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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Natürlich! Vielleicht sogar, ohne es zu merken! Aber niemand in der Klasse sah das wie Willow.
    »Es war ein Unfall«, sagte die hübsche, kecke Jenna. Sie klang beinahe verzweifelt: »Etwas anderes ist nicht vorstellbar. Niemals. Sie waren Freunde. Freunde verletzen einander nicht. Freunde lügen nie.«
    Willow spürte Mr. Vance’ Blick, er wartete darauf, dass sie sich einschalten, ihre Sicht der Dinge darlegen würde. Aber Willow sagte kein Wort. Sie wusste sehr gut, warum Menschen Böses tun, warum sie lügen. Sie wusste alles über den dunklen Abgrund, über die Gewitterwolke, die über einem schwebte. Und wenn der Sturm losbrach, war man zu allem fähig.
    Erst als der Tag schon fast vorüber war und sie die Suche aufgegeben hatte, stand Cole plötzlich neben ihrem Spind.
    »Hey«, sagte er. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, und sein T-Shirt war zerknittert.
    »Hey«, sagte sie und spürte ihr Herz hüpfen. »Was geht ab?«
    »Ich habe mich gefragt, ob du nach Hause gebracht werden willst?« Er lehnte sich an den Nachbarspind und ließ Willow nicht aus den Augen.
    Oh, ja!! Ich würde mich liebend, liebend gern von dir nach Hause fahren lassen!!!
    » Geht nicht.« Sie wandte den Blick ab. Hinter ihrem Rücken schob sich ein Strom aus kreischenden, lachenden, albernen Kindern vorüber. Die unterdrückte Energie wurde freigesetzt und brachte die Luft zum Knistern. »Ich habe Hausarrest. Meine Mom würde mich umbringen.«
    Cole starrte auf seine Schuhe.
    »Ich verstehe.« Dass er sie, anders als Jolie, nicht bedrängte, gefiel ihr.
    »Wenn du Lust hast, kannst du mich später besuchen.« Es war ihr einfach so rausgerutscht. Wie dumm, wie platt! Was sollten sie tun, mit Barbiepuppen spielen? »Ich meine, wenn du willst, und wahrscheinlich willst du ja gar nicht …«
    Als sie sich endlich traute, ihm ins Gesicht zu blicken, sah sie sein Lächeln. Lachte er sie aus?
    »Wäre das denn okay?«, fragte er. »Würde deine Mom das wirklich erlauben?«
    »Klar«, antwortete sie schnell, »sie hat gesagt, ich darf Besuch einladen. Ich darf nur nicht aus dem Haus.« Eigentlich hatte Bethany etwas anderes gesagt. Sie hatte gesagt, sie würden eine Lösung finden, falls Cole anrief.
    »Tut mir leid«, sagte Cole, »dass du solchen Ärger bekommen hast.«
    »Selbst schuld«, sagte Willow, »ich hätte direkt nach Hause fahren sollen.«
    »Meine Mom ist auch so streng«, sagte er, schlang sich die Arme um den Leib und wiegte sich vor und zurück. »Dann komme ich so gegen vier?«
    Willow spürte, wie eine Welle der Glückseligkeit sie durchflutete. Beschämt spürte sie, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Wurde sie etwa rot? Bitte nicht.
    »Weißt du, wo ich wohne?«, fragte sie und drehte sich zum Spind um, um ihr Gesicht zu verbergen.
    »Jolie hat es mir erklärt«, sagte er.
    »Oh«, sagte Willow und schloss den Spind ab. »Wo steckt sie eigentlich?«
    »Keine Ahnung.«
    Und dann war er verschwunden, untergegangen in der Schülerhorde, die zum Ausgang zum Busparkplatz strömte. Kurz darauf war auch Willow auf dem Weg hinaus. Sie schwebte, glitt dahin, tänzelte. Sie würde sterben , wenn ihre Mom ihm den Besuch verbot.

ZWEIUNDZWANZIG
    D ie Groves waren keine Landeier. Bill Grove war Bauunternehmer und besaß eine gutgehende Firma, die die neuen Villen für die Städter baute. Seinem Wohnhaus hingegen, in dem schon seine Eltern und Großeltern gelebt hatten, sah man davon nichts an. Er hatte an- und ausgebaut und auf dem Grundstück verschiedene Nebengebäude errichtet – ein Büro, ein Haus für seinen Sohn und dessen Familie. Aber als Jones in die langgezogene Einfahrt abbog, sah das Anwesen in seinen Augen ebenso heruntergekommen aus wie damals, als er noch ein Kind war.
    Sobald er den Motor ausgestellt hatte, sah er Bill aus der Haustür treten. Heute gab Bill sich jovial und gastfreundlich. Er trug ein gebügeltes Jeanshemd, Khakihosen und schwere Arbeitsstiefel. Sein Bauch stand so weit vor, dass es aussah, als verstecke er einen Medizinball unter seiner Kleidung. Wie kein anderer verkörperte er den Typ des gemütlichen Mittelständlers. Dabei hatte Jones ihn schon unzählige Male anders erlebt. Jones hatte einen angetrunkenen, vor Wut rot angelaufenen Bill aus einer Schlägerei in der Old Mill Bar gezerrt, er hatte ihn weinend zusammenbrechen sehen, als man ihm die Nachricht überbrachte, sein jüngster Sohn sei im Wald in einen Brunnenschacht gestürzt und vermutlich tot. Jones hatte sich vom vor lauter

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