Gnade
auch die italienischen Renaissance-Möbel, die Catherine so geliebt hatte. Er kündigte dem Hauspersonal und stellte eine neue Haushälterin ein. Das zweistöckige Haus ließ er vom Dachboden bis zum Keller in hellen, kräftigen Farben streichen und den Garten umgestalten. Und er kaufte endlich den Springbrunnen, den er sich schon lange wünschte – jenen Wasser speienden Cherub. Seit Monaten schon schwärmte er für diesen Brunnen, aber als er Catherine eine Abbildung im Katalog zeigte, erklärte sie unumwunden, er sei zu protzig.
Alle Renovierungen wurden zu Johns Zufriedenheit erledigt. Er suchte moderne Möbel aus, weil ihm die klaren, geraden Linien gefielen, und als die neuen Stücke geliefert wurden, überwachte die junge Innenarchitektin höchstpersönlich, wo welches Stück aufgestellt wurde.
Und dann, nachdem der letzte Lieferwagen aus der Auffahrt verschwunden war, weihten er und die schöne talentierte Innenarchitektin das neue Bett ein. John vögelte sie die ganze Nacht lang in dem schwarz lackierten Bett mit den vier Pfosten, wie er es ihr bereits vor über einem Jahr versprochen hatte.
2
Theo Buchanan schien das Virus nicht loszuwerden. Er wusste, dass er Fieber hatte, weil ihm jeder Knochen im Leib wehtat und ihn Schüttelfrost plagte. Trotzdem weigerte er sich zuzugeben, dass er krank war. Er war nur ein bisschen kaputt und müde, mehr nicht. Das stand er schon durch. Zudem war er davon überzeugt, das Schlimmste bereits hinter sich zu haben. Die scheußlichen Seitenstiche waren zu einem dumpfen, pochenden Schmerz verblasst, und das bedeutete seiner Überzeugung nach, dass er sich bereits auf dem Wege der Besserung befand. Wenn es dasselbe Virus war, das die meisten Kollegen in seinem Bostoner Büro infiziert hatte, dann war die Sache in den nächsten vierundzwanzig Stunden überstanden. Morgen würde er sich wie neugeboren fühlen. Nur der Schmerz in der Seite hielt jetzt schon einige Tage an.
Er beschloss, seinen Bruder Dylan für die Schmerzen verantwortlich zu machen. Er hatte ihn während des Footballspiels bei dem Familienfest im Garten ganz schön in die Zange genommen. Es. war zweifellos ein gezerrter Muskel. Theo bildete sich ein, dass der Schmerz von selbst aufhören würde, wenn er ihn nicht weiter beachtete. In den letzten Tagen fühlte er sich wie ein alter Mann, dabei war er noch nicht einmal dreiunddreißig.
Er glaubte nicht, dass er andere anstecken konnte, und er hatte zu viel zu tun, um sich ins Bett zu legen und die Sache auszukurieren. Er war von Boston nach New Orleans geflogen, um auf einem Symposium für Juristen über das organisierte Verbrechen zu referieren und eine Anerkennung einzuheimsen, die er, wie er glaubte, gar nicht verdiente, da er doch nur seinen Job erledigte.
Er steckte seinen Revolver ins Holster. Das Ding war eine Last, aber man verlangte von ihm, die Waffe vorerst bei sich zu tragen – zumindest bis geklärt war, wer ihm die Morddrohungen geschickt hatte. Er zog seinen Smoking an, ging ins Bad seines Hotelzimmers und beugte sich zum Spiegel vor, um die Fliege zu binden. Er betrachtete sich für einen kurzen Moment im Spiegel – er sah blass und krank aus. Ein Schweißfilm bedeckte sein Gesicht.
Heute Abend fand der erste von drei Empfängen statt, bei denen das Tragen von Smokings erbeten war. Fünf der besten Küchenchefs der Stadt hatten das Dinner für heute zubereitet, aber die Gourmet-Gerichte waren für Theo verschwendete Mühe. Allein bei dem Gedanken, etwas hinunterbringen zu müssen, und sei es auch nur ein Schluck Wasser, drehte sich ihm der Magen um. Er hatte seit gestern Nachmittag nichts mehr zu sich genommen.
Und ganz bestimmt war er heute nicht in der Verfassung für höfliche Plaudereien. Er steckte den Zimmerschlüssel in seine Tasche, doch in dem Moment, als er den Türknauf ergriff, klingelte das Telefon. Es war sein Bruder Nick, der sich erkundigen wollte, wie es ihm ging.
»Was treibst du so?«
»Ich wollte gerade gehen«, antwortete Theo. »Von wo rufst du an? Aus Boston oder Holy Oaks?«
»Aus Boston«, sagte Nick. »Ich habe Laurant im Seehaus geholfen, und dann sind wir zusammen nach Hause gefahren.«
»Bleibt sie bis zur Hochzeit bei dir?«
»Machst du Witze? Tommy würde mich sofort in die Hölle schicken!«
Theo lachte. »Ich schätze, ein Priester als zukünftiger Schwager beeinträchtigt dein Sexleben erheblich.«
»Aber nur noch für zwei Monate, dann bin ich ein verheirateter Mann. Schwer zu glauben,
Weitere Kostenlose Bücher