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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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durchnässt. «Musst du nicht mehr brechen, Mama?»
    «Nein, ich glaube, mir geht es schon besser.»
    «Dann will ich Pizza!»
    Janicki fasste ihn bei den Händen und zog ihn hoch. «Na los, hopp!»
    Paul lachte, kletterte Kais Beine hoch und machte einen Überschlag.
    Auch Janicki lachte. «Nix Pizza! Es gibt Schnitzel und Blumenkohl mit Käsesauce.»
    «Okay.» Paul machte sich los und legte den Kopf schief. «Dann spiel ich weiter, bis das fertig ist.»
    «Auf gar keinen Fall!» Bettina hatte ihre Uhr wieder angelegt und nahm den Eimer, um ihn ins Bad zu bringen. «Weißt du was?», meinte sie sanfter. «Papa kocht, und wir beide setzen uns an den Küchentisch und malen was.»
    Paul schüttelte den Kopf und funkelte sie finster an. «Keine Lust. Malen ist blöd.»
    «Wie wärs denn», schaltete Kai sich ein, «wenn wir zwei nach dem Essen in den Zoo gehen?»
    In Pauls Gesicht arbeitete es eine Weile, dann lächelte er. «Aber wir bleiben ganz lange bei den Orangs, ja?»
    «Aber sicher, mein Sohn, immer zu Diensten.»
    Janicki ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Am liebsten hätte er sich ins Bett gelegt.
     
    «Ich bin wieder da!», rief Dagmar, aber sie bekam keine Antwort. «Rüdiger?»
    Sie schaute auf dem Telefontischchen nach, wo sie sich Nachrichten hinterließen, wenn sie unverhofft aus dem Haus mussten, aber da lag kein Zettel. Dann öffnete sie die Schlafzimmertür. In letzter Zeit blieb Rüdiger, wenn er eine harte Woche gehabt hatte, sonntags oft den halben Tag im Bett liegen und grübelte und döste vor sich hin.
    Der Kleiderschrank war geöffnet, das Bett zerwühlt, auf dem Fußboden lag ein nasses Handtuch. Sie merkte, dass sie wütend wurde. Das hastige Frühstück bei Martin und der wortkarge Kai auf der Rückfahrt hatten ihr sowieso schon die Laune verdorben, da musste sie nicht hier auch noch Rätselraten spielen. Entschlossen ging sie zum Telefon zurück und wählte Rüdigers Handynummer – es klingelte in seinem Arbeitszimmer. Sie fand den Apparat auf seinem Schreibtisch, verborgen unter einer Zeitung. Irgendetwas stimmte nicht, Rüdiger ging nie ohne sein Handy weg.
    Außerdem war es furchtbar kalt hier drin. Anscheinend hatte er die Heizung gedrosselt, bevor er schlafen gegangen war, und vergessen, sie heute Morgen wieder hochzudrehen.
    Rüdiger hatte nicht vor dem Abend mit ihr gerechnet, deshalb hatte er ihr auch keine Nachricht hinterlassen, war doch logisch. Ob er einen Spaziergang machte und das Handy absichtlich zu Hause gelassen hatte, um seine Ruhe zu haben? Sie packte ihre Reisetasche aus, räumte ihr Waschzeug ins Bad, nahm den Korb mit der Schmutzwäsche und trug ihn in die Küche. Rüdiger machte nie Spaziergänge, außerdem regnete es.
    Im Spülbecken stapelte sich schmutziges Geschirr, und es roch nach angebrannter Milch.
    Als sie jetzt seinen Wagen auf den Hof rollen hörte, ließ sie den Wäschekorb fallen, stürzte los und war schon vor ihm an der Haustür.
    «Wo hast du gesteckt?» – «Du bist schon zurück?» Sie sprachen gleichzeitig, er grinste, stolzierte herein, aufgekratzt wie schon lange nicht mehr. «Wie war’s?»
    «Na ja …» Sie schloss die Tür. «Wo bist du gewesen? Ich hab mir schon Sorgen gemacht.»
    Er ließ seinen Schlüsselbund aufs Tischchen fallen und schälte sich aus dem Mantel. «Ich habe mir ein Auto angeschaut.»
    Sie blinzelte verwirrt.
    «Eine Anzeige im Wochenkurier. Ich habe angerufen, und dann bin ich hingefahren.»
    «Aber wir haben doch …» Sie verstand überhaupt nichts. «Was denn für ein Auto?»
    «Ein Jaguar», antwortete er, und seine Miene verschloss sich zunehmend. «Ein Liebhaberstück, wie es so schön heißt. Und ein echtes Schnäppchen, knappe 12   000   Euro. War schon immer mein Traum, dieser Wagen, weißt du?»
    «Dein Traum?» Ihr blieb die Luft weg, aber er ließ sie stehen und schlenderte in sein Arbeitszimmer. Sie setzte ihm nach. «Dein Traum?» Ihre Stimme überschlug sich. «Uns bricht die Bude überm Kopf zusammen, und du willst 12   000   Euro für so eine blöde Kiste ausgeben?»
    Er schaute sie ausdruckslos an und antwortete erst nach einer gemessenen Weile: «Ich will nicht, Dagi, ich habe schon. Der Vertrag ist unterschrieben.» Mit einer heftigen Handbewegung wischte er jeden Einwand beiseite. «Und bevor du jetzt anfängst, am Rad zu drehen: Ich habe gründlich darüber nachgedacht. Es ist höchste Zeit, dass wir unser Leben umgestalten. Es ist höchste Zeit, dass ich mir mal etwas

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