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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Botschaft über Tertulla in einem Beutel an unsere Tür geheftet. Und das hier …« Sie griff hinauf auf das Bord und nahm einen goldenen Gegenstand herunter. Ich erkannte die übergroße Bulla, die meine Schwester Galla ihrer Tochter um den Hals gehängt hatte, das Amulett, das Tertulla vor dem bösen Blick schützen sollte. Seine Kraft war reichlich überschätzt worden. Jetzt hatte irgendein Idiot mir das nutzlose Ding geschickt.
    »Damit wollen sie uns also klarmachen, daß die Sache echt ist. Was soll ich denn rausrücken?« Selbst für meine Ohren klang ich noch schroff.
    »Tausend Sesterzen.«
    »Weißt du zufällig, wieviel sie von deinem Vater verlangt haben?«
    Helena sah mich entschuldigend an. »Zehntausend.«
    »Ist schon recht. Wenn sie auf hundert runtergehen, könnte ich es mir überlegen.«
    »Du bist wirklich ein Herzchen, Marcus.«
    »Laß nur. Ich denke, sie haben inzwischen begriffen, daß sie sich diesmal das falsche Kind geschnappt haben. Da ist kein Geld zu holen, aber sie wollen das Gesicht nicht verlieren.«
    »Wenn sie einmal den Preis reduziert haben, könnten sie allmählich weich werden«, stimmte Helena zu. »Sie kommen mir wie Amateure vor. Leute, die wissen, was sie tun, würden den Druck erhöhen und immer mehr Geld verlangen.«
    »Ich will die Situation nicht verniedlichen, aber wir sollten auch nicht in Panik geraten. Enthielt die Botschaft irgendwelche Anweisungen?«
    »Nein, nur die Höhe des Lösegeldes.« Sie wollte mich so wenig mit der Sache belasten, daß sie mir noch nicht mal den Brief zeigte. Zum Glück konnte ich mich darauf verlassen, daß Helena mir alles Wichtige erzählen würde. Ihr die Sache überlassen zu können, war eine Erleichterung. Selbst in meiner üblen Stimmung gelang es mir, Dankbarkeit zu empfinden.
    »Wir hören garantiert wieder von denen. Liebste, meinst du, du könntest dich um den nächsten Kontaktversuch kümmern, falls ich zu beschäftigt bin?«
    »Heißt das, ich soll zu Hause bleiben?« meinte Helena zweifelnd.
    »Warum? Hattest du vor, dir den sechzehn Schriftrollen langen Vortrag eines epischen Gedichtes anzuhören?«
    »Natürlich nicht. Ich wollte es nur noch mal in dem Haus versuchen, wo angeblich ein Kind entführt worden ist.«
    »Kein Glück gehabt gestern?«
    »Mir wurde gesagt, die Frau des Hauses sei nicht da.«
    »Stimmte das, oder war es eine Ausrede?«
    »Schwer zu sagen. Da sie höflich waren, schloß ich daraus, ich könnte es noch mal versuchen, und will es auch tun.« Sie machte ein nachdenkliches Gesicht. »Als ich das Amulett hier an der Tür fand, Marcus, mußte ich an das Müllbaby denken. Erinnerst du dich, der Kleine hatte eine zerrissene Schnur um den Hals. Vielleicht wurde er auch entführt. Diese Leute, mit denen ich noch nicht sprechen konnte, sollen angeblich ein Baby verloren haben. Das Kindermädchen hat es gemeldet. Vielleicht hören sie mir zu, wenn ich ihnen sagen kann, daß der Kleine gefunden worden ist.«
    Plötzlich verspürte ich großes Bedauern darüber, daß sie und ich nicht zusammenarbeiteten. Ich griff nach ihren Händen. »Würde es dir helfen, wenn ich mitkäme?«
    »Ich glaube nicht.« Helena lächelte mich an. »Mit allem Respekt, Marcus, aber in dem fraglichen Haus würden sie einen Privatermittler sofort rausschmeißen. Ich versuche, in die heimatliche Bastion eines äußerst wichtigen Magistrats einzudringen.«
    Mir kam ein Gedanke. »Wie heißt er?«
    Helena sagte es mir. Meine Anwälte haben mir geraten, den Namen nicht zu nennen; ich möchte keine Verleumdungsklage an den Hals kriegen. Außerdem stehen Männer wie er oft genug im Rampenlicht.
    Ich lachte rauh. »Tja, wenn du damit was anfangen kannst – ich hab diese hervorragende Persönlichkeit das letzte Mal gesehen, als er sich von einer erstklassigen Nutte am Schwänzchen kitzeln ließ.«
    Sie sah besorgt aus, dann vielleicht gekränkt. Nicht zuletzt dafür, daß sie so hochanständig war, liebte ich Helena Justina zärtlich. Die Idee, einen Mann zu erpressen, der zum Zeichen seiner Vornehmheit die Purpurtoga tragen durfte, würde ihr niemals kommen.
    »Welches Bordell war es denn, Marcus?«
    »Ich versichere dir, daß ich nur in einem einzigen gewesen bin – ›Platons Akademie‹.«
    »Das ist interessant«, sagte Helena. Sie versuchte, es bedeutsam klingen zu lassen.
    Ich kannte das Spiel. Schließlich war ich weitaus länger als sie im Geschäft. Ich ließ sie weiter träumen.

LI
    »Platons Akademie« hatte mich auf einen

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