Gnadenlos (Sara Cooper)
der kleinen Luke erspähte.
„Mia!“, schrie sie zurück. Ihre Blicke trafen sich und ließen nicht mehr voneinander ab.
„Ich bin hier“, schrie Mia. „Ich bin bei dir.“
„Bitte!“ Sallys Stimme klang flehend.
„Schau mich an. Nur mich“, brüllte Mia. „Schau mich an, Sally. Du bist nicht alleine.“ Mia hoffte inständig, dass irgendwas passieren würde, obwohl sie ahnte, dass das Mädchen nichts mehr retten konnte. Ihre Freundin war in der Mitte des Hofes angelangt und musste in die Knie gehen. Lähmende Angst hatte Mias Körper erfasst. Sally hockte auf dem dreckigen Boden, wo schon etliche andere Frauen hingerichtet worden waren. Tränen liefen über ihr Gesicht. Ihre Blicke trafen sich ein letztes Mal, dann wurde Sally ein Stück Stoff über den Kopf gezogen. Mia schloss die Augen und drehte sich weg. Sie ließ sich an der kalten Wand hinunter gleiten. Sie weinte und zitterte am ganzen Körper, als der Schuss die Stille zerriss. Ihr Blut schoss durch ihre Adern, so laut, dass sie das Rauschen wahrnahm.
Kapitel 34
Bangkok
Tom und Sara hatten Bangkok nach einer anstrengenden Reise mit Fähre und Zug erreicht und standen am Bahnhof. „Ich werde mich mit meinem Informanten treffen“, sagte Tom. „Alleine“, ergänzte er.
Diese Ergänzung gefiel Sara nicht. Ihre Augen verengten sich. „Auf keinen Fall. Ich komme mit“, erwiderte sie.
Tom blieb stehen. „Sara, ich kann dich gut verstehen. Aber er ist mein Informant und ich möchte, dass er mein Informant bleibt, daher treffe ich ihn alleine. Du musst lernen mir zu vertrauen, sonst können wir Mia nicht helfen.“
Sara dachte kurz über seine Worte nach. „Na schön. Beeil dich. Ich fahre ins Hotel und versuche meine Leute zu erreichen.“
Tom nickte. „Alles klar, warte dort auf mich. Ich hol dich ab.“ Er ging zu seinem Wagen, den er am Bahnhof abgestellt hatte. Der verbeulte Ford sprang erst nach unzähligen Startversuchen an. Sara schüttelte den Kopf, während Tom wegfuhr.
Sara mochte Bangkok nicht. Die Stadt war ihr zu laut, zu dreckig und zu voll. Sie ertrug heute keine Stimmen, das Chaos in ihrem Kopf war laut genug. Nichts machte Sinn. Alles wurde immer undurchsichtiger. Mit Mühe bahnte sie sich ihren Weg durch Menschenmengen, wurde immer wieder angerempelt. Entnervt konnte sie endlich ein Tuck Tuck anhalten, das sie ins Hotel brachte. Sie nahm auf der engen Rückbank Platz und quetschte ihren Rucksack neben sich. Ihre Knochen taten weh und sie brauchte unbedingt eine kalte Dusche. Sie lehnte sich zurück und dachte an Matt und Noah. Mit dieser Aktion mutete sie ihnen wieder einmal viel zu - und nun war sie auch noch mit einem anderen Mann alleine auf der Insel unterwegs. Sie wusste, dass Matt das nicht gerne sah, aber was sollte sie machen? Tom war hier ihre einzige Hilfe. Sara schloss eine Weile die Augen. Als sie sie wieder aufschlug, fuhr das Tuck Tuck am Hotel vor. Sara drückte dem Fahrer ein paar hundert Baht in die Hand und ging zur Hotellobby. „Irgendwelche Nachrichten für mich?“, fragte sie den jungen Mann an der Rezeption. Dieser hatte schon ein paar Zettel mit Nachrichten in der Hand und hielt sie Sara hin. „Sie scheinen ziemlich beliebt zu sein“, sagte er lächelnd.
Sara nahm die Blätter entgegen und seufzte. „Das wäre schön“, erwiderte sie knapp und ging hoch in ihr Zimmer.
Der Raum war immer noch angenehm kühl, wirkte aber unendlich verlassen. Sara stellte ihren Rucksack ab und warf sich auf das Bett. Sie schaute die Nachrichten durch. Matt, ihre Schwester und Cruz. Sie steckte ihr Handy ans Aufladekabel und nahm das Hoteltelefon, um Cruz anzurufen. Nach einigen Freizeichen ging er dran. „Boss?“ Seine Stimme klang gedämpft. Sara vernahm ein Rauschen, es klang, als würde Cruz den Raum verlassen. „So, da bin ich. Sorry“, sagte ihr Kollege leicht außer Atem. „Wir haben Stress mit Miller. Er hat uns förmlich auf frischer Tat ertappt und jetzt kontrolliert er uns auf Schritt und Tritt.“
Sara schloss die Augen.
„Sara, wir haben einiges herausgefunden“, sprach er weiter.
„Ich auch, Cruz“, unterbrach sie ihn. „Mia sitzt im Gefängnis.“
Cruz stockte. „Wie bitte?“
Sara atmete tief ein. „Dieser Tom Jackson, Ricks Privatdetektiv, hat einen Tipp von irgendeinem Informanten bekommen, dass Mia im Gefängnis sitzt. Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht. Irgendwer spielt Mia böse mit. Alle scheinen korrupt und geschmiert zu sein.“ Cruz hörte aufmerksam zu,
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