wozu?
»Offenbar folgen wir alle einer Berufung, und diese ist nun einmal meine.«
»Ich weiß, wovon Sie sprechen.«
Er betrachtete sie. In dem übergroßen Regenmantel sah sie aus wie ein Kind. Ihr Haar war nass und strähnig. Unter ihren Augen sah er tiefe, dunkle Falten, aber zum ersten Mal nahm er ein Schimmern ihrer Haut wahr, eine seltsame Jugendlichkeit. Es war, als leuchte sie innerlich. Jones erinnerte sich an die Fotos, die sie als junge, glückliche Frau zeigten. Eigentlich war sie immer noch hübsch. Er hatte sie gegoogelt und erfahren, dass sie bei einem schweren Autounfall Mann und Kind verloren hatte und selbst fast gestorben wäre. Er wusste, dass Menschen aus aller Welt ihre Hilfe erbaten, weil sie nach dem Crash über das zweite Gesicht verfügte. Er mochte es sich kaum eingestehen, aber sie hatte seinen Respekt.
»Wussten Sie«, sagte Eloise und hob den Blick zum aufklarenden Nachthimmel, »dass der Sauerstoff in unserer Lunge, der Kohlenstoff in unseren Muskeln, das Kalzium in unseren Knochen und das Eisen in unserem Blut im Innern eines Sterns entstanden sind, lange bevor es die Erde überhaupt gab?«
Er folgte ihrem Blick.
»Eloise, wissen Sie vielleicht, wo Paula ist?« Er hasste sich für diese Frage, aber noch mehr hätte er sich dafür gehasst, wenn er sie nicht gestellt hätte. Eloise antwortete nicht sofort. Sie schaute zum Mond hinauf, vor dem ein Wolkenschleier dahinzog.
Trotz des unebenen Bodens lief Henry schnell. Sobald sie Jones und Willow aus dem Wasser gezogen hatten, war Henry losgelaufen, um Bethany zu holen und Maggie zu informieren. Auf halber Strecke war er gestolpert und hatte sich an einem Felsen das Knie verletzt.
Als er wieder aufrecht stand, hatte ihm Michael Holt den Weg versperrt. Henry brauchte einen Moment, bevor er begriff. Jolie hatte sie vor Michael gewarnt. Angeblich habe er sie von der Ausgrabungsstelle verjagt. Aber Henry hatte gedacht, er hätte inzwischen die Flucht ergriffen, immerhin war klar, dass hier demnächst viele Polizisten eintreffen würden. In der Dunkelheit hatte der Kerl wie ein Riese ausgesehen. Henry war zurückgewichen.
»Ich kenne Sie«, sagte Michael. Henry hörte ihn schwer atmen.
»Ja«, sagte Henry, »wir kennen uns.«
»Sie waren dabei, als meine Mutter starb.«
»Ja«, sagte Henry und hob beide Hände. »Aber Ihre Mutter hat die Wahrheit gesagt. Wir waren nur Freunde.«
»Sie haben sie umarmt.«
»Ich habe sie getröstet «, verteidigte sich Henry, »Ihre Mutter war … unglücklich. Es tut mir leid.«
»Warum?«, fragte Michael. Er klang ratlos, wie ein Kind. »Warum war sie unglücklich?«
Am liebsten hätte Henry alles verharmlost und Michael geschont. Aber womöglich wäre das ein Fehler. Michael Holt wollte die Wahrheit hören, er hatte sein Leben lang danach gesucht. Und an diesem Umstand fühlte sich Henry nicht ganz unschuldig.
»Ich glaube, sie hat mehr vom Leben erwartet«, erklärte er. Er klang, als rede er mit einem schwierigen Schüler. Streng, aber freundlich, tröstlich, aber nicht nachgiebig.
»Wir waren ihr nicht so wichtig?«
Henry zwang sich, einmal durchzuatmen, bevor er antwortete.
»Sie hat Sie und Ihre Schwester über alles geliebt«, sagte er, »aber manchmal erwarten die Leute noch andere Dinge vom Leben, die sie nicht bekommen. Die meisten finden sich damit ab, andere nicht.«
Da entdeckte Henry Bethany. Sie hatte sich Michael von hinten genähert und war nun stehen geblieben.
»Sie hat Sie und Cara nicht verlassen«, fuhr Henry fort. »Sie wurde Ihnen genommen . So viel steht inzwischen fest. Sie ist nicht
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