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Gnadenthal

Gnadenthal

Titel: Gnadenthal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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sie hatte sich wie der letzte Trottel aufgeführt, mehr als ‹ja› und ‹danke› hatte sie nicht herausgebracht. Man würde ein Angebot schicken und dann wieder an sie herantreten.
    Verdammt, sie hatte keine einzige Frage gestellt. Um welches Format ging es eigentlich, und wie, zum Teufel, waren sie ausgerechnet auf sie gekommen?
    Nun ja, in den letzten Jahren hatte sie einen großen Teil der Pressearbeit für die ‹13› gemacht, ihr Name war mittlerweile nicht mehr ganz unbekannt in der Branche. Und dieses Jahr hatte Frieder ihr die komplette Public Relations anvertraut, plötzlich Knall auf Fall, weil sie Erfahrung hatte, klar, und weil sie wusste, welche Knöpfe sie drücken musste.
    Die Maschine ‹13› am Laufen zu halten kostete viel Zeit und Energie, und in den letzten Wochen war es ihr, neben ihrem normalen, auch nicht gerade leichten Job fast zu viel geworden. Doch dieser Anruf gerade bewies ja, dass es sich lohnte, jede halbwegs freie Minute in das Projekt zu stecken.
    Frieder und sie hatten die ‹13› ganz nach oben gebracht. Erst am Freitag hatte der Minister sie gebeten, für ihn vier Karten in der ersten Reihe für die Premiere zu reservieren. Das fiel eigentlich in den Bereich des Veranstalters, aber ein Anruf hatte selbstverständlich genügt. Die Premiere war zwar bereits ausverkauft, aber man hielt immer ein paar VIP-Karten zurück.
    Sie fuhr hoch, als es klingelte. Noch eine Überraschung?
    «Bylle?»
    «Heinrich! Mensch, das ist ja süß!»
    Walterfang betrachtete sie missbilligend. «Ich hätte dich fast nicht erkannt!»
    Sie lachte hell und drehte sich einmal um sich selbst, dass die neue Frisur nur so flog, asymmetrisch, links ganz kurz, rechts fiel ihr eine blauschwarze Strähne ins Gesicht.
    «Total super, nicht?»
    «Blond und lang fand ich besser», brummelte er.
    «Ts, typisch Mann! Aber jetzt komm schon rein.»
    Er schaute sich neugierig in dem kleinen Einzimmerappartement um. «Du haust ja immer noch in dieser Winzbude.»
    «Klar, bei den Mieten hier.» Sie tippte sich mit dem Ringfinger auf die Lippen. «Aber wer weiß, vielleicht kann ich mir ja bald was Größeres leisten.»
    «Hört, hört, gibt’s da etwas, das ich nicht weiß?»
    Sie erzählte es ihm.
    «Sat1? Da steckt bestimmt Frieder dahinter», sagte er achselzuckend.
    «Meinst du? Was hat der denn mit Sat1 zu tun?»
    «Keine Ahnung, er kennt doch jeden. Sag mal, hast du was zu essen da? Ich komm um vor Kohldampf.»
    «Nur Brot und Aufschnitt, zum Kochen fehlt mir einfach die Zeit. Gerade jetzt, wo Frieder mich mit dem ganzen Kram allein gelassen hat.»
    Er folgte ihr in die Küche und schaute zu, wie sie den Tisch für ihn deckte.
    «Vor dem Essen Händewaschen nicht vergessen», trällerte sie.
    Walterfang ließ sich auf den einzigen Stuhl fallen.
    «Ehrlich, Heinrich, du müffelst.»
    Er starrte sie finster an. «Bleibt nicht aus. Meine Frau Mutter weigert sich neuerdings, meine Wäsche zu waschen. Und der Waschsalon ist teuer, das kann ich mir nicht so oft leisten.»
    Sie blieb gegen den Kühlschrank gelehnt stehen und schaute zu, wie er sich vier Schnitten Brot dick mit Butter bestrich und mit Roastbeef und Rauchfleisch belegte. «Vielleicht ein Bier dazu?»
    «Aber immer. Isst du nichts?»
    «Hab schon.»
    «Sag mal, könnte ich vielleicht heute Nacht bei dir pennen?»
    Sie fuhr zusammen. «Äh, ja, bloß wo? Ich habe kein Gästebett.»
    «Aber ’n schönes, großes Doppelbett hast du.»
    «Heinrich …» Sie lachte unsicher. «Ich …»
    «So hab ich das doch gar nicht gemeint», brauste er auf. «Ich habe bloß kein Geld für den Zug, und nachts ist Essig mit Trampen.»
    «Ich helfe dir aus», haspelte sie. «Wie viel brauchst du? Reichen fünfzig Euro?»
    «Könnte knapp hinkommen.» Er stapelte die Brote auf der flachen Hand, nahm die Bierflasche und ging ins Zimmer zurück. «Hier ist es gemütlicher. Schade, dass ich schon so bald wieder los muss, aber nach elf kriege ich am Wochenende in Münster keine Verbindung mehr nach Coesfeld. Dabei hab ich richtig Lust, mich mal wieder auszuquatschen.» Er ließ sich auf das Sofa mit dem indianisch gemusterten Überwurf fallen. «Ich meine, du bist doch auch viel alleine, ne?»
    Sibylle setzte sich in den Sessel gegenüber und starrte ins Leere. «Schon, aber das ist nicht das Schlimmste. Es ist mehr diese innere Einsamkeit, die mich fertig macht.»
    Walterfang schob sich eine halbe Schnitte in den Mund und grunzte zustimmend.
    «Weißt du, seit damals bin ich

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