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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Tempo für angebracht. Drei Gangsterbosse zu befragen, wo sie an einem bestimmten Dienstagabend waren, wird ihn an die fünf Wochen kosten. Doch wenn man ihn in Ruhe läßt, wird er uns zu gegebener Zeit schon mitteilen, ob irgendwas stinkt.«
    »Vertraust du ihm?«
    »Er hat eine ganz passable Nase – wenn sein Vorgesetzter ihn kundig führt!«
    »Und was sollen wir zwei Blitzjungs tun, während er sehr vorsichtig die Gauner beschnüffelt? Ermittlungen bei den Rennen anstellen?«
    »Kommt darauf an …« Petro schaute regelrecht verschmitzt. »Machst du lieber Büroarbeit, oder bist du bereit, einen Geheimauftrag zu übernehmen, der deine Gesundheit und deinen Ruf zerstören könnte?«
    »Oh, lieber Büroarbeit!« log ich. Wenn ich gewußt hätte, welchen Geheimauftrag er meinte, wäre es mir damit vielleicht sogar ernst gewesen.
    »Wie schade. Ich dachte, wir könnten mal mein Tantchen besuchen.« Ein uralter Euphemismus. Petronius Longus meinte nicht seine Tante Sedina mit dem breiten Hintern und dem Blumenstand.
    »Ein Bordell?«
    »Nicht irgendeines.«
    »Ooh! Ein spezielles Bordell!«
    »Ein Mann muß auf Qualität achten, Marcus Didius! Du brauchst nicht mitzukommen …«
    »Stimmt, du bist ja schon groß.«
    »Helena hat vielleicht was dagegen …«
    Ich grinste freundlich. »Sie würde wahrscheinlich mitkommen wollen. Als ich das erste Mal mit Helena geschlafen habe, waren wir vorher im Bordell.«
    Petronius schnaubte mißbilligend. »Ich wußte gar nicht, daß Helena Justina so eine Art Mädchen ist!« Er dachte, ich wolle andeuten, sie sei einst eine dieser gelangweilten Senatorentöchter gewesen, die sich in Freudenhäusern ein wenig Abwechslung verschaffen.
    »Wir kamen nur da durch …« Ihn zum Narren zu halten, war ziemlich leicht. »Ach, hör doch auf. Helena hätte Vestalin werden können, wenn sie nicht in mir ihren Herzallerliebsten gefunden hätte.« Ich schüttelte den Kopf. Er zuckte zusammen. Mit dem Rest der Geschichte wollte ich ihn nicht belasten. »Wo ist also dieser Tempel der Lust, in den du mich locken willst? Eine dieser Lasterhöhlen in der Subura, wo die Praktiken uralt und die Huren Mumien sind? Die Hütten außerhalb der Stadt, wo entlaufene Sklaven müde Reisende für ein paar Münzen erquicken? Oder eins von den lausigen Kabuffs in der absolut plebejischen Patrizierstraße?«
    »Viel näher. Beim Circus.«
    »Oh, Jupiter! Man kann sich doch schon was wegholen, wenn man an diese dreckigen Löcher nur denkt.«
    »Dann schalt dein Hirn aus. Du gehst oft genug daran vorbei, ohne nachzudenken … Wir hatten einen schweren Morgen hinter uns. Ich finde, wir haben uns einen Nachmittag exotischer Unterhaltung mit der exquisiten Lalage verdient!«
    »Aber erst lade ich dich zum Essen ein«, bot ich ihm prompt an. Petro nahm an, weil er genau wie ich der Meinung war, daß wir vorher unbedingt Stärkung brauchten.

XIX
    Wir waren jetzt im Elften Bezirk. Der lag außerhalb von Petros Gebiet, aber er meinte, es wäre nicht nötig, einen Höflichkeitsbesuch bei der Sechsten Kohorte abzustatten, die hier das Sagen hatte. Da es schließlich nicht um meine Karriere im öffentlichen Dienst ging, überließ ich ihm die Entscheidung. Ich wußte, daß er die Sechste nicht mochte. Ja, er genoß es regelrecht, sich unter dem Vorwand unserer Sondervollmacht hier heimlich einzuschleichen.
    Die meisten Prostituierten beim Circus Maximus sind Bordsteinschwalben und Freiluftakrobatinnen. Sie hängen während und nach dem Rennen hier rum und haben es auf die Männer abgesehen, deren Appetit auf Erregendes durch Zusammenstöße beim Wagenrennen angeheizt wurde. (Oder auf Männer, denen das Geld locker sitzt, aber die zum Rennen gemeldeten Gäule nicht passen.) Einige Damen spielen rechtschaffene Bürgersfrauen und trippeln vor Tempeln auf und ab, doch es läuft aufs gleiche hinaus: gegen eine Mauer gelehnt, mit der Aussicht, beklaut zu werden, sich was wegzuholen und ein schlechtes Gewissen zu haben.
    Das als »Platons Akademie« bekannte Bordell bot gewisse Vorteile. Beim »Platons« konnte man die Sache wenigstens in der Horizontale erledigen, solange man nicht unbedingt Wert auf saubere Laken legte. Diebstahl und Krankheit waren auch hier ein Risiko. Das Gewissen blieb Privatsache.
    Petronius und ich sondierten erst mal das Terrain. Ich will nicht sagen, daß wir nervös waren, aber das »Platons« hatte selbst für römische Verhältnisse einen recht deftigen Ruf. Wir wollten auf Nummer Sicher gehen. Wir

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