Gnade
ich mich sehr zusammennehmen, um nicht laut zu jubeln. Sie hätte diesen abscheulichen Mann niemals heiraten dürfen. Niemals!«, wiederholte er. »Sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann, ihn endlich festzunageln!«
»Sie haben FBI-Agent Clayborne mitgeteilt, dass Catherine einen Umschlag bei Ihnen hinterlegt hatte, den Sie am Tag der Testamentseröffnung auf ihren Wunsch hin an Dr. Michelle Renard geschickt haben. Ist das richtig?«
Benchley nickte. »Ja. Wenn Sie allerdings etwas über den Inhalt erfahren wollen, müssen Sie schon Dr. Renard selbst fragen. Catherine hat mir den versiegelten Umschlag gegeben und mich angewiesen, ihn nicht zu öffnen.«
»Der Umschlag kam abhanden, bevor sich Dr. Renard ansehen konnte, was er enthielt«, berichtete Theo. »Catherine hat Ihnen also keinen Hinweis auf den Inhalt gegeben? Oder eine Finanzaufstellung oder Buchprüfung erwähnt?«, wollte Theo wissen.
»Nein, aber ich sage Ihnen eins: Was immer in dem Kuvert war, es muss belastendes Material gewesen sein, denn Catherine versicherte mir, dass John augenblicklich davon Abstand nehmen würde, das Testament anzufechten, wenn er davon erführe. In diesem Punkt war sie sich vollkommen sicher.«
»Hat er einen Ehevertrag unterschrieben?«
»Ja, aber John ist Jurist und äußerst raffiniert. Freiwillig wird er sich niemals ein solches Vermögen aus den Händen nehmen lassen. Er wäre auf jeden Fall vor Gericht gegangen.«
»Weshalb haben Sie das Testament erst sechs Wochen nach Catherines Tod verlesen?«
»Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht, wie? Auch hierbei folgte ich Catherines Instruktionen.« Lächelnd fügte er hinzu: »Sie war ein wenig rachsüchtig, und sie hat mir aufgetragen zu warten, bis sich bei John die dicken Rechnungen angesammelt haben. Er lebte auf großem Fuße, war indiskret und unüberlegt und hat seiner Geliebten von Catherines Geld Geschenke gekauft. Als Catherine von seinen Seitensprüngen erfuhr, rief sie mich an und änderte ihr Testament.«
»Waren Sie bei ihrer Beerdigung?«
»In der Kapelle«, sagte er. »Aber auf dem Friedhof war ich nicht.«
»Michelle Renard sagte, es seien nur eine Hand voll Trauergäste dort gewesen. Kannten Sie jemanden?«
»Ich habe die Haushälterin gesehen, Rosa Vincetti. Ich bin ihr zuvor einmal begegnet, und zwar als ich Catherine einen Besuch abstattete, um die Testamentsänderung zu besprechen.«
»Was ist mit Johns Kollegen oder Freunden?«
»Einige Männer und Frauen aus der Bank waren da. Ich habe mich sogar mit einem Mann unterhalten, und er machte mich mit ein paar anderen bekannt, aber ich erinnere mich nicht an ihre Namen.«
»Und was ist mit Johns Freunden?«
»Lassen Sie mich nachdenken«, sagte Benchley. »Ich entsinne mich, dass eine Frau in der Kirche ganz hinten stand. Sie stellte sich als Catherines Innenarchitektin vor und sagte, sie habe zudem Johns Büro neu eingerichtet. Als ich die Kirche verließ, lief sie mir noch nach und drückte mir eine Visitenkarte in die Hand. Ich fand das angesichts des traurigen Anlasses ausgesprochen ungehörig, und sobald ich in mein Büro kam, warf ich die Karte in den Papierkorb. Ansonsten erinnere ich mich nur noch an Cameron Lynch. Er ist ein enger Freund von John.«
»Erzählen Sie mir von ihm!«
»Er ist Börsenmakler, übrigens ein sehr erfolgreicher«, betonte Benchley. »Ich hatte schon von ihm gehört, ihn aber vor der Beerdigung nie zu Gesicht bekommen. Eins weiß ich noch genau – ich dachte, dass er aussieht wie ein Alkoholiker. Er roch nach Fusel, und seine Augen waren blutunterlaufen. Ich bin sicher, er hatte einen Kater. Auch sonst wirkte er so – Sie wissen schon: graue Haut, rote Nase, verquollene Augen. All das deutete darauf hin, dass er ein Trinker ist. Cameron hielt sich die ganze Zeit über dicht bei John und saß in der Kirche sogar neben ihm, als gehöre er zur Familie.«
»Hat John mit Ihnen gesprochen?«
»Machen Sie Witze? Er sah durch mich hindurch, und es war wirklich albern. Der Mann widert mich an.«
Theo stellte noch ein, zwei Fragen, dann hatte er genug gehört. Er dankte Benchley für seine Hilfe und verließ den Club. Zuvor hatte der Anwalt bereitwillig seine Sekretärin angerufen und sich jene Adressen durchgeben lassen, die Theo benötigte.
Bevor Theo nach Bowen zurückkehren konnte, musste er noch zwei weitere Besuche machen.
Als Erstes wollte er sicherstellen, dass Cameron Lynch tatsächlich der Mann war, den Michelle in der Nacht wiedererkannt hatte.
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