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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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mußt diese Tatsache akzeptieren, bevor du etwas unternimmst, oder alles wird falsch laufen, Petro. Da sind zwei Dinge …«
    »Was für Dinge?« brach es aus ihm raus.
    »Linus’ Tod wirft zwei üble Probleme auf.« Für mich waren sie sonnenklar. Für ihn blieben sie unsichtbar.
    »Falco, mein Herz ist voller Trauer, ich habe Dringendes zu erledigen, und du willst mich hier mit irgendwelchem belanglosen Zeug aufhalten.«
    »Hör doch mal zu! Erstens ist da diese ganze finstere Geschichte mit Balbinus Pius. Du kannst natürlich warten, bis die Sache von allein hochkocht, aber wir dürfen uns nichts vormachen. Linus mußte sterben, um nicht berichten zu können, daß Balbinus schon von Bord der Aphrodite gegangen ist, als wir noch am Hafen standen und ihm nachwinkten. Das ist von enormer Bedeutung: Der Mann ist immer noch hier. Er ist nie abgereist. Balbinus ist in Rom. Vermutlich hat er die Überfälle auf das Emporium und die Saepta Julia organisiert. Er hat Nonnius umgebracht. Er hat Alexander umgebracht. Natürlich hat er auch Linus umgebracht. Jupiter allein weiß, was er als nächstes vorhat.«
    Petronius würde sich damit auseinandersetzen, aber nicht jetzt. Er rutschte herum. Ich legte ihm die Hand auf den Arm. Seine Haut fühlte sich heiß an, als würde sein Blut kochen. Doch seine Stimme war kalt. »Was noch?«
    »Balbinus wußte, wen er töten mußte. Jemand hat Linus verraten.«
    Sofort erwiderte er: »Das kann nicht sein.«
    »Es ist aber passiert.«
    »Niemand wußte davon.«
    »Denk doch bloß daran, wie er gestorben ist! Seine Erkennungsmarke wurde ihm zwischen die Zähne gerammt. Irgendein Dreckskerl wollte klarmachen, daß Linus’ wahre Identität entdeckt worden ist. Linus muß das gewußt haben. Er ist in dem Wissen gestorben, verraten worden zu sein. Dieser Tatsache mußt du dich stellen, schon um seinetwillen, Petro!«
    Haßerfüllt wirbelte Petro zu mir herum. »Glaubst du, ich hätte ihn dem ausgesetzt? Wir haben es mit Macht und Geld in ihrer gefährlichsten Form zu tun. Wenn ich ihn auf das Schiff hätte bringen können, ohne daß er selbst davon wußte – ich hätte es getan! Wie kannst du behaupten, ich hätte nicht an das Risiko gedacht? Glaubst du, ich würde einen ungeschützten Agenten auf diese Reise schicken, ohne sicherzustellen, daß niemand in Rom davon weiß?«
    »Deine Männer wußten alle Bescheid.«
    »Meine Männer?« Er schäumte. »Meine eigene Mannschaft, Falco! Ich rede nicht von der Kohorte; ich meine nicht die dämlichen Patrouillen! Die einzigen, die wußten, daß ich Balbinus einen Spion mitschicken würde, waren die Männer meiner von mir persönlich handverlesenen Ermittlungsmannschaft.«
    Das aussprechen zu müssen, war mir zuwider, aber ich mußte es tun: »Tut mir leid. Einer deiner handverlesenen Jungs ist auf die schiefe Bahn geraten. Einer von ihnen hat sich kaufen lassen.«
     
    Er explodierte nicht sofort. Trotzdem wußte ich, daß meine Argumente auf taube Ohren stießen. Ich konnte nur ruhig weiterreden, so, als führten wir ein ganz normales Gespräch: »Natürlich sind sie was Besonderes. Und natürlich tut das weh. Ich kann verstehen, wenn du sagst, du hättest die Möglichkeit erwogen, sie gründlich überprüft und Beweise gefunden, die sie alle von jedem Verdacht freisprechen. Aber ein junger Mann, der das nicht verdient hat, ist tot. Jemand hat ihn an Balbinus verraten. Es erstaunt mich, Lucius Petronius, daß du vor dem Offensichtlichen die Augen verschließt.«
    Es nützte nichts. Selbst unsere jahrelange Freundschaft konnte diesem Druck nicht standhalten. Ich hörte die Veränderung in seiner Stimme; in grauenhaftem Ton fauchte er mich an: »Du weißt etwas. Was willst du mir sagen?«
    »Die Kohorten sind bestechlich.«
    »Na und? Das ist doch nichts Neues«, schnauzte Petro verächtlich.
    »Gut. Was ich jetzt sage, ist absolut vertraulich: Ich habe einen Sonderauftrag.«
    »Noch einen?«
    »Genau. Überall in Rom wird gleichzeitig ermittelt. Ich habe den Geheimbefehl, diejenigen unter den Vigiles zu finden und dingfest zu machen, die Schmiergelder annehmen …«
    Petronius war entsetzt. »Du spionierst die Vierte aus!«
    »Ach, hör doch auf! Ich spioniere alles aus, was sich bewegt. Nicht nur die Vierte. Ich hatte gehofft, sie aus der Sache raushalten zu können.«
    »Aber nicht nach dem, was du mir jetzt erzählst.« In dem Moment wußte ich, daß ich ihn tatsächlich verloren hatte. »Ich hätte es wissen sollen: Privatschnüffler und

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