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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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eigenen Dreck scheren, und sie lachte nur höhnisch.
    Ich wechselte das Thema. »Gehört deinem schleimigen Verlobten immer noch dieser runtergekommene Schuppen auf der anderen Straßenseite?«
    »Was Smaractus einmal hat, läßt er nicht wieder los.« Abbruchreife Wohnungen zu renovieren, kam ihm ebenfalls nicht in den Sinn. Als Unternehmer war Smaractus so dynamisch wie eine Schnecke. »Welcher Schuppen, Falco?«
    »Das Ding im ersten Stock. Wie hat er es genannt? Elegante und geräumige Separatwohnung zu günstigem Preis; ein absolutes Schnäppchen. Du weißt, was ich meine?«
    »Das Loch, für das er draußen an meiner Hauswand seit vier Jahren wirbt? Sei bloß nicht der Idiot, der auf das Schnäppchen reinfällt, Falco. Der elegante und geräumige rückwärtige Teil hat keinen Boden.«
    »Na und? Meine Bude oben im sechsten Stock hat so gut wie kein Dach. Ich bin Entbehrungen gewöhnt. Kann ich mir das Ding mal ansehen?«
    »Tu, was du nicht lassen kannst«, meinte Lenia spitz. »Aber du kriegst es nur wie gesehen. Er wird’s für dich nicht renovieren. Dazu fehlt ihm das nötige Kleingeld.«
    »Klar doch. Er heiratet schließlich!« Ich grinste. »Der olle Smaractus wird wohl momentan seine ganze Zeit damit verbringen, Geldsäcke in sehr tiefen Löchern auf entlegenen Feldern in Latium zu vergraben. Und wenn er klug ist, verliert er hinterher den Lageplan.«
    Lenia war offensichtlich kurz davor, mich in die große Kloake zu schubsen und hinter mir den Deckel zuzumachen, aber wir wurden durch eine mehr als abstoßende Botin unterbrochen.
    Es war ein schmuddeliges kleines Mädchen von etwa sieben Jahren mit großen Füßen und einer winzigen Nase. Sie hatte einen finsteren Gesichtsausdruck, der mich eigentlich an meinen eigenen erinnerte. Eine meiner Nichten. Ich konnte mich nicht erinnern, welche es war, aber sie gehörte zweifellos zum Didius-Clan. Vermutlich eins der Kinder meiner Schwester Galla. Sie hatten einen absolut nichtsnutzigen Vater, und abgesehen von dem Ältesten, der vernünftigerweise das Haus verlassen hatte, waren sie ein bedauernswerter, ums Überleben kämpfender Haufen. Jemand hatte dem Kind eines dieser Amulette aus Bullenhoden um den Hals gehängt, um es vor Schaden zu bewahren, hatte ihm aber leider nicht beigebracht, seine Krätze in Ruhe zu lassen und sich ab und zu die Nase zu putzen.
    »Oh, Juno«, kreischte Lenia. »Bring sie hier weg, Falco. Meine Kunden denken sonst noch, sie würden sich was einfangen.«
    »Geh weg«, begrüßte ich meine Nichte heiter.
    »Onkel Marcus! Hast du uns was mitgebracht?«
    »Nein.« Natürlich hatte ich das, denn die Kinder all meiner Schwestern brauchten dringend einen liebevollen, unkomplizierten Onkel, der ihren Charakter mit lächerlicher Großzügigkeit verdarb. Ich konnte nicht nur die Sauberen und Höflichen verwöhnen, obwohl ich gar nicht vorhatte, mich den restlichen Gören als leichte Beute zu präsentieren. Jeder, der kam und mich nach dem nickenden syrischen Keramikkamel fragte, würde eine Woche darauf warten müssen.
    »Ach, Onkel Marcus!« Ich kam mir wie ein Geizhals vor, genau wie sie beabsichtigt hatte.
    »Laß das Gejammer. Hör mal, wie heißt du noch?«
    »Tertulla«, sagte sie bereitwillig, ohne beleidigt zu sein.
    »Was willst du hier, Tertulla?«
    »Großvater hat mich geschickt.«
    »Beim Hades! Dann hast du mich nicht gefunden.«
    »Es ist dringend, Onkel Marcus.«
    »Nicht so dringend, wie deinen Ellbogen zu kratzen. Ich bin weg.«
    »Er sagte, du würdest mir eine Kupfermünze geben, wenn ich dich finde.«
    »Dann hat er sich geirrt.« Da ich stärkere Argumente brauchte, mußte ich mich auf Erpressung verlegen. »Sag, waren gestern nicht die Iden?« Petronius in Ostia zu helfen, hatte den Vorteil gehabt, daß wir das Fest des Oktober-Pferdes verpaßt hatten – früher ein wilder Jahrmarkt mit Pferderennen, jetzt nur noch ein völliges Durcheinander in den Straßen. Und gleichzeitig das Ende der offiziellen Schulferien. »Hat heute nicht die Schule wieder begonnen? Was läufst du hier überhaupt rum?«
    »Ich will nicht hin.«
    »Jeder, der die Chance hat, zur Schule zu gehen, sollte dankbar für dieses Privileg sein, Tertulla.« Was für ein unerträglicher Tugendbold. »Laß mich in Ruhe, sonst erzähl ich der Großmutter, daß du geschwänzt hast.«
    Meine Mutter zahlte einen Teil des Schulgeldes für Gallas Kinder, was absolute Geldverschwendung war. Mama hätte mehr davon gehabt, wenn sie es beim Wagenrennen

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