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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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für eine Zeit war das damals? Eine Zeit wie jetzt, und wenn sie einmal tot waren, würde alles immer noch wie jetzt sein: die Bäume, der Himmel, die Erde, die Eicheln, Sonne und Wind, alle blieben, wie sie waren, während nur er und sie sich veränderten, mit zu Staub zerfallenden Herzen.
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DREIUNDZWANZIG
    E loise konnte sich nicht daran erinnern, dass Marla Holt geraucht hätte. Und doch saß sie da, in blauen Bermudas und einem frischen, weißen Hemd und rauchte. Sie streckte sich in dem Sessel am Kamin aus, den Eloise seit Jahren nicht mehr benutzte, und ließ die Beine über die Sessellehne baumeln, als sei sie hier zu Hause.
    »Das stört dich hoffentlich nicht?«, fragte Marla und hielt mit zwei schlanken Fingern die Zigarette in die Höhe.
    »Nein, ganz und gar nicht«, sagte Eloise. Gegen solche Besucher war jeder Widerstand zwecklos. Am besten, man spielte einfach mit. Eben noch hatte sie mit dem Staubsauger hantiert, nun redete sie mit Marla Holt. So war das Leben.
    »Kann ich dir helfen?«, fragte Eloise und setzte sich aufs Sofa.
    »Du warst immer so nett«, sagte Marla und lächelte ihr warmes Lächeln, an das Eloise sich zu gut erinnern konnte. So ein Lächeln, offen und ehrlich, ist eine Seltenheit. »Besonders zu den Kindern. Ich danke dir dafür.«
    »Es war mir ein Vergnügen«, entgegnete Eloise. »Sie waren entzückend. Wie ich höre, hat Cara inzwischen selber zwei Mädchen, Zwillinge?«
    Marla wirkte abwesend.
    »Ja.«
    Daran hatte Eloise gemerkt, dass diese Begegnungen eigentlich nicht übersinnlicher Natur waren. Eloise war überzeugt, nicht mit einem Geist im herkömmlichen Sinne zu sprechen. Marla war ein Hologramm, ein Faksimile, das Eloises Verstand erschuf, um bestimmte Energien sichtbar und begreiflich zu machen. Eloise war sicher, würde sie mit einem echten Geist – mit anderen Worten, mit Marlas körperloser Seele – kommunizieren, hätte Marla sich interessierter gezeigt, was ihre Enkelinnen betraf. Es war eine Nachricht, eine Übertragung, die heute die Gestalt von Marla Holt annahm. Woher und von wem die Nachricht stammte, konnte Eloise nicht sagen.
    »Was ist passiert, meine Liebe?«, fragte sie, »wo bist du hingegangen?«
    Manchmal war es so einfach. Manchmal erzählten sie es einfach. Natürlich sagten sie nicht immer die Wahrheit. Manchmal verpackten sie sie in einem Rätsel. Eloises Job war sehr verwirrend.
    Marla zog an ihrer Zigarette und schlug die Beine übereinander. Ihr langes, glänzendes Haar fiel ihr in Wellen über die Schultern. Ihr Körper war ebenso üppig, runde Hüften, runde Brüste.
    »Wenn man jung ist, denkt man nur ans Heiraten, verstehst du? Das weiße Kleid, die Blumen, die Flitterwochen … man hat keine Vorstellung von der Ehe, von der Zeit danach.« Sie starrte an die Decke. »Bereust du es manchmal, Eloise?«
    Marla spielte auf Eloises letzte Unterhaltung mit Ray an. Auch daran merkte Eloise, dass die Marla im Wohnzimmersessel kein Geist war. Es gab immer subtile Verweise auf die aktuellen Vorgänge in Eloises Leben.
    »An manchen Tagen habe ich das Gefühl, als würde ich es bedauern«, antwortete Eloise.
    »Dann weißt du, wovon ich rede.« Marla warf die Zigarettenkippe in den Kamin. Ein dünner Rauchkringel stieg an die Zimmerdecke. Natürlich roch es nicht nach Tabak.
    »Ich war unglücklich«, erklärte Marla, »und deswegen habe ich Fehler gemacht.«
    »Du hattest eine Affäre?«
    »Es gab Tändeleien. Von Affären würde ich nicht sprechen. Flirts?« Sie kniff die blutroten Lippen zu einem dünnen Strich zusammen.
    »Er wusste, dass ich gern flirte«, fuhr sie fort, »und am Anfang hat es ihm gefallen. Er war immer so still und zurückhaltend. Bei mir konnte er sich das erlauben. Ich habe das mit meiner Art mehr als ausgeglichen. Er hat mir Halt gegeben, durch ihn stand ich mit beiden Beinen fest auf der Erde.«
    »Ich verstehe.« Eloise hatte gelernt, dass es am besten war, den Besuchern ihre Zustimmung zu signalisieren.
    »Aber ist es nicht seltsam, dass wir das, was wir am anderen zunächst am meisten lieben, später verabscheuen? Ich war exzentrisch. Er war mein Fels in der Brandung. Ich wollte Geld ausgeben, er wollte sparen. Wir waren so verschieden! Am Anfang war es okay. Aber dann kehrte es sich plötzlich gegen uns.«
    »Was ist passiert? Hat er dich

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