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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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können, daß das die Wahrheit war.
    Ich atmete tief durch. »Nehmen Tibullinus und Arica Schmiergelder?«
    »Wahrscheinlich«, erwiderte Petro kurzangebunden. Irgendwas an seiner Art ließ mich zögern, weitere Fragen zu stellen.
     
    Als wir uns unserem Ziel näherten, begrüßte mich plötzlich eine vertraute Gestalt.
    »Marcus!«
    »Quintus! Ich habe schon gehört, daß du aus Germanien zurück bist. Ach, ist das gut! Petro, das ist Camillus Justinus.«
    Justinus war Helenas jüngerer Bruder, ein schlanker, knabenhafter Mann von etwas über zwanzig. Heute war er in Zivil – eine makellose weiße Tunika und eine eher nachlässig drapierte Toga. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, trug er die Uniform eines Tribuns der Rheinarmee. Ich selbst war in einer Mission Vespasians dort gewesen, der sich Justinus mutig angeschlossen hatte. Ich wußte, daß er zurückbeordert worden war und jetzt wohl die Stadien des Zivillebens der Oberschicht durchlaufen würde, um vermutlich mit fünfundzwanzig im Senat zu enden. Trotzdem mochte ich ihn. Wir umarmten uns wie Brüder, und ich machte Witze über seine Lage.
    »Stimmt. Ich bin nach Hause geschickt worden, damit ich ein guter Junge bin und allmählich auf Stimmenfang gehe.«
    »Keine Bange, den Senat schaffst du spielend. Du mußt nur jedesmal, wenn du dich unter die Menge mischst, ›Jupiter! Was für ein Gestank!‹ murmeln und gleichzeitig die Zähne mit einem freundlichen Lächeln blecken, falls jemand von der Plebs Lippen lesen kann!«
    »Tja, das ist noch ein paar Jahre hin …«, seufzte Justinus. »Ich wollte sowieso zu dir. Ich glaube, ich hab mich in eine Schauspielerin verliebt.«
    Petro und ich sahen einander an und stöhnten.
    »Warum muß die Jugend immer die gleichen alten Fehler machen?« fragte ich. Petro schüttelte traurig den Kopf. In unserer Jugend waren wir beide auch mit der einen oder anderen Schauspielerin befreundet gewesen, aber jetzt trugen wir Verantwortung. (Wir waren zu alt, zu zynisch und achteten zu sehr auf unser Geld.)
    »Möglicherweise kennst du sie …«, versuchte es Justinus.
    »Sehr wahrscheinlich!« stieß Petronius hervor, als bräuchte ich mir darauf nichts einzubilden. Seit seiner Heirat war er sehr selbstgerecht geworden. Ich hielt das für Maskerade. Er hatte sich nicht wirklich verändert.
    »Quintus, bitte mich bloß nicht, dich irgendwelchen Schauspielerinnen vorzustellen! Ich hab schon genug Ärger mit deiner Familie.«
    Justinus grinste breit. »Das stimmt – und dir steht noch mehr bevor! Ich habe den Auftrag, dich und Helena an ihrem Geburtstag zu uns zum Essen einzuladen. Das ist morgen«, setzte er unnötigerweise hinzu. Was mich an das Problem mit dem abhanden gekommenen Geburtstagsgeschenk erinnerte, und innerlich fluchen ließ. »Du weißt allerdings noch nicht«, fuhr Helenas Lieblingsbruder fort, »daß noch jemand aus dem Ausland heimgekommen ist. Jemand, der es nicht gut findet, daß seine Schwester mit einem Privatermittler zusammenlebt, und sich gern in aller Ausführlichkeit darüber ausläßt, was er am liebsten mit dir anstellen würde.«
    »Aelianus?«
    »Genau.« Der andere Bruder, den ich noch nicht kennengelernt hatte, aber schon aus vollem Herzen verabscheute. Seine Ansichten über mich waren eindeutig; er hatte sie in einem bitteren Brief an seine Schwester detailliert geschildert. Was er Helena damit angetan hatte, war unverzeihlich.
    »Sieht so aus, als stünde uns ein wunderbarer Abend bevor!« bemerkte ich.
    Quintus Camillus Justinus, ein netter Kerl, der im Gegensatz zu seinem Bruder der Meinung war, ich täte seiner Schwester gut, salutierte förmlich. »Du kannst dich natürlich auf meine Unterstützung verlassen, Marcus Didius!«
    »Oh, tausend Dank!« erwiderte ich.
    Er würde einen guten Politiker abgeben: Das hier war offene Bestechung. Also mußte ich jetzt die Zeit finden, einen Senatorensohn einer Schauspielerin vorzustellen, und dann zusehen, wie er seinen bislang makellosen Ruf in einer skandalösen Liebesaffäre ruinierte. Zweifellos würde hinterher von mir erwartet werden, daß ich den jungen Mann auf Stimmenfang durch die Stadt begleitete.
     
    Petronius und ich wurden vom Pförtner sofort eingelassen, nachdem wir vor Nonnius’ Haus Guten Tag gebrüllt hatten. Er schien erleichtert, daß wir kamen und das Kommando übernahmen. Zu unserer Begrüßung kam er mit einem Wandschirm heraus, und sah zu, wie wir die Eingangstür untersuchten, die letzte Nacht so wirkungsvoll

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