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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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aus dem dampfigen Gebräu auf wie ein unansehnlicher Sandkäfer, der sich seinen Weg überirdisch bahnen muß. Sie hatte beide Arme voll mit zerknautschten Kleidern, die sie an ihren schlaffen Busen preßte, das Kinn ruhte auf dem übelriechenden Haufen. Ihr Haar war immer noch grellrot gefärbt; nach dem kunstvollen Umgang mit Henna, den ich im Orient erlebt hatte, sah es schrecklich aufdringlich aus. Die feuchte Luft ließ ihre lange Tunika an manchen Stellen eng am Körper kleben, was auf einen Mann von Welt wie mich natürlich wenig Wirkung hatte.
    Mit dem zärtlichen Ausruf: »Sieh mal einer an! Was ist uns denn da Häßliches mit dem Straßenstaub hereingeweht?« schwankte sie auf mich zu.
    »Aphrodite entsteigt dem Waschzuber, niesend von der Holzasche!«
    »Falco, du alter Rattenarsch.«
    »Was gibt’s Neues, Lenia?« fragte ich obenhin.
    »Die Geschäfte sind schlecht, und das Wetter ist eine Katastrophe.«
    »Das ist doch nichts Neues. Hab ich die Hochzeit verpaßt?«
    »Mach mich nicht wütend!« Sie war mit Smaractus verlobt, eine rein geschäftliche Verbindung. (Jeder war hinter dem Geschäft des anderen her.) Lenias Verachtung für meinen Hauswirt überstieg sogar noch die meine, obwohl sie einen heiligen Respekt vor seinem Geld hatte. Ich wußte, daß sie seine Bücher peinlich genau geprüft hatte, bevor sie Smaractus zum Mann ihrer Träume erklärte. Lenias Träume waren praktischer Natur. Sie schien die Sache aber tatsächlich durchziehen zu wollen, denn nach den üblichen Flüchen fügte sie hinzu: »Die Hochzeit ist für die Kalenden des November festgelegt. Du bist eingeladen, wenn du versprichst, mit den Nußwerfern Streit anzufangen und seiner Mutter in den Schoß zu kotzen.« Mir ist ja schon einiges an Scheußlichkeiten untergekommen, aber der Gedanke, mein Vermieter könnte eine Mutter haben, fuhr mir doch schwer in die Knochen. Lenia sah meinen Gesichtsausdruck und lachte rauh. »Wir werden bei dem Fest eine Menge Unterhaltung brauchen. Die Vorbereitungen bringen mich noch um, Falco. Du kannst nicht vielleicht die Eingeweideschau des Opfertiers übernehmen?«
    »Dafür brauchst du doch einen Priester.«
    Lenia kreischte wütend auf. »Meinst du, diesen schmierigen Drecksäcken trau ich über den Weg? Vergiß nicht, daß ich ihre Unterwäsche wasche. Ich hab schon genug Ärger, ohne daß sie mir die Auspizien vermurksen … Du bist ein Bürger. Du kannst das machen, wenn du mein Freund bist.«
    »Ein Mann hat die Pflicht, für seinen eigenen Haushalt die Götter zu ehren«, sagte ich würdevoll, plötzlich ganz der gutinformierte Fromme.
    »Du hast ja nur Schiß.«
    »Ich versuch mich rauszureden.«
    »Ja, aber wir leben im selben Haus.«
    »Niemand hat mir je gesagt, daß dazu auch das Begucken einer Schafsleber gehört! Davon steht nichts im Mietvertrag.«
    »Tu’s für mich, Falco!«
    »Ich bin doch kein verschrobener etruskischer Wetterfrosch.« Ich verlor an Boden. Lenia, die ziemlich abergläubisch war, schaute richtig verschreckt; unsere alte Freundschaft forderte ihren Preis. »Na gut, ich denk drüber nach … Ich hab dir von Anfang an gesagt, daß du einen großen Fehler machst, Frau.«
    »Und ich hab dir gesagt, du sollst dich um deinen eigenen Kram kümmern«, schoß Lenia mit ihrer rauhen Krächzstimme zurück. »Ich hab schon gehört, daß du von deinen Reisen zurück bist – obwohl du dir erst jetzt die Mühe machst, bei mir vorbeizuschauen.«
    »Mußte mich erst mal ausschlafen.« Mein anzügliches Grinsen kam noch schneller als ihres.
    »Du verkommenes Subjekt! Wo warst du diesmal, und hat’s was gebracht?«
    »In Arabien. Und natürlich nichts.«
    »Das heißt, du willst es mir nicht sagen.«
    »Das heißt, ich will Smaractus keinen Grund geben, meine Miete zu erhöhen!« Was mich an etwas erinnerte. »Diese Bruchbude wird allmählich zu unbequem, Lenia. Ich muß was Ordentlicheres finden.«
    »Oh, große Mutter!« kreischte Lenia sofort. »Er ist schwanger!«
    Bestürzt über ihre Scharfsichtigkeit, wurde ich rot – und verlor damit jede Möglichkeit, meine mißliche Lage zu verschleiern. »Mach dich nicht lächerlich«, log ich so forsch wie möglich. »Ich kann schon auf mich aufpassen.«
    »Ich hab dich schon eine Menge Dummheiten machen sehen, Didius Falco.« Das stimmte. Sie kannte mich seit meinen Junggesellentagen. »Aber ich hätte nie gedacht, daß es dich auf so altmodische Weise erwischen würde!«
    Jetzt war ich dran, ihr zu sagen, sie solle sich um ihren

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