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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Petro befahl Fusculus, die Verhöre zu leiten.
    »Was, ich soll die alle verhören, Chef?«
    »Sogar den Hund.«
    Fusculus und ich grinsten uns an. Das war die Strafe dafür, daß er sich mit mir verbündet hatte. Petronius wollte mich an einer sehr kurzen Leine führen – einer, an der er persönlich ziehen konnte.
    »Und du kannst gleich mit dem Grinsen aufhören«, fuhr er mich an. »Ich war bei Rubella. Ich weiß, daß du hübsche kleine Eskapaden vorhast, mit denen ich nicht einverstanden bin.«
    Mit unschuldigem Blick versicherte ich ihm, wie freundlich mein Gespräch mit seinem Tribun war und daß er mir freie Hand gegeben hatte, Nonnius zu verhören.
    »Drecksack«, schnaubte Petro, wenn auch ziemlich automatisch. »Den Schutzgeldeintreiber kannst du gerne haben. Aber ich warne dich, das ist eine Schlange in einem Komposthaufen. Paß auf, wo du deine Harke hinschiebst.« Er entspannte sich. »Was hältst du von Rubella?«
    Die Einschätzung des Tribuns schien die Hauptbeschäftigung der Kohorte zu sein. Das ist so in jeder Hierarchie. Alle debattieren ständig, ob ihr Vorgesetzter nur ein unfähiger Trottel ist, der einen dreifachen Lageplan braucht, bevor er sich auch nur den Hintern abwischen kann – oder ob er wirklich gefährlich und am Ende gar korrupt ist.
    »Ein Blender«, sagte ich. »Könnte gefährlicher sein, als er aussieht. Scharfer Blick. Kam mir vor, als würde ich von einem beschissenen Wahrsager ausgehorcht. Rubella kaute ein paar magische Sonnenblumenkerne, dann spuckte er aus, daß ich als Legionär meinen Zenturio nicht mochte.«
    Petro tat beeindruckt. »Das hat er aber gut erkannt!« Wir lachten beide. Unser Zenturio bei der Zweiten Augusta war damals ein brutaler Kerl namens Stollicus; Petro und ich hatten uns ständig mit ihm in der Wolle. Stollicus hielt uns für zwei ungewaschene, unzuverlässige Aufwiegler, die absichtlich seine Chancen auf Beförderung vermasselten, indem sie die Zenturie in Mißkredit brachten. Wir behaupteten, er hätte ungerechte Beurteilungen in unsere Personalbögen geschrieben. Statt abzuwarten, ob man uns deswegen zwanzig Jahre lang die Beförderung zum Zenturio verweigern würde, erschlichen wir uns eine Entlassung aus gesundheitlichen Gründen und überließen ihn seinem Schicksal. Später hatte ich gehört, daß er die Bevölkerung von Nicopolis schikanierte. Interessanterweise war er immer noch Zenturio. Vielleicht war es uns ja wirklich gelungen, ihm die Karriere zu vermasseln. Ein angenehmer Gedanke.
    »Dein ehrenwerter Tribun klang, als hätte er vor, unseren Zenturio ausfindig zu machen und ihn zu fragen.«
    »Er macht gern erpresserische Andeutungen, die wie ein Witz klingen, aber nicht unbedingt einer sind«, spottete Petro.
    »Tja, dann«, frotzelte ich. »Zumindest wird er keine Schwierigkeiten haben, Stollicus aufzuspüren. Er muß ihn ja schon mal gefunden haben, um sich nach dir zu erkundigen!«
    Bei dem Gedanken an unsere Militärzeit wurden wir einen Moment lang ganz still und waren wieder Verbündete. Vielleicht fragten wir uns jetzt, da wir erwachsener waren, ob es nicht geschickter gewesen wäre, den Vorgesetzten zu besänftigen und so zu unserem Recht zu kommen.
    Vielleicht auch nicht. Petronius und ich waren derselben Überzeugung: Nur Schleimer bekommen eine gerechte Personalbeurteilung. Aufrechte Leute diskutieren nicht lange rum. Die wirklich Anständigen wissen, daß das Leben ungerecht ist.
    Petro wechselte das Thema und fragte: »Hast du bei Nonnius irgendwas erreicht?«
    »Nein. Er schwört, daß er mit der Sache im Emporium nichts zu tun hat.«
    »Hah! Deswegen«, erklärte Petro beinahe sanft, »hab ich mir den Besuch bei ihm gespart.«
    »In Ordnung. Ich dachte, ich wäre euch zugeteilt worden, um freiwillig die peinlichen Aufgaben zu übernehmen, und könnte gleich damit anfangen.«
    » Io! Du wirst uns noch unentbehrlich werden.«
    »Oh ja. Am Ende wirst du einen festangestellten Privatermittler für deine Truppe beantragen … Welchem verlogenen Exgangster sollen wir als nächstes auf die Füße steigen?«
    Petro schaute nachdenklich. »Ich hatte Martinus aufgetragen, die anderen Großkaliber in die Zange zu nehmen. Sie streiten natürlich jede Beteiligung ab. Unsere einzige Hoffnung ist, daß einer von ihnen aus reiner Bosheit den Schuldigen verrät. Aber damit wird Martinus schon fertig. Warum sollen wir uns verrückt machen? Das einzige Problem ist: Er ist extrem langsam. Martinus hält nur ein äußerst gemäßigtes

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