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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Gedanken gebracht.
    Da es mir widerstrebte, auf mich allein gestellt zu arbeiten, wenn es zu vermeiden war, ging ich zuerst zum Wachlokal im Dreizehnten Bezirk, um zu sehen, ob Petro immer noch schmollte. Weder er noch seine Leute waren da. Als ich reingehen wollte, traten mir zwei Feuerwehrmänner entgegen. Sie schienen nichts von meinem Geheimauftrag zu wissen, aber jemand hatte ihnen befohlen, mich nicht einzulassen. Ich setzte ein unbeeindrucktes Gesicht auf, muß aber zugeben, daß mich ihre Bestimmtheit erschütterte.
    Später wurde mir klar, daß Petronius und seine Männer wahrscheinlich bei Linus’ Begräbnis waren. Die Feuerwehrmänner hatten es sicher seltsam gefunden, daß ich nicht auch dabei war.
    Wäre es zwischen Petro und mit nicht zum Streit gekommen, hätte ich Linus selbstverständlich die letzte Ehre erwiesen. Es erschien mir besser, Ärger zu vermeiden, also gedachte ich des Toten im stillen. Er war noch jung gewesen und mir sehr aufrecht vorgekommen. Er hatte ein besseres Schicksal verdient.
    Ich ging hinunter zum Circus, dann durch die engen Gassen zu »Platons Akademie« und brachte es mit mehr Geschicklichkeit als im Wachlokal fertig, eingelassen zu werden. Ein erfahrener Ermittler läßt sich nicht so leicht aus der Bahn werfen. Es gelang mir sogar, zu Lalage geführt zu werden.
     
    Es war immer noch früh am Morgen und offenbar nicht allzuviel zu tun. Im Bordell herrschte lethargische Stimmung. Nur ein paar Kunden aus dem Viertel, die sich auf dem Weg zur Arbeit eine kleine Aufmunterung gönnten und von denen die meisten bei meiner Ankunft schon wieder gingen. Die Flure waren leer; es hätte eine Pension sein können, wenn man von einigen Haufen verwelkter Girlanden und ordentlich zusammengestellter Amphoren absah, die auf ihren Abtransport warteten. Überall wurde gewischt und geputzt, aber leise. Die Nachtschicht brauchte offenbar ihren Schlaf.
    Auch Lalage schien sich zwischen zwei Kunden eine Pause zu gönnen. Da eine Prostituierte auf dem Rücken arbeitet – na ja, zumindest meistens –, bestand Lalages Vorstellung von Entspannung nicht darin, sich mit einer Ekloge von Vergil auf einen Lesediwan zurückzuziehen. Sie stand vielmehr auf einer Leiter und füllte Öl in einen großen Kronleuchter.
    »Ich weiß«, grinste ich. »Man kann sich bei den Sklaven auf gar nichts verlassen.«
    »Hier im Hause haben Sklaven andere Pflichten, wie Sie sich denken können.« Sie schwankte leicht, verlor fast das Gleichgewicht, als sie sich mit der Kanne zur letzten Lampe vorbeugte. Die Wirkung war von einer gewissen Erotik, wenn auch vermutlich unbeabsichtigt. Ich trat näher und machte mich bereit, ihr meine stützende Hand auf den Po zu legen, hielt meine hilfreiche Pfote aber bescheiden zurück, als sie sich wieder fing. »Sie sind Falco, nicht wahr?«
    »Endlich berühmt.«
    »Berüchtigt«, erwiderte sie. Irgendwas an ihrem Verhalten sagte mir, daß es die Art von Berüchtigtsein war, auf die ich gern verzichten konnte.
    »In den falschen Kreisen? Ich hatte Besuch vom Müller und Klein-Ikarus. Kennen Sie dieses reizende Paar?«
    »Widerliche Kerle. Bei mir haben sie Hausverbot.«
    »Das überrascht mich nicht. Ich habe Ihre vornehmen Kunden gesehen …« Sie reagierte nicht. Wollte man Lalage aus der Ruhe bringen, mußte man schon schwerere Geschütze auffahren. »Meine beiden Besucher wollten mir drohen. Offenbar ist mein Name in rauheren Kreisen erwähnt worden, als mir lieb ist.« Ich wollte ihr ein Zeichen entlocken, daß sie mit der Balbinus-Bande Kontakt hatte; ihre Reaktion war vollkommen negativ.
    Ich bot ihr meinen Arm, als sie mit der tropfenden Ölkanne von der Leiter steigen wollte. Sie streifte mich mit ihrem festen, warmen, von einer einzigen Lage feingewebten Stoffes umhüllten Körper. »Und was will der berüchtigte Marcus Didius von mir?«
    »Marcus? Das ist aber sehr vertraulich! Ich kann mich nicht erinnern, daß wir uns geduzt haben, als ich mit Petronius hier war. Hat jemand Gutinformiertes Ihnen meinen Vornamen genannt, oder sind Sie und ich vielleicht alte Bekannte?«
    Lalage schenkte mir einen tiefen Blick aus ihren wundervollen Augen. »Wohl kaum!«
    »Ich bin am Boden zerstört! Übrigens können Sie sich das Wimpernklimpern schenken. Sie haben zwar hübsche Augen, aber für mich ist es noch zu früh am Morgen – oder nicht früh genug. Für ein bißchen Morgengymnastik lasse ich gern das Frühstück sausen, aber dann mit einer Frau, die ich die ganze Nacht in den

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