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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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vorhatten. Wir hätten nicht lachen sollen. Am Eingang eines Bordells zu lachen, kann schlimme Folgen haben. Tun Sie das nie, ohne vorher sorgfältig in beide Richtungen zu sehen.
    Jemand, den wir kannten, kam auf uns zu. Petro und ich konnten nichts mehr tun. Es war zu spät, um sich diskret zu verdrücken; und viel zu spät für eine Unschuldsmiene.
    Durch die enge Gasse näherte sich laut heulend ein kleines Mädchen mit großen Füßen und dreckigem Gesicht. Sie war sieben Jahre alt und trug eine Tunika, die ihr schon seit Monaten zu klein war, dazu ein billiges Glasperlenarmband, das ihr ein netter Onkel aus dem Ausland mitgebracht hatte, und ein extravagantes Amulett zum Schutz gegen den bösen Blick. Der böse Blick hatte sie trotzdem getroffen; das Kind wurde von einer kleinen, grimmigen alten Dame mit verkniffenem Mund vorwärtsgezerrt, der man die moralische Entrüstung schon ansah, noch bevor sie uns entdeckte. Und natürlich entdeckte sie uns in just dem Augenblick, als wir wie zwei müßige Faulenzer aus »Platons Akademie« geschlendert kamen.
    Die Kleine steckte tief in der Tinte, weil sie die Schule geschwänzt hatte. Sie war entzückt, jemanden zu sehen, den sie mit in den Hades ziehen konnte. Wir waren genau die Ablenkung, die sie brauchte.
    »Da ist Onkel Marcus!« Augenblicklich hörte sie auf zu heulen.
    Ihre Gefängniswärterin blieb abrupt stehen. In unserer Jugend waren Petro und ich recht umtriebig gewesen, doch das wußte niemand in Rom. Wir hatten es im Ausland erledigt.
    Jetzt war es aus mit der Tarnung. Meine Nichte Tertulla starrte uns an. Den Unterricht zu schwänzen, für den ihre Großmutter so mühsam das Geld zusammenkratzte, konnte sich mit unserer Schande nicht messen, das wußte sie. Wir wußten es ebenfalls.
    »Petronius Longus!« rief die alte Dame voller Erstaunen, zu entsetzt, mich überhaupt zu erwähnen. Petro war als guter Ehemann und Vater bekannt, also würde man mir die Schuld in die Schuhe schieben.
    »Guten Tag«, murmelte Petro zurückhaltend und tat so, als könnte sein mit Mühe unterdrücktes Kichern nur etwas mit einer soeben gehörten, äußerst komischen, aber absolut tugendsamen Geschichte über einen Aspekt der Lokalpolitik zu tun haben. Geistesgegenwärtig ließ er sich dann rasch darüber aus, daß wir die Damen leider nicht in eine sicherere Gegend begleiten konnten, weil er gerade von einem dringenden Problem in seinem Wachlokal erfahren hätte.
    In diesem Moment kam ein aufgelöstes Wesen, in dem ich meine Schwester Galla erkannte, die Gasse hinuntergerannt und rief: »Oh, du hast das kleine Miststück also gefunden!« Galla verbrachte die Hälfte ihres Lebens in völliger Unkenntnis dessen, was ihre Kinder gerade anstellten, und den Rest in schuldbewußter Hysterie, nachdem irgendein Dummkopf es ihr erzählt hatte.
    »Ich hab noch viel mehr gefunden!« kam die knappe Antwort, und zwei vor Verachtung sprühende Augen richteten sich endlich auf mich.
    Es gab kein Entkommen.
    »Hallo, Mutter«, sagte ich.

XXII
    Aua!

XXIII
    Als ich meine Wohnung betrat, sah ich jemanden an der Balkontür stehen. Ihr dunkles Haar glänzte im Sonnenlicht hinter ihr; sie war sofort hereingekommen, als sie meine Schritte hörte.
    Sie war voller Anmut und Heiterkeit. Sie trug ein einfaches blaues Kleid, an das sie eine spätsommerliche Rosenknospe gesteckt hatte. Falls sie Parfüm benutzt hatte, war es so diskret, daß nur der Glückliche, der ihren Hals küssen durfte, es bemerken würde. Ein silberner Ring an ihrer linken Hand zeigte ihre Verbundenheit mit eben diesem Glücklichen, wer immer er war. Sie war all das, was eine Frau sein sollte.
    Ich nickte ihr höflich zu.
    »Man wird sich überschlagen, dir zu erzählen«, sagte ich, »daß Petronius und ich heute nachmittag eine Stunde in einem Bordell am Circus Maximus verbracht haben. Es ist dafür berühmt, die Vigiles mit abscheulichen Dienstleistungen zu bestechen. Man hat uns dabei beobachtet, wie wir Arm in Arm grinsend das Bordell verließen.«
    »Ich weiß«, sagte sie.
    »Das hatte ich befürchtet.«
    »Zu Recht!«
    Die zarten Glieder eines ihrer Armbänder rutschten über ihr schlankes Handgelenk, als sie die Schriftrolle, in der sie offenbar gelesen hatte, hochhob. Ihre Füße waren nackt. Sie, die auf Schwanendaunen unter den Marmorkolonnaden im Haus eines reichen Mannes hätte sitzen sollen, hatte in der warmen Sonne auf dem Balkon gelesen, hoch über dem Dreck des Aventin, wo sie mit mir lebte.
    Ich wählte

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