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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Gesicht lief blau an.
    Als sie nicht mehr gurgelte, stützte er sie mit einer Hand, machte das Foto und wünschte, ihre Augen würden sich schließen. Da setzte irgendwo hinter ihm das gurgelnde Würgen wieder ein.
    Er wirbelte herum. In der Halle stand der Junge und starrte ihn mit riesigen braunen Augen an, deren Blicke ihn wie glühende Pfeile trafen. Der Junge keuchte genauso, wie sie eben noch gekeucht hatte.
    Es war, als hätte er sie überhaupt nicht getötet, als wäre sie in den Körper des Jungen gefahren, um ihn zu strafen und zu verhöhnen, um sich zu rächen.
    Er bewegte sich quer durch den Raum auf den Jungen zu. Er würde dieses Geräusch ersticken, diese Augen schließen… Er krümmte die Hände, beugte sich über den Jungen…
    Es läutete…
    Er mußte fliehen. Er rannte durch die Halle in die Küche und schlüpfte durch die Hintertür ins Freie, während es zum zweiten Mal läutete. Er lief durch den Wald, sprang in seinen Wagen und war wenige Minuten später in seiner Werkstatt. Ruhig. Nur ruhig. Er ging auf ein Bier und einen Hamburger in die Alte Mühle und saß dort seelenruhig, als sich die Nachricht vom Mord in der Driftwood Lane wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitete.
    Aber Angst hatte er doch. Angenommen, der Polizist erkannte Ninas Bild in der Zeitung und erklärte auf der Wache: »Komische Sache. Ich sah sie gestern abend auf der Landstraße.
    Ein Kerl namens Taggert hat ihr den Reifen gewechselt…«
    Er beschloß, die Stadt zu verlassen. Doch als er seine Sachen packte, hörte er in den Nachrichten, daß eine Augenzeugin, eine Nachbarin, von jemand umgerannt worden war, der aus Petersons Haus gelaufen kam, daß sie ihn eindeutig als Ronald Thompson, einen siebzehnjährigen ortsansässigen Jungen, identifiziert hatte und daß Thompson beobachtet worden war, wie er wenige Stunden vor dem Verbrechen mit Mrs. Peterson sprach.
    Arty verstaute seine Kamera, den Recorder, die Abzüge, Film und Kassetten in einer Blechbüchse und vergrub sie unter einem Strauch hinter seiner Werkstatt. Ein unbestimmtes Gefühl ließ ihn abwarten.
    Dann wurde Thompson in einem Motel in Virginia verhaftet, und der Junge von Peterson identifizierte ihn ebenfalls.
    Welch ein Glück. Welch unglaubliches Glück! Im Wohnzimmer war es dunkel gewesen.
    Wahrscheinlich hatte der Junge sein Gesicht nicht deutlich gesehen, und dann war Thompson im Haus erschienen. Aber er war auf den Jungen zugegangen, ziemlich dicht sogar.
    Neil mußte einen Schock erlitten haben. Aber angenommen, er erinnerte sich eines Tages?
    Dieser Gedanke verhexte Artys Träume. Die Augen verfolgten ihn in seinen unruhigen Nächten. Manchmal wachte er in Schweiß gebadet und zitternd mitten in der Nacht auf, weil er meinte, die Augen schauten durch das Fenster in sein Schlafzimmer oder der Wind verursachte das gleiche gurgelnde Geräusch.
    Nach diesem Vorfall schaute er nicht mehr nach Mädchen aus. Nie wieder. An den meisten Abenden ging er in die Alte Mühle und freundete sich mit den Leuten dort an, besonders mit Bill Luft. Bill erzählte oft von Neil.
    Doch letzten Monat hatte er seine Kassetten wieder ausgraben müssen. Er mußte sie einfach wieder hören.
    In derselben Nacht hörte er die Callahan über CB sagen, sie habe eine Reifenpanne, und er machte sich auf die Suche nach ihr. Zwei Wochen später fuhr er los, als er Mrs. Ambrose über CB hörte. Sie hatte sich verfahren und hatte fast kein Benzin mehr im Tank.

    Nun war in Fairfield County wieder der Teufel los. Man suchte nach einem Kerl, den sie den CB-Killer nannten. »Du hast keine Spur hinterlassen«, sagte er sich immer wieder.
    Aber nach diesen beiden träumte er jede Nacht von Nina, von diesen anklagenden Augen.
    Dann fuhr Bill Luft vor etlichen Wochen bei ihm vor und hatte den Jungen neben sich im Auto. Neil hatte ihn angestarrt.
    In dem Augenblick wußte er, daß er Neil töten mußte, bevor er Carley verließ. Und als Bill Luft mit Neils Vermögen prahlte - seine Frau hatte auf Petersons Schreibtisch den Bankauszug gesehen-, wußte er auch, wie er zu Geld kommen würde.
    Jedesmal, wenn er an Nina dachte, haßte er Steve Peterson mehr. Peterson durfte sie anrühren, ohne daß er geschlagen wurde. Peterson war ein großes Tier bei der Zeitung, er hatte Dienstboten und eine gutaussehende neue Freundin. Er würde es ihm zeigen.
    Der Raum im Grand Central war zu einem festen Bestandteil seines Bewußtseins geworden.
    Dort konnte man sich notfalls verstecken, dorthin konnte man

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