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Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Gnade deiner Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Glück laut heulenden Bill fast zu Tode quetschen lassen, nachdem er den Jungen, der abgesehen von einem gebrochenen Bein wohlauf war, aus dem Erdloch gerettet hatte.
    »Wie geht es, Cooper? Schön, dich zu sehen.«
    »Alles bestens, Mann«, antwortete Jones, »was macht dein Junge?«
    »Ich halte ihn an der kurzen Leine – so gut ich kann«, sagte Bill und brach in dröhnendes Gelächter aus.
    »Das hört man gern.«
    Sie gaben sich die Hand, tauschten die üblichen Floskeln aus und stellten die üblichen Fragen, erkundigten sich nach ihren Familien, der Arbeit, den Plänen für die kommenden Feiertage. Wie erging es Ricky an der Georgetown? Trug er immer noch diesen verrückten Nasenring? Was war mit der Jugend von heute nur los? Die reinsten Aliens, nicht wahr?
    Dann kamen sie zum Geschäft.
    »Was führt dich her, Jones?«
    Jones schaute sich auf dem Grundstück um. Früher hatten hier verrostete Autowracks, kaputte Haushaltsgeräte, eine windschiefe, rostige Schaukel herumgestanden. Die reinste Müllkippe. Heute standen hier drei schneeweiße Pick-ups der Marke Dodge ordentlich nebeneinandergeparkt. Auf den Seitentüren prangte das adrette Firmenlogo: BAUUNTERNEHMEN GROVE UND SÖHNE . Daneben funkelte Bills neuer, schwarzer Mercedes in der Sonne. Jones wusste, dass dieses Modell über einhunderttausend Dollar kostete. Er fühlte keinen Neid; er stellte es einfach nur fest. Wenn man etwas über einen Menschen erfahren wollte, war jedes Detail von Bedeutung.
    »Kannst du dich an Marla Holt erinnern?«, fragte Jones.
    Bill kniff die Augen zusammen.
    »Ja, ich glaube schon. Die junge Frau, die vor einer halben Ewigkeit ihre Familie hat sitzen lassen? Mack Holt ist erst vor Kurzem gestorben, richtig?«
    Die Sonne stand hoch am Himmel. Jones schirmte mit einer Hand die Augen ab und erzählte, wie er den jungen Holt beim Graben auf der Kapellenlichtung erwischt hatte und dass der Mann ihm von einer Legende berichtet habe.
    Bill runzelte die Stirn.
    »Ich bitte dich im Namen der Polizei von The Hollows um die Erlaubnis, an der Stelle zu graben, wo Holt gegraben hat. Wir wollen wissen, was da im Wald verscharrt liegt.«
    Bill rieb sich übers Gesicht. Als er die Hand wieder herunternahm, runzelte er immer noch die Stirn.
    »Du weißt, dass ich mit deinem Kollegen aus New York nichts anfangen kann?«, sagte er.
    Chuck hatte das Anwesen der Groves als Schrottplatz bezeichnet, was Bill zu Ohren gekommen war. Er war darüber nicht amüsiert gewesen.
    »Chuck ist schon in Ordnung. Er ist ein guter Polizist.«
    »So was gibt es in meinen Augen nicht.« Bill räusperte sich. »Anwesende sind natürlich ausgenommen.«
    »Natürlich«, sagte Jones lächelnd. »Außerdem bin ich kein Polizist mehr.«
    Bill seufzte.
    »Ehrlich gesagt«, sagte Jones, »kann ich ihn nicht davon abhalten, sich einen richterlichen Beschluss zu besorgen und trotzdem zu graben. Ich wollte mich aber respektvoll zeigen und dich offiziell um Erlaubnis bitten. Es würde mir viel bedeuten, weil ich zum ersten Mal beratend für die Abteilung tätig bin. Wenn du zustimmst, fällt das positiv auf mich zurück.«
    Jones war überzeugt, dass der Mann ihn abweisen und wegschicken würde. Aber Menschen sind immer für eine Überraschung gut.
    »Wie könnte ich dir was abschlagen?«, sagte Bill schließlich. »Nach allem, was du für meinen Jungen getan hast. Aber sag ihnen, sie sollen sich zusammenreißen und auf die Natur Rücksicht nehmen.«
    Noch während er aus der Einfahrt zurücksetzte, rief Jones bei Chuck an und bat ihn, kein großes Aufheben zu machen und nur wenige Männer loszuschicken. Die Leute sollten aufpassen, wo sie hintraten, und die Landbesitzer, denen sie möglicherweise begegneten, respektvoll behandeln. Chuck willigte ein, klang aber wenig begeistert. Er war ein Großstadt-Cop und konnte mit Jones’ Forderung nach Fingerspitzengefühl nur wenig anfangen. Jones erledigte einen zweiten Anruf. Er meldete sich bei Dr. Dahls Praxis und vereinbarte einen Termin für den nächsten Nachmittag.
    Er hatte das Grundstück noch nicht verlassen, als der Regen einsetzte. Eigentlich war es nur ein Nieseln; einige wenige Tropfen hingen glitzernd an der Windschutzscheibe. Jones verzichtete sogar darauf, die Scheibenwischer einzuschalten. Zwischen den tief hängenden, dunklen Wolken konnte man immer noch den blauen Himmel erkennen. Die Sonne war verschwunden. Sie würden sich mit der Ausgrabung beeilen müssen.

Z WEITER TEIL
    Glaube
    Vor der Geburt; ja, was

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