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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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die verdammte Geschichte mit den Lykiern sei inzwischen geklärt.« Sie nahm an, wir seien wegen des ermordeten Touristen gekommen, dessen Tod das Verfahren gegen Balbinus begründet hatte.
    »Es geht nicht um die Lykier.«
    »Dann kann ich Ihnen leider nicht helfen.«
    »Das werden Sie aber leider müssen. Oder sind Sie scharf auf eine Razzia?« fragte Petronius. »Wir finden bestimmt in den Kabuffs da unten ein paar entführte Minderjährige bei der Arbeit. Oder Freigeborene ohne Lizenz. Sind Sie sich ganz sicher, daß Sie die Hygienevorschriften streng einhalten? Werden hier im Haus Mahlzeiten serviert? Und wenn ja, haben Sie eine Lizenz dafür? Wer sind die zwielichtigen Gestalten, die Falco und ich da unten gesehen haben?«
    Petronius neigte dazu, sich strikt an seine Zuständigkeiten zu halten, aber hier waren vielleicht schärfere Waffen vonnöten. »Wie wär’s mit einem Skandal?« flötete ich. »Bedeutender Magistrat entlarvt; empörte Ehefrau reicht Scheidung ein; schockierte Regierungsbeamte sagen, so was hätten sie seit Caligulas Exzessen nicht mehr gesehen. Das wär dem ›Tagesanzeiger‹ bestimmt ein paar Schlagzeilen wert!«
    »Gut fürs Geschäft.« Lalage zuckte die Schultern. Dummerweise hatte sie recht. So eine Geschichte würde ihre vornehmen Kunden für eine Weile verscheuchen, ansonsten aber einen Ansturm auslösen. Lalage wandte sich Petro zu. »Außerdem arbeiten Sie im Dreizehnten Bezirk. Hier ist der Elfte; für den sind Sie nicht zuständig. In meinem Haus gibt es keine Razzia«, versicherte sie ihm gelassen. »Die ›Laube der Venus‹ hat ausgezeichnete Beziehungen zu den Jungs aus unserem Bezirk.«
    »Das kann ich mir denken«, knurrte Petro.
    »Sie passen sehr gut auf uns auf.«
    »Ich bin nicht wie die Sechste Kohorte. Ich laß mir nichts zustecken, und ich bin auch nicht auf eine halbe Stunde mit einem zweifelhaften Flittchen auf einem Ihrer flohverseuchten Laken aus!«
    »Oh, natürlich nicht. Sie sind ein Held, und Ihre Kohorte ist die einzig ehrliche! Etwas Ausgefalleneres vielleicht?« säuselte Lalage affektiert. »Hat der ehrenwerte Herr besondere Wünsche?«
    »Halt die Klappe, Lalage!«
    »Juno! Sollte ich etwa auf das einzige Mitglied der Vigiles gestoßen sein, das unbestechlich ist?«
    Petro ging nicht darauf ein. Wir untersuchten hier keine Schmiergeldaffäre. Wollte sich jemand dieses Problems annehmen, wären dazu mehr als zwei Beamte nötig, und die sollten besser skythische Kettenpanzer tragen. »Hören Sie mir endlich zu! Ich bin nicht auf ’ne kostenlose Nummer aus, und Sie laufen Gefahr, daß Ihr Bordell geschlossen wird und Sie wieder auf dem Straßenstrich landen.«
    »Ich bin nie auf den Strich gegangen!« entfuhr es der Puffmutter voll echten Entsetzens.
    Ich mischte mich ein. »Wir meinen es ernst«, warnte ich sie. »Wenn Sie nicht mit uns zusammenarbeiten, könnte es böse für Sie ausgehen!«
    »Hübsche Rede. Und was hab ich davon?«
    »Seien Sie klug. Mein Kollege fährt leicht aus der Haut.«
    Sie richtete ihren strahlenden Blick auf mich. Ihr Verhalten änderte sich. Sie hatte fünfzehn Jahre praktischer Erfahrung hinter sich, und ich merkte, wie mir der Atem stockte. »Und was ist mit Ihnen?« murmelte sie.
    »Er hat eine sehr ehrbare Freundin«, warf Petronius hastig ein.
    »Ah, verstehe. Warum ein Schwein halten und selbst grunzen?« Ihr Blick ließ mich nicht los. Ich hielt ihm zwar stand, aber der Druck war enorm; außerdem konnte ich Petro nicht mehr sehen. Das war der Nachteil an unserer Taktik mit den verschiedenen Ecken – einer von uns war verletzlich. Lalage wußte Verletzlichkeit in Erregung umzumünzen. Immer noch schenkte sie mir dieses vielversprechende Lächeln, und ich konnte nicht umhin, ihr Spiel zu bewundern. Einst war sie eine richtige Schönheit gewesen. Jetzt war sie zwar angestoßen, aber immer noch attraktiv. Abgegriffene Pracht hat ihren eigenen Reiz. Jungfräulichkeit ist ein fades Gut.
    Das Blickduell war jedoch nur von kurzer Dauer. »Sie scheinen ein Mann mit Geschmack zu sein«, sagte sie.
    »Ich wärme mich lieber am eigenen Herd.« Ich tat gern mehr als das, und was meinem Geschmack entsprach, wurde nicht stundenweise verkauft. Mein Mädchen konnte man nicht kaufen.
    Lalage ließ das Thema fallen, wenn auch nicht ohne spöttische Bemerkung. »Vielen Dank, daß es wenigstens wie eine Entschuldigung klingt.«
    »Aventinische Etikette.«
    Ihr Blick wurde schärfer, aber ich tat, als hätte ich nichts Besonderes gesagt.

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