Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
ließ die schwere Uhr in ihre Hand fallen. »Und jetzt?«
»Ich … Himmel! Nein. Die Zahlen sind komplett verschwunden. Zieh sie mir wieder an.«
Sie tat es und legte ihm die multifunktionelle Armbanduhr ums Handgelenk, während er fuhr. Sie hatte sie noch nicht mal festgemacht, als er ungläubig sagte: »Und da sind sie wieder. Herr im Himmel. Das ist ja wirklich total bekloppt.«
Acadia nahm sie ihm wieder ab und drehte sie herum. Sie leuchtete mit ihrer Taschenlampe auf die Unterseite und las laut vor: » Gideon Stark. August 2008. Das ist die Uhr von deinem Bruder, Zak.«
»Oh, Scheiße.« Seine Stimme wirkte ungläubig, sein Gesicht eifrig, als er sich abmühte, das Fahren unter einen Hut zu bringen mit dem Versuch, diese … Visionen zu begreifen. Oder was es auch immer war.
Was es auch war, dachte Acadia, es war unglaublich. »Habt ihr beide dieselbe?«
Er nickte. »Unsere Großmutter mütterlicherseits hat in dem Jahr jedem von uns eine Uhr zum Geburtstag geschenkt. Meine im Mai, Gideons im März. Ich muss nach der Falschen gegriffen haben, als wir aus dem Guerillalager getürmt sind. Gott, das ist …« Verrückt? »Erstaunlich.«
»Was, wenn die Uhr deines Bruders dir irgendwie seine GPS-Koordinaten sendet?«
Zak kniff die Augen zusammen. »Wie ist das überhaupt möglich?«
Acadia biss sich auf die Lippen. Wie sollte das möglich sein? Es sei denn …
Der heilige Christophorus beschützte Reisende. Vielleicht beschützte er ihn immer noch, oder irgendein anderer Heiliger oder irgendeine Macht oder, verdammt, sie hatte keine Ahnung, vielleicht das Band zwischen Brüdern? »Zak, ich weiß, das klingt …« Sie zögerte und starrte auf die Karte hinunter. »Also, es klingt verrückt. Aber ich glaube, als du bei der Operation in der Mission gestorben bist«, ihr versagte die Stimme, »du wurdest für klinisch tot erklärt. Ich glaube, als du mit Elektroschocks wieder ins Leben zurückgeholt wurdest, hast du irgendwie diesen unglaublichen neuen Sinn entwickelt.«
»Komm schon, das ist doch lächer…«
Acadia lehnte sich hinüber und brachte mit beiden Händen die Uhr wieder an seinem Handgelenk an. »Sag das noch mal.«
Er blinzelte. Der Flughafen kam in Sichtweite, ein niedriges, weißes, hell erleuchtetes Gebäude mit einem vollen Parkplatz mit ein- und ausgehendem Verkehr. Und die Zahlen materialisierten sich augenblicklich und begannen im unteren Quadranten seines Blickfelds von links nach rechts zu laufen. »Lies die Koordinaten noch mal vor«, bat er sie knapp. »Ohne die Gradzahlen und Leerschritte.«
Acadias Herz hämmerte vor Aufregung, als sie sorgfältig mit einem Finger über den oberen Rand der Karte und mit einem anderen an der Seite hinunterfuhr. »558 362 328 59 675 625 355 565? Das sind sie, oder?«
Er hörte die laut vorgelesenen Zahlen und las sie gleichzeitig, als sie vor ihm vorbeizogen. Es war … Gott. Er wusste nicht, was er denken sollte. Aber … »Gütiger Himmel, Acadia! Ich weiß, wo wir Gideon finden – wir können direkt zu ihm.«
Sie legte ihm die Hand auf seinen festen Oberschenkel und drückte ihn, und Zak wurde klar, dass er das Staunen und die tief empfundene Erleichterung, die er spürte, nicht auszusprechen brauchte. Er brauchte ihr nicht zu sagen, dass das, was er gerade erlebte, ergreifend war. Erschreckend. Überwältigend. Unbeschreiblich.
Er wusste, er brauchte ihr nichts darüber zu sagen, denn sie hatte es verstanden. Alles. Sie hatte ihn verstanden. Und, was noch unglaublicher war, sie wurde nicht hysterisch, schrie herum oder flippte aus, nicht im Geringsten. Sie akzeptierte ihn einfach so, wie er war, ohne Einschränkung.
Zak wünschte sich inständig, dass er sie nicht in ein Flugzeug setzen musste. Wünschte, dass er ihr keinen Abschiedskuss zu geben brauchte. Wünschte … Verdammt, er wünschte sich so vieles. Das bedeutete noch lange nicht, dass irgendetwas davon in Erfüllung gehen würde.
»Gehen wir nicht durch das Terminal?«, fragte sie, während ihre Handfläche mit einer beruhigenden Bewegung seinen Oberschenkel auf und ab fuhr, was irgendwie seine Seele tröstete. Nicht nur das, sie milderte die Angst, die er in sich trug, seit Gid vor einer halben Ewigkeit im Dschungel darauf bestanden hatte, dass sie sich trennten.
»Der Firmenjet wird im Nebenterminal stehen«, erklärte er. »Das ist nur ein paar Hundert Meter von hier entfernt. Keine Sorge. Keiner verfolgt uns.«
»Ich weiß«, sagte sie leise. »Deswegen mache ich mir
Weitere Kostenlose Bücher