Gnadenlos (Sara Cooper)
Cruz‘ Rücken strafften sich gleichzeitig. Sie hatten nicht mitbekommen, dass Miller hinter ihnen stand und alles mitanhörte. Sein Blick war nicht minder scharf als sein Ton. Mit energischen Schritten ging er voraus und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. „Schließt die Tür!“, befahl er. Er war zwar öfter mal sauer, aber so wütend hatten sie ihren Chef selten gesehen. „Ich habe euch gewarnt. Habe ich gerade richtig gehört? Ihr observiert einen Drogensüchtigen und dessen Schwester? Und lasst mich raten, die Schwester ist zufällig die beste Freundin von Saras Nichte? Glaubt ihr eigentlich, ihr habt es mit einem Idioten zu tun?“ Millers Stimme bebte. Obwohl die Tür geschlossen war, würden die Kollegen draußen jedes Wort mitbekommen.
„Sir“, setzte Lilly an, doch ihr Boss schnitt ihr das Wort ab.
„Spart euch die Ausreden.“ Verständnislos sah er seine Mitarbeiter an. „Cruz war außer Haus und ich habe etwas gesucht. Sämtliche Notizen lagen auf seinem Schreibtisch.“ Er atmete tief ein und schien sich zu beruhigen. Er machte eine kurze Pause. „Es ehrt euch wirklich sehr, dass ihr Sara helfen wollt, aber das ist nicht euer Job. Ihr habt genug damit zu tun, die Straßen hier sauber zu halten. Haben wir uns verstanden? Wenn ich noch ein Mal mitbekomme, dass ihr verdeckt ermittelt, seid ihr euren Job los. Und jetzt geht mir aus den Augen.“
Millers Ton ließ keine weiteren Diskussionen zu. Lilly und Cruz warfen sich einen betretenen Blick zu und standen auf. Lilly hatte den Türknopf schon in der Hand, da blaffte Miller sie noch einmal an. „Das Gleiche gilt für O’Grady!“
Als sie aus Millers Büro traten, kam Trish eilig auf sie zu. Sie wedelte mit einem Zettel herum. „Lilly, das interessiert euch vielleicht“, sagte sie leise, „eine Streife hat gestern Nacht Lydia Reynolds vor ihrem Haus gefunden. Sie und ihr Mann wurden überfallen.“
Kapitel 31
Pacific Beach, San Diego
Der Tag war makellos. Keine Wolken am Himmel, nur die Kondensstreifen eines Flugzeugs waren zu sehen. Die Sonne schien mit sanfter Wärme und Eltern freuten sich mit ihren Kindern auf das bevorstehende Wochenende. Anders Shawn. Er stand seit geraumer Zeit vor Robert Suttons zweigeschossigem, weißgestrichenen Haus im Stadtteil Pacific Beach, hatte vergeblich geklingelt und wartete. Im Vorgarten des Anwesens ragte ein einzelner Baum auf, der Rasen war akkurat geschnitten. Das Garagentor stand halb offen und Shawn erkannte die Hinterräder eines Mustangs. Sutton war für die Polizei kein unbeschriebenes Blatt und der Kopf der Gang, mit der sich Claire angelegt hatte. Shawn klingelte erneut und blickte an der Hausfront nach oben, aber es tat sich nichts, die Vorhänge waren zugezogen und es blieb still. Es schien auch niemand durch den Türspion zu gucken. Er klingelte noch einmal und meinte, dieses Mal ein Geräusch zu vernehmen. Im oberen Stockwerg bewegte sich ein Vorhang. Irgendetwas stimmte hier nicht. Er beschloss, um das Haus herum zu gehen. Während er langsam an der Fassade entlang schlich, rief er seinen Kollegen an. „Cruz, ich bin es“, sagte er knapp. „Komm bitte zu Suttons Haus. Beeil dich, hier ist irgendwas faul. Und komm alleine. Wenn Miller das mitbekommt, bringt er uns um.“
„Shawn, sei vorsichtig. Die Mutter und der Stiefvater von Claire sind überfallen worden. Die Handschrift passt irgendwie sehr zu einem Kerl wie Sutton.“ Cruz klang beunruhigt.
Shawn packte das Handy weg und zog seine Waffe, entsicherte sie. Vorsichtig bog er um die Ecke. Vor ihm lag der riesige Garten. Es roch nach frisch gemähtem Gras, der Rasen war saftig grün. Die Sonne blitzte durch die Bäume und spiegelte sich auf der Wasseroberfläche des Swimmingpools. Die Terrassentür stand halb offen, der Vorhang wehte im Wind. Shawn spürte seinen eigenen Atem. Das Kribbeln auf seiner Stirn. Er hielt die Waffe so fest in der Hand, dass seine Finger wehtaten. Vorsichtig zog er den Vorhang beiseite. In dem Raum war niemand. Blitzblanke, helle Holzböden, gewölbte Decken mit glattem Putz. Eine Treppe mit Holzgeländer, die mit einem beigefarbenen Teppich ausgelegt war, führte in die obere Etage. Er hörte wieder ein Geräusch, ein Rascheln. Oder waren es Schritte? Er reagierte in jedem Fall zu langsam. Als er sich umdrehte, schlug ihm etwas Festes gegen den Schädel. Er fiel zu Boden und knallte auf den harten Beton.
Kapitel 32
Koh Tao
Sara und Tom warteten am Hafen auf die nächste Fähre, es war noch
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