Gnade
dich!«, sagte Theo. »Und fang bitte ganz von vorn an.«
»Der Bote, der mich im Stadion angesprochen hat … ich habe dir gesagt, dass er mir bekannt vorkam, und ich dachte, ich wäre ihm schon mal im Krankenhaus begegnet, aber das stimmt nicht. Er war auf Catherines Beerdigung! Er hat mit John gesprochen und wich die ganze Zeit nicht von seiner Seite.«
Jake bekam nichts von dieser Unterhaltung mit. Er dachte ebenfalls über Catherines unerwartete Großzügigkeit nach und glaubte, dass sich Ellie bestimmt gefreut hätte, weil ihre Nichte der Familie so viel Gutes tat. Sie hatte sich stets Sorgen wegen Catherines egoistischer Neigung gemacht, aber jetzt hatte sich Catherine sozusagen selbst rehabilitiert.
Er hörte, dass Michelle Johns Namen nannte, und rief: »Ich denke, ich sollte Catherines Mann mal anrufen!«
»Nein, Daddy, tu das nicht!« Michelle schrie es fast.
»Bloß nicht!«, sagte Theo gleichzeitig.
Beide kamen wieder herein.
»Warum denn nicht?«, fragte Jake. Er drehte sich um und sah Theo fragend an. »Ich sollte mich bei ihm für das Geld bedanken. Das erfordert einfach der Anstand. Er war Catherines Ehemann und sicher mit ihrer Entscheidung einverstanden.«
Michelle schüttelte den Kopf, und Theo ging auf Jake zu. »Sir, Sie dürfen ihn auf gar keinen Fall anrufen. Versprechen Sie mir das!«
»Wenn Sie mir einen guten Grund nennen«, versetzte Jake.
»Okay«, sagte Theo und fuhr vollkommen ruhig fort: »Er hat versucht, Ihre Tochter umzubringen.«
35
Jake nahm die Neuigkeit gelassener auf als John Paul. Michelles Bruder wäre am liebsten sofort in seinen Pick-up gestiegen, hätte den Bastard gestellt und ihm das Gehirn aus dem Schädel geblasen. Er war nicht in der Stimmung, sich vernünftige Argumente anzuhören, und sah es nicht ein, sich einen Deut um irgendwelche Gesetze zu scheren.
»Wenn Sie wissen, dass er der Kerl ist, der hinter dem Überfall steckt, dann ziehen Sie ihn aus dem Verkehr, bevor er Gelegenheit hat, Michelle wirklich umzubringen!«, forderte er.
Theo ließ sich von John Pauls Zorn nicht einschüchtern. »Ich kann noch nichts beweisen. Der Fall ist sehr kompliziert«, erklärte er. »Deshalb muss ich ja nach New Orleans.«
John Paul machte den Eindruck, als würde er Theo im nächsten Augenblick einen Kinnhaken versetzen. Michelle baute sich zwischen den beiden Männern auf und versuchte, ihren Bruder zu beschwichtigen.
Es klingelte. Während Jake Noah die Tür öffnete, sagte Theo: »Wir unternehmen erst mal nichts.« ’
»Was, zur Hölle, soll das heißen?«
»Das heißt, dass Sie niemanden erschießen werden.«
Theo wandte sich an Michelle. »Versprich mir, dass du heute Abend keinen Fuß vor den Schwan setzt, bis ich zurückkomme. Kein Wenn und Aber! Ich möchte mir keine Sorgen um dich machen müssen.«
»Okay«, sagte sie. Sie trat näher und klopfte leicht auf seine Brust. »Und du musst auch vorsichtig sein!«
»Keine Angst! Falls es zu Schwierigkeiten kommt, tust du, was Noah sagt. John Paul, Sie halten die Augen offen, verstanden?«
Michelles Bruder erhob keine Einwände und nickte knapp. Noah stand derweil noch immer an der Haustür und sprach angeregt mit Jake. Der FBI-Agent hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich zu rasieren, und sah in seinen zerrissenen Jeans und dem verwaschenen blauen T-Shirt ziemlich heruntergekommen aus. Michelle ging in die Diele, um ihn zu begrüßen. Sie konnte verstehen, dass sich Mary Ann für ihn interessierte. Dieser Mann hatte eine geradezu gefährliche Ausstrahlung.
Noahs blaue Augen sahen sie eindringlich an. »Ich habe gehört, du hattest eine turbulente Nacht und musstest einem Kugelhagel ausweichen.«
Sie konnte nicht widerstehen. »Und ich habe gehört, dass deine Nacht auch recht turbulent war.«
»Stimmt. Deine Freundin lässt übrigens grüßen«, sagte er grinsend. »Aber heute Vormittag hatte ich weniger Freude. Ein Mann sollte wenigstens im Urlaub ausschlafen können. Wo ist Theo?«
»Mit John Paul auf der Veranda. Geh durch die Küche«, sagte sie. Sie zeigte in die entsprechende Richtung.
Noah folgte Michelles Handbewegung, aber sie hielt ihn noch einmal auf. »Noah, kannst du mir einen Gefallen tun?«
»Klar«, sagte er. »Welchen?«
»Lass dich nicht von meinem Bruder provozieren.«
Noah lachte. »Ich komme mit jedem zurecht.«
»Ach, wirklich? Wollen wir wetten, dass John Paul eine Ausnahme ist?«
Zu schade, dass sie keinen Einsatz vereinbarten, denn dann wäre Michelle um einiges
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