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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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ein Mädchen bringen und sicher sein, daß es nie gefunden wurde.
    Schon als er dort unten gearbeitet hatte, hatte er immer davon geträumt, Grand Central eines Tages in die Luft zu jagen, und sich ausgemalt, welche Panik unter den Leuten ausbrechen würde, wenn plötzlich eine Bombe explodierte, wenn der Boden unter ihnen nachgäbe und die Decken einstürzten. Er haßte dieses Pack, das ihn ignorierte, wenn er freundlich sein wollte, das ihm nie ein Lächeln schenkte, sondern an ihm vorbeieilte, durch ihn hindurchsah, das von den Tellern aß, die er spülen mußte und die dann mit Muschelresten, Salatsoße und am Rand abgestrichener Butter wieder zu ihm zurückkamen.
    Dann traf zufällig alles zusammen. Sein Plan, der August-Rommel-Taggert-Plan stand fest.
    Es war ein listiger Plan, der Plan eines Fuchses.
    Wenn nur Sharon nicht sterben müßte; wenn sie ihn nur geliebt hätte. Aber in Arizona gab es viele nette Mädchen, und er würde Geld haben wie Heu.
    Es war eine geniale Idee, Sharon und Neil genau in der Minute sterben zu lassen, in der auch der junge Thompson hingerichtet wurde. Denn hingerichtet wurden auch sie, und Thompson verdiente den Tod, weil er ihm an jenem Abend dazwischengefunkt hatte.
    Und alle diese Leute im Grand Central… Tonnenweise würde der Schutt auf sie herabstürzen. Sie würden von Stund an wissen, was es hieß, in der Falle zu sitzen. Und er wäre frei.
    Bald, bald war alles vorüber.
    Artys Augen wurden schmal, als er erkannte, wie rasch die Zeit vergangen war. So ging es ihm stets, wenn er an Nina dachte. Jetzt war es Zeit, sich auf den Weg zu machen.
    Er schaltete die Zündung ein und startete den Pontiac. Um Viertel vor zwei fuhr er zur Parkplatzausfahrt und überreichte dem Wärter das Ticket, das er dem Automaten an der Einfahrt für seinen Volkswagen entnommen hatte. »Zwei Stunden und fünfundzwanzig Minuten«, sagte der Wärter schläfrig, »macht drei Dollar, Mister.«
    Er verließ den Flughafen und fuhr zu einer Telefonzelle auf dem Queens Boulevard. Um Punkt zwei Uhr rief er die Telefonzelle vor Bloomingdale’s an. Als Peterson antwortete, schickte er ihn zu einem Fernsprecher in der 69. Straße.
    Er wurde allmählich hungrig. Er hatte fünfzehn Minuten Zeit.
    In einer Imbißstube, die die ganze Nacht geöffnet hatte, trank er Kaffee und verschlang ein paar geröstete belegte Weißbrotschnitten, ohne die Uhr aus den Augen zu lassen.
    Um Viertel nach zwei Uhr wählte er die Nummer der Telefonzelle in der 69. Straße und dirigierte Steve mit knappen Worten zu dem von ihm ausgewählten Treffpunkt.
    Nun kam der wirklich gefährliche Teil.
    Um 2.25 Uhr fuhr er in Richtung Roosevelt Avenue. Die Straßen waren fast menschenleer.
    Kein Anzeichen von getarnten Polizeifahrzeugen. Sie wären ihm unweigerlich aufgefallen, denn wie man sich als unverdächtiger Verkehrsteilnehmer verhielt, verstand er besser als jeder andere.

    Die Roosevelt Avenue hatte er letzte Woche als Treffpunkt ausgesucht. Er war die Strecke von LaGuardia bis hierher abgefahren und hatte gemessen, wie lange man dafür brauchte.
    Genau sechs Minuten. Sollten die Polypen doch noch mit Peterson auftauchen, bestände eine reelle Chance, ihnen zu entkommen. Da die Hochbahn durch die Roosevelt Avenue führte, war die ganze Straßenmitte durch Pfeiler verstellt, und man konnte kaum sehen, was sich auf der anderen Seite oder einen Häuserblock weiter abspielte. Es war der ideale Ort für eine Kontaktaufnahme.
    Um 2.35 Uhr parkte er auf der Roosevelt Avenue in Richtung Brooklyn Queens Expressway, knapp einen halben Block von der Auffahrt entfernt.
    Um 2.36 Uhr sah er, daß sich die Scheinwerfer eines Wagens vom BQE her in entgegengesetzter Richtung näherten. Augenblicklich stülpte er sich die Strumpfmaske über das Gesicht.
    Es war Petersons Mercury. Eine Sekunde lang glaubte er, Peterson würde neben ihm anhalten, denn der Wagen fuhr plötzlich direkt auf ihn zu. Oder versuchte er, den Pontiac zu fotografieren? Das würde ihm viel nützen…
    Petersons Wagen hielt fast genau gegenüber auf der anderen Straßenseite. Er schluckte nervös. Aber von der Schnellstraße bogen keine weiteren Scheinwerfer ab. Er mußte sich beeilen. Er packte den Segeltuchsack. In seiner Elektronikzeitschrift hatte er gelesen, daß die Koffer bei Lösegeldzahlungen gewöhnlich mit einem Minisender versehen werden. Er wollte kein Risiko eingehen.
    Von dem leichten, leeren Segeltuchsack, der in Kürze prallvoll mit Geldscheinen sein würde,

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